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Nein, deine Akne lässt dich nicht „unprofessionell“ aussehen

Foto: Sarah Harry Isaacs.
Ein dicker, schmerzhafter Pickel hat die Macht, mir einen ganzen Tag zu ruinieren. Eine einzige solche Beule (obwohl sie selten alleine auftaucht) kann meinen kompletten Terminkalender aus der Bahn werfen. Ich wollte eigentlich abends Feiern gehen? Nee, heute nicht. Eigentlich war heute ein zweites Date angesetzt? Nope, wird verschoben.
In manchen Fällen hast du aber keine andere Wahl, als deinen Tag so durchzuziehen wie geplant – trotz einem regelrechten Mount Everest im Gesicht. Dazu gehört zum Beispiel der Arbeitsalltag. In einer Umgebung, in der du vielleicht dazu gezwungen bist, stundenlang mit Kolleg:innen und Kund:innen zu interagieren, kannst du dein Gesicht – samt Pickeln – wohl kaum verstecken.
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Mit Akne verbundene Unsicherheiten können sich am Arbeitsplatz geradezu überwältigend anfühlen, ergab eine Umfrage von 2022 der Skincare-Marke SkinB5 mit über 2.000 Befragten. Tatsächlich gaben 46 Prozent der Gen-Z-Befragten an, sich wegen Pickeln bei der Arbeit verurteilt zu fühlen, und 41 Prozent von ihnen glauben, Hautunreinheiten ließen sie weniger professionell aussehen.
Wohingegen stagnierende Löhne und ein enormes Arbeitspensum dafür bekannt sind, den Druck im Job zu erhöhen, wird der durch Akne verursachte Stress nur selten so ernst genommen. „Akne, zusammen mit anderen Hauterkrankungen wie Schuppenflechte oder Rosacea, kann sich nachweislich auf die geistige Gesundheit auswirken“, stellt der Psychologe Stephen O’Malley klar. „Akne ist oft auf dem Gesicht der Betroffenen deutlich sichtbar und lässt sich nur schwer verstecken. Das kann zu Schamgefühlen und psychologischem Leid führen“, sagt er. 
Das Thema Haut ist inzwischen in unseren alltäglichen Gesprächen angekommen, weil wir immer stärker auf unser Aussehen achten. #Skincare hat auf TikTok über 150 Milliarden Aufrufe und bei Instagram mehr als 104 Millionen Beiträge; online kommst du um das Thema somit genauso wenig herum wie in Gesprächen. „Ich habe heute einen bad skin day“, „Ich habe lauter Pickel, weil ich letztens dies oder jenes gegessen habe“, „Sorry wegen meinem Gesicht“: Wer Probleme mit der eigenen Haut hat, dürfte solche Sprüche selbst schon mal von sich gegeben haben.
„Wir reden oft negativ über uns selbst, um damit die Sorgen anderer Leute vorwegzunehmen, oder um unser Aussehen zu ‚rechtfertigen‘, oder um zu erklären, wieso wir nicht den von uns empfundenen Erwartungen entsprechen, wie unsere Haut aussehen ‚sollte‘“, erklärt O’Malley. Ihm zufolge glauben viele Leute, wenn sie direkt ihre „Makel“ erwähnen, nähme das anderen Menschen die Macht, es zuerst zu tun.
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Wir selbst sind unsere schlimmsten Kritiker:innen – aber unsere negative Selbstkritik kann sich auch auf unser Umfeld auswirken, ohne dass wir das zwangsläufig mitbekommen.
„Negative Selbstkritik kann andere dazu ermutigen, genauso über sich selbst zu sprechen, und damit auch ihr Selbstwertgefühl beeinflussen. Ein niedriges Selbstwertgefühl wiederum kann zu Ängsten, Einsamkeit und in manchen Fällen sogar zu Depressionen führen“, meint O’Malley und ergänzt, dass sich das somit auch auf den Willen einer Person auswirken kann, mit der Welt zu interagieren und Neues auszuprobieren.
Hannah English, Forscherin und Autorin von Your Best Skin, sieht das ähnlich. „Wenn ich höre, wie sich jemand selbst niedermacht, denke ich mir: ‚Oh, habe ich XY auch schon gemacht? Ist das schlimm? Ich wusste nicht, dass das schlimm ist‘.“
„Wenn du gut zu dir selbst bist und daran denkst, dass dein Pickel vermutlich nicht mal irgendwem aufgefallen ist, kann sich deine Unsicherheit nicht auf andere übertragen. Wir hören so schon genug Stimmen in unseren Köpfen. Da kann es schwer sein, zu erkennen, woher sie eigentlich kommen“, erklärt sie.

Es kann furchteinflößend sein, ein Zimmer voller Kolleg:innen zu betreten und zu wissen, dass meine Haut ein falsches Bild von mir vermittelt.

