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Okay, was ist los bei Olaplex?

Seit seinem Launch 2014 ist Olaplex zu der Marke für Haarreparatur geworden. Die Firma, deren patentierte Technologie kaputte Haarbindungen wiederverknüpft, war der Wegbereiter für eine ganze Haarpflege-Kategorie rund um „bond repair“ – und wird seitdem von unzähligen anderen Brands imitiert, die Olaplex Konkurrenz machen wollen.
Jetzt droht Olaplex allerdings aufgrund von Kundenbeschwerden juristischer Ärger. Mehrere Kund:innen werfen der Marke vor, ihre beliebten Produkte – die Olaplex laut Berechnungen im dritten Jahresquartal letztes Jahr 176.000 US-Dollar (rund 165.600 Euro) einbrachten – würden die Haare austrocknen, schädigen oder brechen lassen. Einige Nutzer:innen berichteten sogar von Haarausfall. Wenn du jetzt panisch an die Olaplex-Flaschen in deiner Dusche denken musstest: Keine Panik! Obwohl es stimmt, dass Olaplex Holdings Inc. derzeit von einer Vielzahl unzufriedener Kund:innen verklagt wird, empfehlen Expert:innen, aus diesen Behauptungen eigene Schlüsse zu ziehen.
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Worum geht es in der Klage gegen Olaplex? 

Die Sammelklage, die Anfang Februar am kalifornischen Bundesgericht einging, verklagt Olaplex Holdings Inc. auf 75.000 US-Dollar Schadensersatz (umgerechnet circa 70.500 Euro). Die 28 Kläger:innen behaupten, Olaplex-Produkte hätten ihre Haare und Kopfhaut geschädigt. Einige von ihnen litten deswegen sogar unter Haarausfall.
Diese Kund:innen klagen, Olaplex-Produkte hätten dafür gesorgt, dass ihre Haare „trocken, brüchig, frizzy und glanzlos“ geworden seien – eindeutig eine negative Bewertung. Die Beschwerden rund um Haarausfall sind besonders alarmierend: Eine Klägerin, Jessica Auriana, erzählte gegenüber Good Morning America, sie habe nach nur zwei Monaten der Anwendung vom Olaplex-Shampoo, -Conditioner und dem Clarifying Shampoo 20 Prozent ihrer Haare verloren.
@nicolasjequierhair The olaplex lawsuit opens the debate on HOW you need to approach your hair treatments #olaplex #haircare #hair ♬ Spooky, quiet, scary atmosphere piano songs - Skittlegirl Sound

Was entgegnet Olaplex darauf?

Olaplex bestreitet alle Anklagepunkte. „Olaplex-Produkte bewirken keinen Haarausfall oder Haarbruch“, schrieb die Marke via E-Mail an Refinery29. „Olaplex-Produkte sind sicher und effektiv, wie Millionen unserer zufriedenen Kund:innen bestätigen können.“
Zum Beweis verweist die Firma auf ihre Sicherheitstests: „Wir haben Testergebnisse aus unabhängigen Dritt-Laboren veröffentlicht, weit über Industriestandards hinaus, um [die Sicherheit der Produkte] zu demonstrieren. Wir haben vollstes Vertrauen in die Sicherheit und Wirksamkeit unserer Produkte.“ Hier sollten wir anmerken, dass es sich dabei um sogenannte HRIPT-Tests (für „Human Repeat Insult Patch Test“) handelt, die laut Olaplex „strikt kontrollierte Industriestandard-Tests sind, mit denen sichergestellt wird, dass die getesteten Produkte keine Hautreizung bewirken“. Die Firma sagt auch, sie habe „für diverse Produktlinien Tests an empfindlicher Haut durchgeführt, um die Sicherheit dieser Produkte zusätzlich zu gewährleisten“. Die Testergebnisse haben erwiesen, dass die Produkte „kein reizendes oder sensibilisierendes Potenzial“ hätten. Auch diese Ergebnisse hat Olaplex veröffentlicht.
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Vor zwei Wochen postete die CEO von Olaplex, JuE Wong, ein Video auf dem Instagram- und Twitter-Account der Firma, in denen sie direkt auf die Klage zu sprechen kam. „Wir sind bereit, unsere Firma, unsere Marke und unsere Produkte energisch gegen diese grundlosen Vorwürfe zu verteidigen“, sagte Wong. „Wir wollen unserer Community aus professionellen Stylist:innen, Kund:innen und Fans versichern, dass sie unsere Produkte weiterhin mit gutem Gefühl verwenden können.“

Enthält Olaplex gefährliche Wirkstoffe?

