Wenn du zu Beginn deines Erwachsenenlebens versuchst, erstmal dein eigenes Leben auf die Beine zu stellen, steht deine Fruchtbarkeit auf deiner Prioritätenliste vielleicht nicht gerade ganz oben. Vielleicht denkst du dir, dass du dich erst dann damit beschäftigen willst, wenn es „soweit ist“.
Wenn du aber Kinder in deiner Zukunft vorstellst, kann es hilfreich sein, dich schon früh über deine Fruchtbarkeit zu informieren. Tatsächlich hat nämlich jeder sechste Mensch Probleme damit – und dafür kann es zahlreiche Ursachen geben, von einem unregelmäßigen Eisprung über minderwertige Spermien bis hin zu beschädigten Eileitern oder Endometriose. Tatsächlich können sich auch das Alter oder der Lifestyle (wie Körpergewicht, Zigaretten- oder Alkoholkonsum) auf die Fruchtbarkeit auswirken. Das bedeutet nicht, dass du dafür deinen eigenen Lifestyle auf den Kopf stellen und aufhören solltest, Dinge zu tun, die dir Spaß machen. Es hilft aber auf jeden Fall, dich zumindest über all das zu informieren, um bewusste Entscheidungen zu treffen.
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Die 29-jährige Naomi* ist seit elf Jahren mit ihrem Partner zusammen, und seit zwei Jahren auch mit ihm verheiratet. Die beiden wussten schon immer, dass sie irgendwann mal Kinder bekommen wollten. Obwohl Naomis Mann schon nach ein paar Jahren Beziehung dazu bereit war, war sie es aber nicht.
Bei Fruchtbarkeit denken viele Menschen erstmal an die weibliche Seite. Tatsächlich liegen Fruchtbarkeitsprobleme aber zu 50 Prozent auf der männlichen Seite. Manchmal haben auch beide Partner:innen Schwierigkeiten mit der Fruchtbarkeit; und manchmal ist gar nicht klar, wo das Problem eigentlich liegt.
Nach vier Jahren der Fruchtbarkeitsprobleme (von denen beide betroffen waren), Lifestyle-Veränderungen, unzähligen Tests, Untersuchungen, Tränen, Streits und einer Runde IVF (In-vitro-Fertilisation) ist Naomi kurz davor, ihr erstes Kind zur Welt zu bringen. Hier erzählt sie von ihren Erfahrungen und davon, was sie gern früher über ihre Fruchtbarkeit gewusst hätte.
Hierbei handelt es sich um die Erfahrungen eines Pärchens. Jede solche Erfahrung ist ganz individuell, und was für ein Paar funktioniert, muss nicht zwangsläufig auch für dich funktionierten. Für Naomi und ihren Mann brachten IVF und ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion) schließlich den gewünschten Erfolg. Darüber, welche Methode zur Familienplanung für dich die beste sein könnte, sprichst du am besten mit qualifizierten Ärzt:innen.
Als Teenagerin dachte ich eigentlich kaum über Fruchtbarkeit, Familienplanung oder Schwangerschaftswünsche nach. Wenn überhaupt, ging es dabei um Safe Sex und die Suche nach einer geeigneten Anti-Baby-Pille.
Ich wusste damals nicht, dass manche Leute Schwierigkeiten mit der eigenen Fruchtbarkeit haben. In der Schule wurde uns beigebracht, immer zu verhüten – ansonsten würden wir sofort schwanger werden. Ich hätte nicht gedacht, dass es manchen Paaren schwer fällt, überhaupt schwanger zu werden. Ich wusste nur, dass ich im selben Alter wie meine Mutter schwanger werden wollte – mit etwa 26.
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Auch mit Anfang 20 war ich noch so auf meine Karriere fokussiert, dass ich mir über meine Fruchtbarkeit kaum Gedanken machte. Ich dachte immer: „Wenn ich aufhöre zu verhüten, werde ich schwanger“, und das war’s.
Als ich noch jünger war, hatte ich eine ziemlich heftige Periode. Als ich mich deswegen untersuchen ließ, wurde mir gesagt, ich hätte das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS). Das machte mich doch etwas unsicher, was meine zukünftige Fruchtbarkeit anging. Mir wurde allerdings versichert, darüber könne ich mir auch dann noch Gedanken machen, wenn es denn soweit war.
Erst mit Mitte 20 fing ich an, wirklich über meine Fruchtbarkeit nachzudenken. Ich las immer mehr Storys über Frauen, denen es schwer fiel, schwanger zu werden, und machte mir langsam Sorgen über meine Periode und darüber, wie sich Verhütungsmittel auf meinen Körper auswirkten.
