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Meine E-Zigarette ruiniert meine Haut – wieso redet darüber niemand?

Foto: Edward Berthelot/Getty Images.
Charlotte Priest stand gerade in einer Wolke aus E-Zigaretten-Rauch mit Himbeer-Aroma, als sie einen Geistesblitz hatte. Im Frühling 2021 hatten sich rund um ihren Mund rote, wunde Stellen gebildet, die sich bald auch bis zu ihren Augen, an der Nase und auf den Wangen ausbreiteten. Es dauerte nicht lange, bis ihr ganzes Gesicht von schuppigem Schorf bedeckt war – und das nach jahrelanger reiner Haut. Ihr Hausarzt konnte sich das überhaupt nicht erklären. Er verschrieb ihr ein Antibiotikum, weil er dahinter eine „virale Infektion“ vermutete, doch das Mittel trocknete ihre Haut nur noch weiter aus.
„Nach der Einnahme ging ich zurück in seine Praxis und sagte ihm, dass die Antibiotika nicht geholfen hatten. Er empfiehl mir einfach, meine Haut in Ruhe zu lassen“, erzählt Charlotte gegenüber Refinery29. „Dann bekam ich Corona, und weil ich bei meiner Familie wohnte, verließ ich mein Zimmer während dieser Zeit nicht, um sie nicht anzustecken. Während ich Corona hatte, verzichtete ich komplett aufs Vapen – und meine Haut wurde sofort besser. Als ich danach wieder zur E-Zigarette griff, kamen die Stellen aber wieder. Da wurde mir klar, dass meine Hautprobleme mit der Vape zusammenhängen mussten.“
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Schon seit einer ganzen Weile ist es quasi unmöglich, dem Rauch einer nach Obst duftenden Nikotinwolke zu entkommen. Vice taufte 2022 das „Jahr der Vape“, und obwohl die Anzahl aktueller Tabak-Raucher:innen in Deutschland mit 35,5 Prozent der Bevölkerung insgesamt viel höher ist als die von aktuellen E-Zigaretten-Nutzer:innen (3 Prozent), hat rund ein Drittel aller Raucher:innen (auch der ehemaligen) das „Dampfen“ mit einer E-Zigarette schon mal probiert. Pro Jahr beträgt der Umsatz mit E-Zigaretten in Deutschland aktuell rund 300 Millionen Euro. Vapes, die als „gesündere“ Alternative im Vergleich mit Zigaretten angeboten werden, erhitzen Nikotin, Geschmacksstoffe und andere Chemikalien (die unter anderem, wie im Fall von Acetaldehyd und Formaldehyd, nachweislich krebserregend sind) und erzeugen dadurch ein Aeorosol, das du inhalierst. Die E-Zigaretten, wie wir sie heute kennen, wurden 2003 vom chinesischen Pharmazeuten Hon Lik in Peking erfunden, der das Gerät als Alternative zum konventionellen Rauchen entwickelte, nachdem sein Vater an rauchbedingten Gesundheitsproblemen gestorben war.
Foto: bereitgestellt von Charlotte Priest.
Charlotte mit den Ausschlägen, für die sie ihre E-Zigarette verantwortlich macht.
Aber sind Vapes wirklich so harmlos, wie sie oft angepriesen werden? Eine Studie der Harvard-Universität vom letzten Jahr untersuchte vier Patient:innen mit chronischen Lungenerkrankungen und ergab, dass der E-Zigaretten-Gebrauch die wahrscheinlichste Ursache dafür war. Auch andere Studien haben Schäden nachgewiesen, die E-Zigaretten unseren Lungen, Herzen und sogar dem Immunsystem zufügen sollen.

„Sowohl Zigaretten als auch E-Zigaretten enthalten Tausende Chemikalien, die beim Ein- und Ausatmen Schäden und Entzündungen auslösen können, insbesondere in den Hautschichten.“

