Als Chrishell Stause aus Selling Sunset und das Model Hailey Bieber vor Kurzem erzählten, dass sie unter Eierstockzysten litten, wusste ich genau, wie sie sich fühlten. Ich selbst habe bis heute nie wieder etwas so Schmerzhaftes erlebt wie die orangengroße Zyste, die dafür gesorgt hatte, dass sich mein Eierstock dreimal um meinen Eileiter wickelte. Und ich hoffe, dass du sowas nie erleben musst.
Zwei Monate lang ging ich wegen Schmerzen im Beckenbereich, einem aufgeblähten Bauch und Problemen beim Pinkeln zu meiner Hausärztin. Zweimal war ich damit sogar in der Notaufnahme, wo ich mich vor Schmerzen schreiend auf dem Boden krümmte. Jedes Mal vermuteten die Ärzt:innen dahinter etwas anderes – eine Blasenentzündung, Mittelschmerz beim Eisprung, eine Geschlechtskrankheit oder PCOS (polyzystisches Ovarsyndrom). Als man mich endlich ins Krankenhaus aufnahm, war man dort überzeugt, ich hätte Nierensteine, die ich schneller ausschied, als ein Ultraschall sie erkennen konnte.
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Als mich aber eine Freundin im Krankenhaus besuchte, zögerte sie nicht lange und erzählte mir von ihrem Verdacht, ich hätte womöglich eine Eierstockzyste. Weil sie selbst gerade wegen einer Zyste einen Eierstock verloren hatte, kam mir ihre Diagnose plausibel vor, und ich erzählte einem Arzt davon. „Das kann es nicht sein“, sagte er. „Und wir haben Ihre Eierstöcke ja auch schon gescannt.“
Als die Schmerzen so schlimm wurden, dass mir selbst Morphium kaum noch half, hielt die ältere Frau im Nebenbett meine Hand, während ich lauthals schluchzte. Ich flehte die Ärzt:innen um einen weiteren Scan an. Als sie sich endlich darauf einließen, war es allerdings zu spät: Die zehn Zentimeter große Zyste, die sicherlich nicht über Nacht aufgetaucht war, war geplatzt, und ich blutete innerlich. Die einzige Option war eine Not-OP, bei der der abgestorbene Eierstock entfernt werden sollte, der sich um meinen verkümmerten Eileiter gewickelt hatte.
Um das mal klarzustellen: Nicht alle Zysten lösen ein solches Trauma aus. Tatsächlich sind Zysten sogar relativ normal. Es gibt sie in zwei verschiedenen Arten: funktionelle und nichtfunktionelle Zysten.
Nichtfunktionelle Zysten kommen seltener vor als ihre funktionellen Artgenossen. Manche von ihnen enthalten diverse Gewebeformen wie Knochen, Haare und Schleim, erklärt mir Dr. Andrea Maduro, medizinische Beraterin bei der Zyklus-Tracker-App Flo. Obwohl diese Zysten meist gutartig sind, verschwinden sie nicht von selbst und müssen operativ entfernt werden.
Funktionelle Zysten entstehen, während der Eierstock im Laufe des Monats seine standardmäßigen Aufgaben erledigt. In diesen Follikel genannten Bläschen entsteht ein Ei, das beim Eisprung freigesetzt wird. Die Follikel sollten sich daraufhin eigentlich auflösen, erklärt Dr. Maduro. Manchmal tun sie das jedoch nicht und füllen sich stattdessen mit Flüssigkeit. Diese Zysten sind sehr weit verbreitet, bestätigt auch die Gynäkologin Dr. Ghada Salman.