Ich wusste, dass ich noch nicht dazu bereit war, ein Baby zu bekommen. Ich wollte mich erstmal auf meine Karriere konzentrieren, bevor ich Mutter wurde. Als ich mich dann aber 2017 mit meinem Partner verlobte, beschlossen wir, auf die Verhütung zu verzichten, nach dem Motto: „Wenn es passiert, passiert es eben.“
Es vergingen Monate, dann Jahre, ohne dass wir auch nur einmal dachten, es könnte passiert sein. Und irgendwann fing ich dann doch an, mich zu fragen, ob mit mir und meiner Fruchtbarkeit etwas nicht stimmte.
Mit unserer Methode zogen wir es bis 2021 durch – das Jahr, in dem wir heirateten –, und dann beschlossen wir, das Ganze etwas wissenschaftlicher anzugehen. Wir berechneten meinen Eisprung, wir maßen meine Basaltemperatur, und so weiter. Und trotzdem: nichts. Viele Paare träumen davon, in ihren Flitterwochen schwanger zu werden. Bei uns war das nicht der Fall.
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Daraufhin entschieden wir, uns eine ärztliche Meinung einzuholen. Ich erfuhr, dass ich zwar doch kein PCOS hatte, dafür aber einen sehr niedrigen Progesteronspiegel, und ich hatte nicht jeden Monat meinen Eisprung. Also nahm ich ein Medikament ein, das meinen Eisprung auslösen sollte. Das funktionierte auch – und trotzdem wurde ich nicht schwanger.
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Viele haben das Gefühl, sie sollten leicht schwanger werden können. Dabei denken die meisten Menschen gar nicht über die männlichen Faktoren nach, die dabei eine Rolle spielen können.
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Also ließ sich auch mein Mann untersuchen. (Er ist genauso alt wie ich.) Wir erfuhren, dass er nur eine geringe Spermienkonzentration hatte, und dass wir vermutlich nur durch IVF oder ICSI schwanger werden könnten, wobei die Spermien direkt in die Eizelle injiziert werden.
Herauszufinden, dass er nur eine geringe Spermienkonzentration hatte, war für meinen Mann ein echter Schlag. Er fühlte sich weniger männlich, und schämte sich. Erst durch diese Untersuchung wurde uns beiden auch so richtig klar, dass Männer genau wie Frauen ebenfalls Fruchtbarkeitsprobleme haben können. Sowas wurde uns in der Schule aber nie beigebracht, und männliche Fruchtbarkeit ist prinzipiell nur selten ein Thema. Es heißt immer nur: „Bekommst du deine Periode? Dann kannst du auch schwanger werden.“
Genau diese Vorurteile üben einen enormen Druck auf Frauen aus. Viele haben das Gefühl, sie sollten leicht schwanger werden können. Dabei denken die meisten Menschen gar nicht über die männlichen Faktoren nach, die dabei eine Rolle spielen können. Auch in unserem Umfeld gingen viele davon aus, ich sei diejenige mit den Fruchtbarkeitsproblemen. Unsere Erfahrung hat vielen davon gezeigt, dass so etwas nicht nur Frauen betrifft.
Ich wünschte, ich hätte schon früher gewusst, dass du nicht zwangsläufig direkt schwanger wirst, wenn du nicht verhütest. Es ist tatsächlich ein längerer Prozess, und für viele Paare klappt das nicht quasi über Nacht.
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Ich wusste schon, dass eine Frau im Laufe der Jahre immer mehr Eizellen verliert. Trotzdem war ich fest entschlossen, erstmal einen bestimmten Punkt in meiner Karriere zu erreichen, bevor ich schwanger wurde. Ich war einfach davon ausgegangen, dass ich nie Schwierigkeiten haben würde, mit Ende 20 schwanger zu werden.
Heute weiß ich aber, dass jede Frau, jeder Mensch, anders ist. Obwohl das Alter der größte Faktor dabei ist, wie viele Eizellen ein gebärfähiger Mensch hat, spielen auch Lifestyle-Faktoren eine große Rolle.
Bevor ich versuchte, schwanger zu werden, war mir nicht klar gewesen, wie sehr sich auch Dinge wie Ernährung, Sport, Rauchen und Trinken auf die Fruchtbarkeit auswirken können. Wir versuchten alles, um uns selbst die bestmögliche Chance auf eine natürliche Schwangerschaft zu bieten. So verzichteten wir zum Beispiel beide auf Alkohol und Koffein, ernährten und gesund, machten Sport, nahmen Nahrungsergänzungsmittel und Vitamine ein**, und mein Mann hörte mit dem Vapen auf. Außerdem tauschte er seine engen Boxershorts gegen lockerere Alternativen aus, machte einen Bogen um Saunas und Whirlpools (die sich auf die Spermien auswirken können), und entschied sich generell für alles, was sich positiv auf seine Fruchtbarkeit auswirken könnte.
