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Nicht mal meine Ärzt:innen konnten mir meine Adenomyose erklären

Foto: Eylul Aslan
„Sie wissen, dass Sie Adenomyose haben, oder?“, wurde Aman Virdi, eine 41-jährige Frau, ganz beiläufig gefragt, als sie vor einigen Jahren eine Ultraschalluntersuchung hatte. Obwohl bei Aman bereits Endometriose diagnostiziert worden war, kam diese Diagnose völlig überraschend. Als sie nach Hause kam, durchforstete sie das Internet nach Informationen über diese Krankheit, fand aber nicht wirklich etwas.
Vielen sagt diese Krankheit nichts. Das hat damit zu tun, dass die Diagnose für diese Erkrankung schwierig zu stellen ist, was auch erklärt, warum unklar ist, wie viele Frauen davon betroffen sind. Wenn du den Begriff googelst, wirst du sehen, dass es dazu keine brauchbare Information von wirklich verlässlichen Quellen gibt, sondern bloß einander widersprechende Blog-Posts und Artikel.
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Was wir über Adenomyose wissen, ist, dass sie auftritt, wenn die Zellen, die normalerweise die Gebärmutterschleimhaut bilden, in die Muskelwand der Gebärmutter hineinwachsen. Dr. Fatima Husain, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe und Sprecherin des Royal College of Obstetricians and Gynaecologists (RCOG), erklärt: „Wenn sich eine Frau [mit Adenomyose] ihrer Periode nähert, schwellen diese [endometrialen] Drüsen unter dem Einfluss des Hormonzyklus an und bluten, sodass die Gebärmutterwand zu schmerzen beginnt.“ Ein Großteil der Verwirrung rund um die Definition der Erkrankung rührt daher, dass sie für Endometriose oder damit verwechselt wird. Obwohl beide Krankheiten ähnliche Symptome aufweisen können, handelt es sich bei Endometriose um Gewebe, das dem der Gebärmutterschleimhaut ähnelt und außerhalb der Gebärmutter wächst.
Zu den Symptomen von Adenomyose gehören häufig starke Regelblutungen, lähmende Schmerzen im Beckenbereich und eine Beeinträchtigung der normalen Blasen- und Darmfunktionen durch die vergrößerte Gebärmutter. Diese Krankheitsanzeichen können die Lebensqualität von Adenomyose-Patient:innen stark beeinträchtigen: Blähungen können das Tragen bestimmter Kleidungsstücke zur Qual machen und das Schlafen kann aufgrund von unablässigen Schmerzen schwierig oder unmöglich sein, was die Betroffenen auch daran hindern kann, alltägliche Aufgaben zu erledigen.
Dr. Husain erklärt, dass die Anzeichen für eine Adenomyose sehr subtil sind und eine hochauflösende Ultraschalluntersuchung sowie eine Fachkraft für gynäkologischen Ultraschall erforderlich sind, die anhand der erzeugten Bilder eine Diagnose stellen kann. Erst in jüngster Zeit wurden Untersuchungen an Gebärmüttern durchgeführt, die durch eine Hysterektomie entfernt wurden, um die Krankheit selbst zu entdecken. Trotz des Vorankommens in der Technologie, die für die Erkennung von Adenomyose erforderlich ist, nimmt das Wissen in Bezug auf diese Erkrankung nur langsam zu.
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„Es gibt zu wenig Forschung in diesem Bereich. Ich freue mich, dass es immer mehr Veröffentlichungen über die Art und Weise gibt, wie wir [Adenomyose] abbilden und behandeln können, aber die Förderungen für das Erforschen der Gesundheit von Frauen waren immer schon gering“, fügt Dr. Husain hinzu.
Dieser gravierende Forschungsmangel lässt den Betroffenen keine andere Wahl, als sich an Online-Gemeinschaften zu wenden – nicht nur, um Informationen zu erhalten, sondern auch um Unterstützung und Tipps zur Schmerzbehandlung zu bekommen, deren Richtigkeit aber nicht immer angenommen werden sollte.