Es ist nicht das erste Mal, dass die Sicherheit von Olaplex-Produkten auf so großer Bühne angezweifelt wird. Im März letzten Jahres gab es Berichte, die Olaplex mit Unfruchtbarkeit in Verbindung brachten. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand damals der Wirkstoff Lilial, ein Duftstoff, der seit 2020 in der Europäischen Union verboten ist. Bis vor Kurzem wurde der Stoff in Olaplex-Produkten in den Vereinigten Staaten aber noch in sehr geringer Konzentration (0,0119 Prozent) verwendet, bis Lilial 2022 schließlich aus „einem Überfluss an Vorsicht“ (mehr dazu gleich) komplett aus den Produkten gestrichen wurde. Die eilige Entscheidung der Marke, die Zusammensetzung ihre Produkte dahingehend zu verändern, sorgte aber schnell für jede Menge Panikmache online, die in dieser Entscheidung eine Bestätigung der „Gefahr“ von Lilial zu erkennen glaubten.
Im Zentrum dieser neuen Klage steht jetzt ein anderer Wirkstoff – Panthenol, oder Vitamin B5 –, der potenziell reizend wirken und somit womöglich für die „entzündete, blasige, schuppige, abblätternde Haut“ gesorgt haben soll, von der diese Kund:innen berichten.
Lass uns aber kurz zu Lilial zurückkehren. „Lilial, auch bekannt als Butylphenyl Methylpropional (BMHCA), wird häufig in kosmetischen sowie nicht-kosmetischen Produkten als Duftstoff verwendet“, erklärt der Toxikologe Rani Ghosh, der schon für einige der größten Körperpflegefirmen der Welt gearbeitet hat. Dennoch stuft die EU Lilial seit 2020 als „reproduktionstoxisch“ ein (damit ist das potenzielle Risiko einer Chemikalie gemeint, sich negativ auf die Fruchtbarkeit auszuwirken).
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Als vorbeugende Maßnahme wurde die Verwendung von Lilial daraufhin in der EU in kosmetischen Produkten verboten, nachdem Ergebnisse von Tierversuchen (mit Ratten) negative Reaktionen der Leber und des männlichen Fortpflanzungssystems erwiesen hatten. „Es gibt bisher aber keine direkten Daten dazu, dass Lilial in Menschen zur Unfruchtbarkeit führen könnte“, stellt Ghosh klar. Bis heute ist Lilial in den USA zugelassen; dennoch verwendet Olaplex den Wirkstoff auch dort nicht mehr. Es gibt keine klinischen Studien zu der Beziehung zwischen Lilial und Haarausfall. Daher wissen wir nicht, ob es dahingehend eine Verbindung gibt.
Okay, aber was ist mit Panthenol? „Panthenol ist ein allgegenwärtiger Wirkstoff, der in vielen Haarpflegeprodukten – wie Shampoo und Conditioner – enthalten ist“, erklärt Ghosh. „Panthenol wird aus Vitamin B5 gewonnen, auch bekannt als Panthotensäure, die ein natürlicher Haarbestandteil ist.“ Ghosh empfiehlt, dir die Inhaltsstoffe deiner Haarpflegeprodukte mal durchzulesen. Vermutlich benutzt du Panthenol ohnehin schon. Abgesehen von Olaplex führen nämlich auch zahllose andere Haarpflegemarken Panthenol als einen Hauptinhaltsstoff ihrer Produkte an. Zu den Vorteilen von Panthenol gehören laut Tricholog:innen und Ärzt:in die Glättung und Stärkung der Haare. Einige Studien weisen sogar darauf hin, der Stoff könnte das Haarwachstum stimulieren.
Ist Panthenol also sicher? „Es gibt keine direkten Daten, die vermuten ließen, dass Panthenol Haarausfall bewirken oder der Kopfhautgesundheit schaden könnte“, meint Ghosh. „Wenn da etwas dran wäre, wäre Panthenol kein fester Bestandteil so vieler unserer liebsten Haarpflegeprodukte.“
Noch dazu ist die Sicherheit aller Haarprodukte erwiesen – dank der strikten Vorgaben, nach denen sich Kosmetikfirmen richten müssen (genau deswegen muss Olaplex, wie alle anderen Firmen auch, eben „Testergebnisse aus unabhängigen Dritt-Laboren“ nachweisen können). Sonst würden sie es nämlich gar nicht erst in die Ladenregale schaffen, erklärt der Haarrestaurations-Chirurg Dr. Bessam Farjo. „Haarprodukte werden gründlich getestet, und Standard-Shampoos und -Conditioner bewirken keinen Haarausfall“, sagt Dr. Farjo. „Nur starke Chemikalien könnten solche Schäden auslösen. Wenn etwas das Haar reizt, bewirkt das eher temporäre Schäden an der Außenseite des Haares als in der Nähe der Haarwurzel.“
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Aufgrund alarmistischer Behauptungen von „clean beauty“-Brands und Influencer:innen, die vermeintlich „gefährliche“ Inhaltsstoffe und „Chemikalien“ verteufeln, die schon seit Jahren sicher in Kosmetikprodukten verwendet werden, herrscht aktuell ein generelles Misstrauen zwischen Beauty-Firmen und Konsument:innen. „Das Internet ist gerade voller Falschinformationen dazu, was ‚sicher‘ ist und was nicht. Die solltest du immer mit Vorsicht genießen, indem du die Argumente hinter jeder Behauptung beleuchtest“, empfiehlt der Haarausfall-Experte Dr. William Yates.
Die kosmetische Chemikerin Jen Novakovich meint, sie würde sich als Konsumentin weder wegen Lilial noch Panthenol Sorgen machen. „Wie alle anderen Produkte müssen auch Haarpflegeprodukte nachweislich sicher sein, wenn sie auf den Markt kommen“, erzählt sie. Zu allen Wirkstoffen gibt es toxikologische Daten, die bestimmen, wie dieser Stoff am besten und am sichersten verwendet werden kann, erklärt Novakovich, und andere Tests befassen sich dann mit der Zusammensetzung eines Produkts im Ganzen. Und auch, wenn die Produkte erst einmal auf dem Markt sind, sollten angesehene Firmen die Sicherheit dieser Produkte und Wirkstoffe weiterhin beobachten, meint sie. „Bei diesen Brands sollten die Konsument:innen darauf vertrauen können, dass die Sicherheit der Produkte gründlich sichergestellt wurde.“ Was uns all diese Expert:innen deutlich sagen wollen, lässt sich kurz zusammenfassen: Du kannst dich auf die Sicherheit von Olaplex-Produkten verlassen – und brauchst wirklich keinen Reddit-Thread, der dir das Gegenteil glaubhaft machen will.
Olaplex ist übrigens nicht die einzige populäre Haarpflegemarke, der vorgeworfen wurde, Haarprobleme zu verursachen. 2020 wurde die Lockenpflege-Marke DevaCurl öffentlich angeklagt, weil Tausende Nutzer:innen behaupteten, die Produkte der Marke hätten bei ihnen zu Haarausfall geführt. Wie auch Olaplex wies DevaCurl die Vorwürfe von sich und änderte die Zusammensetzung einiger Produkte. Laut einem Artikel von Bloomberg Law einigten sich Deva Concepts LLC und die Kläger:innen auf eine Vergleichszahlung von 5,2 Millionen US-Dollar (rund 4,9 Millionen Euro). Und 2016 wurde Wen Beauty in einer sehr ähnlichen Klage vorgeworfen, ebenfalls Haarausfall zu bewirken. Die Firma leugnete die Vorwürfe zwar, einigte sich aber doch auf eine Zahlung in Höhe von 26 Millionen Dollar (circa 24,5 Millionen Euro). In vielerlei Hinsicht wirkt die Olaplex-Klage daher wie eine Art Déjà-vu.
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Können Produkte von Olaplex Haarausfall auslösen?