Nach unzähligen Tests, Untersuchungen, Tränen und Streits beschlossen wir dann doch, es mit einer künstlichen Befruchtung zu versuchen, in Form von IVF. An dem Tag unserer Eizellenentnahme war die Spermienkonzentration meines Mannes um 10 Prozent gestiegen, und die Beweglichkeit seiner Spermien um ganze 45 Prozent. Das war zwar insgesamt immer noch nicht viel, aber doch eine große Verbesserung.
Wir fingen im März 2022 mit IVF an und hatten das große Glück, schon beim ersten Versuch schwanger zu werden. Unser kleiner Junge soll bald auf die Welt kommen.
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Was mich an dem ganzen Prozess am meisten überraschte, war die Stärke meiner Beziehung zu meinem Ehemann. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr sich unsere Fruchtbarkeitsprobleme auf unsere Beziehung auswirkten. Heute ist unsere Beziehung aber stärker denn je. Zwischenzeitlich glaubten wir, sie könnte an dieser Herausforderung zerbrechen – wir hielten aber doch zusammen.
Es gab Phasen, während der wir beide dachten: „Ich bin das Problem.“ Wir mussten also ganz offen miteinander sprechen, und ich fühlte mich meinem Mann gegenüber sehr beschützerisch, denn es war ja nicht seine Schuld. Tatsächlich haben recht viele Männer eine niedrige Spermienkonzentration. Das wussten wir aber nicht, bis wir selbst in dieser Situation waren.
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Über die Fruchtbarkeit wird kaum offen gesprochen, weil es eine so persönliche Angelegenheit ist. Genau deswegen weiß kaum jemand, wie schwierig das sein kann, bis sie selbst mal in derselben Situation sind.
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Unsere Erfahrung wirkte sich leider auch auf unsere Freundschaften aus. Wir wollten uns mit keinen Paaren treffen, die gerade schwanger waren oder schon Kinder hatten, weil es uns das Herz brach. Bis heute wissen noch nicht alle, was genau wir durchgemacht haben, weil wir vieles erstmal verarbeiten müssen, bevor wir offen darüber sprechen können. Ich glaube, das passiert dann, nachdem unser Junge da ist.
Wir schämen uns nicht für unsere Erfahrung. Sie hatte aber doch starke Konsequenzen, und darüber können wir noch nicht völlig befreit sprechen.
Ich wünschte mir, dass mehr junge Leute wissen würden, dass es nicht für alle leicht ist, schwanger zu werden. Natürlich sollten wir verhüten, wenn wir eine Schwangerschaft auf jeden Fall verhindern wollen; sei dir aber dennoch darüber im Klaren, dass es keine Garantie dafür gibt, dass du sofort schwanger wirst, wenn du dir dann doch ein Baby wünschst.
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Wenn ich schon früher mehr über das Thema Fruchtbarkeit gewusst hätte, hätte ich unsere jeweilige Fruchtbarkeit schon untersuchen lassen, bevor wir überhaupt versuchten, ein Kind zu bekommen. Das hätte uns enorm geholfen, weil wir den ganzen Prozess dann nicht so blind und voller Fragen angegangen hätten.
Fruchtbarkeitsprobleme sind immer noch sehr stigmabelastet, weil wir alle natürlich nach außen hin das perfekte Leben darstellen wollen. Das haben wir Social Media zu verdanken. Hinter verschlossenen Türen leiden in Wahrheit aber sehr viele Menschen darunter, dass es mit der Schwangerschaft einfach nicht klappt.
Über die Fruchtbarkeit wird kaum offen gesprochen, weil es eine so persönliche Angelegenheit ist. Genau deswegen weiß kaum jemand, wie schwierig das sein kann, bis sie selbst mal in derselben Situation sind.
Wenn ich heute über meine jahrelange Leidensgeschichte nachdenke, finde ich, dass wir die Fruchtbarkeit viel zu oft als selbstverständlich wahrnehmen. Diejenigen, die das Glück haben, überhaupt keine Probleme zu haben, verstehen oft gar nicht, wie belastend, stressig und furchtbar es für andere sein kann, bei denen es nicht so leicht klappt. Wenn du selbst nie Schwierigkeiten mit deiner Fruchtbarkeit hast, solltest du dir daher bewusst sein, was das für ein Glück ist.
*Name wurde von der Redaktion geändert.
**Das sind nicht die einzigen Faktoren, die die Fruchtbarkeit beeinflussen können.
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