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Funktionelle Zysten lösen normalerweise keine Symptome aus und verschwinden meist von selbst. Dr. Salman zufolge können manche von ihnen aber zu Schmerzen oder Unwohlsein im unteren Bauch oder Becken, zu einem Blähbauch, Schmerzen beim Sex oder auf der Toilette, zu Übelkeit oder Zyklusstörungen führen. Besonders riskant wird es in dem seltenen Fall, wenn die Zyste größer als fünf Zentimeter ist und dafür sorgt, dass sich der Eierstock verdreht. Das nennt sich „Ovarialtorsion“. Wird die nicht behandelt, kann die Blutversorgung des Eierstocks abgeschnitten werden, woraufhin er abstirbt.
„Das passiert nicht häufig, ist aber eine der schlimmsten Komplikationen einer Zyste, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt wird“, erklärt Dr. Salman. „Deswegen wird das in der medizinischen Ausbildung als einer der größten Notfälle vermittelt. Wenn eine Frau – insbesondere im fortpflanzungsfähigen Alter – unter Schmerzen leidet, die einfach nicht verschwinden, sollte eine Torsion sofort in Betracht gezogen werden.“
Einer Studie von 2015 zufolge sind rund sechs von 100.000 Menschen mit Gebärmutter jedes Jahr von einer Ovarialtorsion betroffen. Nur ein kleiner Anteil von Zysten platzt, ergänzt Salman. Ich hatte also gleich doppeltes Pech. Vielleicht wäre alles anders ausgegangen, hätte man mich früher diagnostiziert und behandelt. Stattdessen wurden meine Sorgen und Symptome bestenfalls fehldiagnostiziert, schlimmstenfalls ignoriert.
Valentina Milanova, Gründerin der Frauengesundheitsorganisation Daye, war 14 Jahre alt, als sie etwas Ähnliches erlebte. Immer wieder vermuteten ihre Ärzt:innen, ihre Beschwerden seien Symptome einer ektopen Schwangerschaft (bei der sich das befruchtete Ei nicht in der Gebärmutter, sondern woanders einnistet), obwohl sie nie Sex gehabt hatte.
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„Ich dachte: Oh mein Gott, bin ich vielleicht doch schwanger? Ich malte mir verrückte Szenarien aus – war ich vielleicht nachts sexuell missbraucht worden? Waren beim Schwimmen Spermien in mich eingedrungen? Du verlierst da völlig den Verstand“, erzählt sie gegenüber Refinery29.
Valentina konnte wegen ihrer Schmerzen ein Jahr lang nicht zur Schule und war weitestgehend ans Bett gefesselt, während ihre Ärzt:innen sie auf Infektionen und Nierensteine untersuchten, bevor ihr endlich eine Zyste entfernt wurde. Diese Erfahrung hatte einen „enormen psychologischen Einfluss“ auf sie – vor allem, weil ein Doktor ihr nahelegte, sie habe die Zyste vielleicht selbst verursacht, weil sie die Pille genommen hatte, um ihre schmerzhafte Periode in den Griff zu bekommen.
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Wenn dir Expert:innen sagen, du hättest Unrecht, sorgt das dafür, dass du deinem eigenen Urteilsvermögen misstraust und in Zukunft eher zögerst, um Hilfe zu bitten oder irgendwas zu hinterfragen.
Dr. Audrey Tang
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„Ich gab mir selbst die Schuld, obwohl mir die Pille ja ärztlich verschrieben worden war. Wegen dieser Erfahrung hatte ich daraufhin panische Angst vor hormoneller Verhütung“, sagt sie. „Ich hatte Schiss davor, [die Pille] einzunehmen. Das wirkte sich auf meine Beziehungen aus. Ich hatte Angst davor, Sex zu haben, weil ich mich nicht ausreichend geschützt fühlte.“
Auch ich litt nach meiner Eierstockzyste unter langfristigen Auswirkungen. Die ganze Erfahrung trug zum Ende meiner Beziehung bei, verzögerte meine Karriere um ein Jahr und hinterließ eine riesige Narbe quer über meinen Unterkörper. Mir wurden danach eine posttraumatische Belastungsstörung, eine Anpassungsstörung sowie eine Depression diagnostiziert. Zwei Jahre lang schlug ich mich damit herum. Selbst heute, viele Jahre danach, misstraue ich Ärzt:innen und brauche Beruhigungsmittel, um Termine im Krankenhaus zu überstehen. All das (und die Erinnerungen an die Schmerzen) ist zum Teil für meine Entscheidung verantwortlich, keine Kinder bekommen zu wollen.
