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Meine Freund:innen melden sich kaum noch. Was mache ich falsch?

Foto: Paola Vivas.
Die 26-jährige Rose fühlt sich heute einsamer als während des Lockdowns, weil sie kaum noch von ihren Freund:innen hört. „Ich habe keine großen Cliquen, sondern nur einzelne Freund:innen“, erzählt sie. „Während des Lockdowns hatte ich sehr viel Kontakt mit ihnen. Ich fühlte mich ihnen sehr nah und hatte immer den Eindruck, diese Beziehungen gingen von beiden Seiten aus.“
All das hat sich jedoch geändert, seit wir alle wieder langsam zur Normalität zurückkehren. „Wenn ich keine Pläne vorschlage oder mich melde, kommt von den meisten nichts“, sagt Rose. „Das tut weh. Wenn die Initiative nicht von mir ausgeht, höre ich teilweise fünf Monate lang nichts von den meisten meiner Freund:innen. Andere Freund:innen, denen ich schreibe, brauchen mitunter Wochen, um mir überhaupt zu antworten. Mir ist schon klar, dass Freundschaften nicht immer 50:50 sind und wir alle mit unseren Leben, unseren Jobs und Beziehungen viel um die Ohren haben. Ich frage mich aber, ob ich für sie einfach kaum noch Priorität habe – und ob wir inzwischen nur noch Bekannte sind.“
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Daher stellt sich Rose inzwischen einige Fragen, die vielen von uns bekannt vorkommen dürften: „Ist es ein Zeichen dafür, dass man sich auseinanderlebt, wenn man so selten voneinander hört? Ist das in den 20ern ganz normal? Die meisten meiner Freund:innen kenne ich aus der Schule, der Uni oder aus ehemaligen Jobs. Ich habe das Gefühl, wenn wir uns nicht mehr regelmäßig sehen, geben sie sich wenig oder gar keine Mühe.“
„Wie kann ich damit aufhören, mich auf die Freund:innen zu fixieren, die keine Arbeit mehr in unsere Freundschaft investieren, und mich stattdessen auf die drei Leute konzentrieren, die es sehr wohl versuchen? Ich denke dauernd an die, die sich nicht mehr melden“, erzählt Rose.
Dr. Sheri Jacobson, eine pensionierte Psychotherapeutin mit über 17 Jahren Berufserfahrung, kann hier weiterhelfen.
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Dr. Sheri Jacobson: Einsamkeit kann sehr schwierig sein. Trotz deiner Bemühungen scheinen deine Freundschaften nicht mehr so tief zu sein, wie sie mal waren. Das passiert aber häufiger, als du vielleicht denkst.
Es kann sein, dass dich deine Freund:innen nicht gezielt missachten. Womöglich sind ihre Kalender jetzt einfach voller, da wir Corona immer weiter hinter uns lassen. Ein großer Teil unserer sozialen Kontakte findet außerdem heutzutage via Social Media statt – auf Plattformen, die uns komplett beanspruchen können. Deren Content kann uns schnell von den Nachrichten ablenken, auf die wir eigentlich antworten sollten. Das ist nicht mal zwangsläufig Absicht.
Trotzdem ist es immer eine gute Idee, dir darüber Gedanken zu machen, ob du unterbewusst etwas tust, womit du die Menschen von dir stößt (zum Beispiel, indem du ihnen gegenüber zu direkt bist oder deine Meinung sehr stark vertrittst). Dennoch solltest du absolut vermeiden, dich selbst ganz allein dafür verantwortlich zu machen, wenn Freundschaften im Sand verlaufen. Es kann sich lohnen, mit einer vertrauten Person darüber zu sprechen, um dir eine objektive Meinung zu holen.
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Wie du selbst sagst, verändern sich Freundschaften im Laufe der Zeit aber auch einfach. Das ist an sich nichts Schlechtes. Freundschaften erfordern Mühe und aktive Pflege von beiden Seiten. Im Laufe unseres Lebens ergeben sich neue Jobs, Hobbys, Partnerschaften, Kinder, und so weiter – da kann es schwierig sein, Beziehungen zu erhalten, geschweige denn mit derselben Tiefe wie zuvor.
Wenn es für dich in Ordnung ist, mehr Mühe in deine Freundschaften zu investieren, als du zurückbekommst (sprich: dich häufiger zu melden als andersrum), ist das ein Handel, mit dem du dich womöglich abfinden kannst. Dennoch solltest du auch von der jeweils anderen Person ein bisschen Initiative erwarten.
Es ist toll, dass du erkennst: Es gibt da sehr wohl ein paar Leute, die deine Freundschaft und Aufmerksamkeit erwidern. Sie sind deine Mühen sicher wert.
Trotzdem kann das schwierig sein, weil wir uns gern auf das Negative fixieren. Wir beschäftigen uns gern mit Problemen, weil uns diese Tendenz aus evolutionärer Sicht immer geholfen hat. Es ist ganz natürlich, die Augen nach möglichen Bedrohungen offen zu halten und dir Sorgen zu machen, du könntest aus dieser oder jener Gruppe ausgestoßen werden. Es kann sich aber mehr lohnen, dich auf die Freund:innen zu konzentrieren, die du sehr wohl hast, anstatt dich um die zu bemühen, die sich von dir distanziert haben. Freund:innen, die unsere Zeit und Aufmerksamkeit verdienen, sind meist diejenigen, die zu unserem Wohlbefinden beitragen. Das erkennst du zum Beispiel daran, dass du dich nach Treffen mit diesen Menschen einfach gut fühlst. Halte dir immer wieder vor Augen, dass deine Bemühungen um diese positiven Freundschaften also tatsächlich zu deiner Gesundheit beitragen können.
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Wie kannst du aber damit aufhören, dich auf verflossene Freundschaften zu fixieren? Das ist immer schwer – also mach dich dafür bitte nicht fertig. Wenn du dich einsam fühlst oder sich deine Gedanken dahingehend im Kreis drehen, können dir Dankbarkeitsübungen helfen. Denke über die Gefühle nach, die dir enge, beidseitige Freundschaften bescheren. Das sind Erinnerungen, an denen du festhalten kannst – selbst dann, wenn deine Freundschaften neue Wege einschlagen.
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