Natürlich sollten diese Vorwürfe dennoch immer ernst genommen und untersucht werden. Nach derzeitigem Stand sind die betroffenen Wirkstoffe Lilial und Panthenol nach amerikanischer Meinung (und um diese geht es schließlich in dieser Klage) ungefährlich – wieso behaupten einige Konsument:innen dann also, nach der Anwendung von Olaplex unter Haarausfall zu leiden? So frustrierend und furchtbar Haarausfall sein kann, ist es laut Expert:innen in Wahrheit sehr schwer, dafür einen einzigen Auslöser verantwortlich zu machen.
„Der häufigste Auslöser für Haarausfall bei Frauen und Männern sind die Gene“, erklärt Dr. Yates. Um es anders zu sagen: Das liegt in der Familie. Zusätzlich gibt es spezifische Gesundheits- und Lifestyle-Faktoren, die nachweislich mit Haarverlust in Verbindung gebracht werden. Dazu gehören hormonelle Störungen (wie während der Schwangerschaft oder Menopause), Stress, Nährstoffmängel (wie von Eisen), Autoimmunerkrankungen, manche Medikamente und womöglich sogar COVID-19. Das British Medical Journal berichtet, dass Betroffene von Long COVID eine Reihe weiterer Symptome aufweisen, als bisher bekannt war – inklusive Haarausfall, obwohl es dazu bisher nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen gibt.
Können Haarpflegeprodukte (ob nun von Olaplex oder anderen Marken) aber zumindest teilweise zum Haarausfall beitragen? Das ist tatsächlich eher ungewöhnlich. Laut Dr. Farjo haben Haarprodukte zwar das Potenzial, dem Haar zu schaden; sie können aber nur unwahrscheinlich zum Haarausfall führen. „Einige Produkte können den Haarschaft von außen beschädigen. Das wären dann vorübergehende Schäden“, erklärt er. Wenn ein Produkt oder eine Behandlung in direkten Kontakt zur Kopfhaut kommt, kann das allerdings „die Kopfhaut verbrennen, was den Haarausfall beeinflussen kann“, ergänzt er.
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Ein gut gemeinter Rat: Bevor du Olaplex-Produkte für deinen Haarausfall verantwortlich machst, hol dir bitte eine ärztliche Meinung ein. „Es ist nie eine gute Idee, dich selbst zu diagnostizieren“, meint Dr. Farjo. „Wenn dir auffällt, dass dir Haare ausfallen – und damit meine ich einen sichtbaren Unterschied, nicht ‚Ich habe Haare in der Hand!‘, weil wir alle von Natur aus jeden Tag Haare verlieren –, solltest du das untersuchen lassen.“ Zusätzlich betont Dr. Farjo, wenn sich der Haarausfall über längere Zeit hinweg (mehr als drei Monate) erstreckt, solltest du dir bei Ärzt:innen, Dermatolog:innen oder Tricholog:innen eine Diagnose einholen.
Woran du auf jeden Fall immer denken solltest: Lies dir die Produktbeschreibung und Anwendungsempfehlung gründlich durch. All das steht nicht ohne Grund auf der Flasche. Die Beauty-Influencerin Abbey Yung erinnert uns zum Beispiel daran, dass Olaplex No. 3 (das erste Olaplex-Produkt für zu Hause, das bis heute eines der beliebtesten der Marke ist) dazu entwickelt wurde, ein- bis dreimal pro Woche vor der Haarwäsche verwendet zu werden, und nicht als Leave-in-Produkt, wie es viele Leute online nutzen, sagt sie. „Ich habe schon viele gesehen, die No. 3 in ihren Haaren verteilen, sich dann einen Dutt machen und das Produkt den ganzen Tag einwirken lassen“, meint Yung auf TikTok. Dabei ist es besser, nicht von den Gebrauchsanweisungen abzuweichen.