Dr. Parisha Acharya
Charlotte war damals schon seit einiger Zeit Gelegenheits-Dampferin. Abends beim Feiern, auf dem Weg zur Arbeit oder nach dem Abendessen zog sie gerne mal an ihrer E-Zigarette. Als sie dann regelmäßiger zu vapen begann, reagierte die zu Ekzemen neigende Haut der 23-Jährigen „zum ersten Mal seit Jahren“ gereizt. Nach einer intensiven Google-Suche bestätigte sich ihr Verdacht: Abgesehen von den allgemeinen Gesundheitsrisiken, die mit E-Zigaretten einhergehen, kann das Vaping – wie auch normale Zigaretten – der Haut schaden. Eine Studie aus dem Journal of the American Academy of Dermatology von 2019 beschäftigte sich mit sämtlicher relevanter Lektüre zu dermatologischen Problemen im Zusammenhang mit dem Gebrauch von E-Zigaretten – zum Beispiel Kontaktdermatitis [einer Form des Hautausschlags, oft infolge des Kontakts mit einer bestimmten Substanz], Verbrennungen und Wunden im Mund. Die Forschenden stellten fest, dass es im Zusammenhang mit E-Zigaretten häufiger zu Kontaktdermatitis gekommen war. Die Studie kam zu dem Schluss, das seien „erste Hinweise darauf, dass [E-Zigaretten] der menschlichen Haut schaden“.
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„Sowohl Zigaretten als auch E-Zigaretten enthalten Tausende Chemikalien, die beim Ein- und Ausatmen Schäden und Entzündungen auslösen können, insbesondere in den Hautschichten“, erklärt Dr. Parisha Acharya, eine Ästhetikerin in der Londoner Waterhouse Young Clinic. „Dieser externe Rauch greift die Hauptrezeptoren in der Haut an, die beim Alterungsprozess eine Rolle spielen. Sobald die Hautschutzbarriere beschädigt ist, können alle möglichen Schadstoffe in die Haut eindringen. Wir wissen, dass diese Chemikalien so vor allem Pigmentflecken, vorzeitige Hautalterung und tiefe Falten bewirken und bestehende Hautprobleme wie Ekzeme verschlimmern können.“ Viele der in E-Zigaretten verwendeten Liquids enthalten zudem Propylenglycol – ein synthetischer Lebensmittelzusatz, der bekanntermaßen ein (wenn auch seltenes) Haut-Allergen ist.
Foto: bereitgestellt von Charlotte Priest.
Charlotte mit den Ausschlägen, für die sie ihre E-Zigarette verantwortlich macht.
Die Dermatologin Dr. Emma Wedgeworth betont außerdem, dass es wegen der Hitze der Lithium-Ionen-Akkus in Vapes auch schon zu Verbrennungen gekommen sei. Sie fügt hinzu: „Die Heizspulen in Vapes enthalten Nickel, einen der häufigsten Auslöser von Kontaktdermatitis, der bereits zu geröteten, juckenden Händen geführt hat.“
Charlottes Hautreaktion auf ihr Vaping ist demnach kein Einzelfall. Auch die 22-jährige Rachel Aduya bemerkte, dass ihr Gesicht immer gereizter und empfindlicher wurde und juckte, nachdem sie seit sechs Monaten Einweg-E-Zigaretten geraucht hatte. „Mein Gesicht war so wund, dass ich meine normalen Hautpflegeprodukte gar nicht benutzen konnte, ohne dass meine Haut brannte“, erzählt Rachel. „Weil ich dachte, das sei ein normaler Ausschlag, versuchte ich erstmal, meine Haut selbst zu beruhigen. Dann entdeckte ich auf TikTok aber Videos von Leuten, die nach dem E-Zigaretten-Rauchen dasselbe erlebt hatten.“

Vapes sind erst 20 Jahre alt. Das heißt, dass wir viel weniger über ihren Einfluss auf uns wissen als über den von Zigaretten.

Dr. Parisha Acharya
Daraufhin legte Rachel eine kurze E-Zigaretten-Pause ein, während der sie Nikotin-Kaugummis kaute, um den Entzug zu erleichtern. Sie wollte herausfinden, ob ihre Haut verheilen würde, wenn sie eine Zeit lang aufs Vapen verzichtete. Schon nach ein paar Monaten war ihr Teint wieder derselbe wie früher. Die roten Ausschläge in ihrem Gesicht waren völlig verschwunden. Seitdem hat sie mehreren Freund:innen empfohlen, die selbst nach dem regelmäßigen E-Zigaretten-Konsum eine Hautverschlechterung bemerkt haben, die Vapes aufzugeben. Eine sofortige Verbesserung der Haut ist dabei aber nicht garantiert. „Es dauert eine Weile, bis sich die Haut selbst erneuert hat“, erklärt Dr. Acharya. „Ich würde sagen, es dauert mehrere Hautzyklen, bis du sichtbare Veränderungen der Haut feststellen kannst. Ein normaler Hautzyklus kann aber drei bis sechs Monate anhalten.“
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Der besorgniserregendste Aspekt des schädlichen Einflusses von E-Zigaretten ist laut Dr. Wedgeworth und Dr. Acharya aber, dass wir noch sehr wenig über die gesundheitlichen Langzeitfolgen vom Vaping wissen. E-Zigaretten sind eben noch vergleichsweise neu. 
„Tabak gibt es schon seit Hunderten von Jahren. Daher gibt es dazu schon sehr viele Untersuchungen. Vapes hingegen sind erst 20 Jahre alt. Das heißt, dass wir viel weniger über ihren Einfluss auf uns wissen“, erklärt Dr. Acharya. „Viele Leute – auch Ärzt:innen – sind überzeugt davon, E-Zigaretten seien eine gute Option, um von ‚normalen‘ Zigaretten wegzunehmen, weil man dadurch eben immer noch Nikotin bekommt. Ich würde aber sagen, beides ist gleich schlecht für uns. Wir sollten das eine nicht dem anderen vorziehen und es als gesündere Alternative anpreisen.“
Charlotte raucht immer noch in Gesellschaft E-Zigaretten, überlegt sich heute aber genau, wie oft und wo. (Sie hat festgestellt, dass ihre Haut weniger stark reagiert, wenn sie draußen dampft.) „In meinem Freundeskreis gehört das inzwischen so stark dazu, dass es schwer ist, komplett darauf zu verzichten“, erzählt sie. „Meine Haut hat sich aber total verändert, seit ich viel seltener E-Zigarette rauche.“
Wenn du selbst glaubst, deine E-Zigarette könnte für deine trockene, dehydrierte und/oder fahle Haut verantwortlich sein, es dir aber bisher schwer fällt, Vapes aufzugeben, kannst du es mit Dr. Acharyas Rat versuchen: „Wenn du nach und nach auf einen Nikotin-Ersatz (wie Nikotin-Kaugummi) umsteigen kannst, kehrt deine Hautschutzbarriere mit der Zeit wieder zum Normalzustand zurück. Das hilft deinen Hautzellen dabei, sich selbst wieder zu erneuern. Gib dem Ganzen ein bisschen Zeit und bleib geduldig dran!“
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