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Die Psychologin Dr. Audrey Tang hält diese Reaktion für absolut verständlich. „Du hast etwas potenziell Lebensbedrohliches hinter dir und wurdest währenddessen nicht ernst genommen. Das kann enorme Auswirkungen haben“, sagt sie. „Auch langfristig: Wenn dir Expert:innen sagen, du hättest Unrecht, sorgt das dafür, dass du deinem eigenen Urteilsvermögen misstraust und in Zukunft eher zögerst, um Hilfe zu bitten oder irgendwas zu hinterfragen.“
Ein Artikel im British Medical Journal bestätigt, dass Frauen eher als Männer dieses sogenannte „medizinische Gaslighting“ erleben. Das ist nicht immer leicht zu erkennen, meint Dr. Maduro; am ehesten identifizierst du diese Form von Gaslighting daran, dass dir das Gefühl gegeben wird, deine Symptome seien „nur in deinem Kopf“ oder würden immer wieder nicht ernst genommen oder verharmlost. Sie empfiehlt, dir deine Fragen vor dem Termin zu notieren und dorthin mitzunehmen, eine:n Freund:in mitzubringen oder dir eine zweite Meinung einzuholen.
„Wenn du irgendwelche Anzeichen für medizinisches Gaslighting bemerkst, ist es sehr wichtig, den Mund aufzumachen und für dich selbst einzutreten“, sagt sie. „Wenn du dir einen Überblick über deine Symptome verschaffst, indem du sie zum Beispiel aufschreibst oder in einer App notierst, hast du handfeste Beweise in der Hand.“
Natürlich gaslighten nicht alle Mediziner:innen ihre Patient:innen, ob nun absichtlich oder nicht. Dr. Tang macht dafür auch „Überarbeitung, kaputte Systeme oder eine Mitgefühls-Ermüdung“ verantwortlich. Manche Ärzt:innen sind auch nicht gut darin ausgebildet, die gesundheitlichen Probleme von Frauen bzw. Menschen mit Gebärmutter zu erkennen.
„Bis wir den Gender Gap in der medizinischen Forschung und Innovation wirklich überbrückt haben, damit die Symptome frauenspezifischer Erkrankungen (bzw. derer von Menschen mit Gebärmutter) von Ärzt:innen anerkannt werden, müssen wir uns selbst für unsere Gesundheit einsetzen“, meint Valentina.
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In einer perfekten Welt wäre diese Last nicht unsere, und es wäre auch kein Glück erforderlich, um von jemandem behandelt zu werden, der oder die ein Problem wie Eierstockzysten direkt erkennt und sofort behandelt. Die Anzeichen zu sehen, ist in Fällen wie meinem entscheidend. Wenn die Zyste früh genug entdeckt wird, stehen noch viel weniger invasive Behandlungsoptionen zur Auswahl als eine Not-OP (wie eine genaue Beobachtung, die Einnahme der Pille oder eine Schlüssellochoperation).
Salman empfiehlt Betroffenen solcher Symptome, damit zum Arzt bzw. zur Ärztin zu gehen, um einen Ultraschall machen zu lassen oder, wenn die Schmerzen sehr stark sind, direkt in die Notaufnahme zu fahren und dort um eine gynäkologische Untersuchung zu bitten.
„Ich sehe jeden Tag viele Zysten und nicht alle davon müssen behandelt werden – manche aber eben doch“, fügt sie hinzu. „Deswegen finde ich es sehr wichtig, die Symptome bekannter zu machen, weil viele Menschen gar nicht wissen, dass sie mit Zysten zusammenhängen könnten. Ich hoffe, dass wir dadurch vielen Leuten helfen können.“
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