Was bedeutet das für die Betroffenen von Haarausfall, die Olaplex jetzt verklagen?

Für alle anderen, die Olaplex verwenden, gilt: Wenn du zufrieden mit deinen Haaren und deiner Kopfhaut bist, benutze Olaplex No. 3 ruhig weiter. Wenn Olaplex aus irgendwelchen Gründen für dich aber nicht zu funktionieren scheint, steig ruhig auf ein anderes Produkt um. Eine ehemalige Olaplex-Kundin behauptet in einem TikTok, ihre Haare seien viel schöner, seit sie auf Kerastase umgestiegen sei. Die Coloristin Julie Fortiz bevorzugt Epres, die neue Bond-Repair-Marke von Eric Pressly, dem Chemiker, der auch Olaplex erfunden hat. (Epres gibt es derzeit leider nur in den USA, aber es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis es auch bei uns erhältlich ist.) Und wem Olaplex ohnehin zu teuer ist, bekommt von The Inkey List ein ähnliches Produkt deutlich günstiger. 
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Es lässt sich nicht sicher sagen, ob die Kläger:innen mit ihrer Klage Erfolg haben werden. Die Verhandlung läuft noch – aber Haarausfall sollte, unabhängig von seinem Auslöser, immer ernst genommen werden. „Haarausfall kann enorm belastend sein“, meint Ghosh. „Für viele von uns machen unsere Haare einen großen Teil unserer äußeren Identität aus. Wir können das emotionale Leid, das Haarverlust bewirken kann, nicht einfach verharmlosen.“ Ghosh hofft, dass Betroffene Zugang zur richtigen Hilfe bekommen – sowohl in medizinischer als auch in emotionaler Hinsicht. 
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