Angela
Eine weitere Umfrage von 2021 ergab, dass fast alle der 50 befragten Frauen mit Erwachsenenakne wegen ihrer Hautprobleme unter Ängsten, Depressionen und einem schwachen Selbstwertgefühl litten. Das zeigt: Akne – eine Erkrankung, die oft als vorübergehendes Teenager-Problem verharmlost wird – kann enorm kräftezehrend sein.
„Ich habe schon mehr als mein halbes Leben mit chronischer Akne zu kämpfen. Bei der Arbeit fühle ich mich wegen ihrer Sichtbarkeit genauso wie damals in der Schule: bloßgestellt“, erzählt die Redakteurin Angela. „Es kann furchteinflößend sein, ein Zimmer voller Kolleg:innen zu betreten und zu wissen, dass meine Haut ein falsches Bild von mir vermittelt.“
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Ein großer Mythos, der Angela durchaus bewusst ist, ist die Überzeugung, dass andere Leute Akne als Resultat mangelnder Hygiene oder fehlenden Hautpflege-Wissens interpretieren könnten (obwohl sie regelmäßig bei ihrer Hautärztin vorbeischaut). Das ist nicht ungewöhnlich: 32 Prozent der Gen-Z-Befragten der 2022er-Umfrage gaben an, Akne hänge mit schlechter Hygiene zusammen – ein Irrglaube, mit dem English direkt aufräumt.
Akne ist schlicht und ergreifend genetisch. Sie hat mit deiner Umwelt und all deinen Hormonen (nicht nur den Sexualhormonen!) zu tun“, sagt sie. Ihr zufolge beeinflussen vier Faktoren die Entstehung eines Pickels: die individuelle Zusammensetzung des Talgs und Öls in deiner Haut; Akne-Bakterien; verstopfte Poren; und die übermäßige Hautreinigung, die dazu führen kann, dass die Haut weniger widerstandsfähig ist. Insofern: „Zu viel Hygiene könnte Akne sogar verschlimmern.“
Angela räumt ein, dass sie nicht glaubt, ihre Akne habe sich auf ihre Leistung im Job ausgewirkt. Sie hat ihrem Selbstbewusstsein im Beruf aber sehr wohl einen Dämpfer versetzt. „Das zeigt sich beispielsweise in Gesprächen. Manchmal gehe ich automatisch davon aus, jemand würde nur meine Haut anstarren, anstatt sich auf das zu konzentrieren, was ich sage. Ich weiß, dass sich das albern anhört“, sagt sie.
Auch die Redakteurin Jasmine leidet unter hormonell bedingten Akneschüben, wegen der sie sich in allen Lebensbereichen – auch im Job – immer wieder unsicher fühlt.

Ich kann meine Arbeit trotzdem machen, egal, wie ich an diesem oder jenem Tag aussehe. Ich weiß auch, dass mich meine Kolleg:innen meinetwegen zu schätzen wissen, nicht wegen meiner Haut.

Jasmine
„Ich versuche, meine Haut positiv (oder zumindest neutral) zu betrachten. Wenn ich aber meine Kolleg:innen mit strahlend reiner Haut sehe, kann ich nicht anders, als mich mit ihnen zu vergleichen und zu denken, ich sähe weniger ‚seriös‘ aus“, sagt sie. „Ich weiß, dass das nicht stimmt. Wenn dir aber immer das Schönheitsideal vermittelt wurde, Frauen sollten ‚makellose‘ Haut haben, ist es schwer, dich nicht so zu fühlen.“
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Wie auch Angela glaubt Jasmine nicht, ihre Hautprobleme hätten sich auf ihre Jobleistung ausgewirkt. „Ich kann meine Arbeit trotzdem machen, egal, wie ich an diesem oder jenem Tag aussehe. Ich weiß auch, dass mich meine Kolleg:innen meinetwegen zu schätzen wissen, nicht wegen meiner Haut“, fügt sie hinzu.
Genau diese Bestärkung und Selbstdisziplin empfiehlt O’Malley allen Betroffenen. Versuche, deine Selbstverurteilung unter Kontrolle zu halten. Dazu schlägt er eine Übung vor: Bremse deine Gedanken und Worte bewusst ab, wenn du merkst, dass du negativ über dein Aussehen sprichst (ob nun gegenüber anderen oder mit dir selbst).
„Gewöhne dir an, das zu bemerken. Mit der Zeit wird es dir leichter fallen, dich davon abzuhalten. Du kannst diese Gedanken anfechten und auf den Kopf stellen“, sagt er. Dieses Sich-selbst-gut-Zureden kann enorm guttun und ist wissenschaftlich erwiesen.
Es kann auch helfen, mit Expert:innen darüber zu sprechen, wie zum Beispiel mit Therapeut:innen oder Dermatolog:innen. „Sie können dir Techniken beibringen, die dich in Zukunft aufheitern können, wenn du dich wegen deines Aussehens schlecht fühlst. Manchmal hilft es auch einfach, mit jemandem über deine Sorgen zu reden“, ergänzt O’Malley.
English kommt noch einmal auf das Grundproblem zu sprechen, das allen Hautunsicherheiten zugrunde liegt: die Verherrlichung ‚guter‘ Haut. „Das erinnert mich daran, wie ich während meiner Jugend glaubte, dies oder jenes nicht tun zu können, weil ich keine ‚gute‘ Haut hatte“, sagt sie. „Wieso messen wir unserer Haut so einen moralischen Wert bei? Haut ist Haut, oder? Sie ist weder gut noch schlecht.“
Ein Job ist schon stressig genug, ohne dass wir uns dabei auch noch mit hautbedingten Problemen herumschlagen sollten. Schließlich sind wir eigentlich nur da, um unsere Arbeit zu machen, oder?
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