Aman erzählt R29 Folgendes dazu: „95 Prozent der Informationen, die ich über Adeno weiß, stammen aus den sozialen Medien, weil die Ärzt:innen, mit denen ich gesprochen habe, sehr wenig über die Krankheit wissen. Hausärzt:innen haben praktisch null Wissen darüber.“ Zu den Informationen, die Aman online entziffern konnte, gehörten die Unterschiede zwischen Adeno- und Endo-Symptomen.
„Viele Gynäkolog:innen, die ich aufgesucht habe, sagten nur: ‚Das ist dasselbe wie Endometriose.‘ Sie meinten, dass die Behandlungen, die ich wegen meiner Endo hatte, die Schmerzen lindern würden, die ich wegen meiner Adenomyose hatte – was einfach nicht stimmt.“ Aman hatte sich bereits einer Exzisionsoperation unterzogen (die oft als Goldstandard für die Endo-Behandlung bezeichnet wird), hatte aber immer noch starke Beschwerden. Sie sagt, ihre Adenomyose-Diagnose habe ihr geholfen, zu verstehen, warum die Operation bei ihr nicht gewirkt hatte.
Die Diagnose half ihr auch, die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten zu verstehen. „Ich wusste nicht, dass es verschiedene Arten von Polypen gibt“, sagt Aman, „und das habe ich durch meine Recherchen in den sozialen Medien erfahren, die ich dann mit zu meinen Ärzt:innen genommen habe, um darüber zu sprechen. Ich hatte z. B. im Internet herausgefunden, dass es für verschiedene Arten von Adeno [ob diffus oder fokal] unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten gibt, wovon mein:e Behandelnde:r keine Ahnung hatte.“
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Charlotte ist eine weitere Adenomyose-Patientin, bei der die Diagnose im Alter von 23 Jahren gestellt wurde, nachdem sie fast acht Jahre lang nach Antworten gesucht hatte. Schließlich wandte sie sich für ihre Diagnose an eine private Krankenversicherung, nachdem sie fälschlicherweise mit Reizdarmsyndrom diagnostiziert worden war. „Meine Spezialistin war großartig, aber ich konnte sie mir nicht längerfristig leisten.“ Charlotte hatte das Glück, Unterstützung in Sachen Behandlung zu finden, aber auf die Informationen zur Krankheit selbst stieß sie auf Instagram. „Eine Ärztin, von der ich behandelt wurde, hatte selbst Adenomyose, was die Sache leichter für mich machte. Was aber die Informationen dazu angeht, habe ich mich hauptsächlich auf Instagram verlassen.“ Sie fügt hinzu: „Es ist ein bizarres Gefühl, dass in meinem eigenen Körper etwas vor sich geht, das ich nicht einmal richtig nachvollziehen kann, weil es zu wenig Information dazu gibt.“
Aman und Charlotte nutzen Instagram, um hilfreiche Ressourcen und ihre Erfahrungen mit Adenomyose zu teilen, nachdem sie selbst nützliche Informationen online gefunden hatten und jetzt anderen helfen wollten. Charlotte merkt an: „Es gibt Hersteller:innen, auf die ich jetzt zurückgreife, um etwas gegen meine Schmerzen zu unternehmen, von denen ich ohne Instagram nie gehört hätte.“ Den beiden ist es wichtig, dass sie nur Fakten teilen, die sie nachprüfen können, damit sie keine Fehlinformationen verbreiten.
Obwohl viele Menschen, die mit Adenomyose leben, Trost darin finden, sich in den sozialen Medien über die Krankheit auszutauschen, raten sowohl Aman als auch Charlotte zur Vorsicht, da falsche Informationen genauso schädlich sein können wie gar keine. Aman sagt: „Falsche Definitionen sind extrem frustrierend. Wenn wir es nicht einmal schaffen, die Krankheit richtig zu definieren, welche Hoffnung bleibt uns dann?“
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Neelam Heera, Gründerin der Wohltätigkeitsorganisation Cysters, die sich für Menschen mit reproduktiven und psychischen Gesundheitsproblemen stark macht, setzt sich leidenschaftlich für die Förderung der Beziehungen zwischen medizinischen Fachkräften und Betroffenen ein, damit richtige Informationen weitergegeben werden und für alle zugänglich sind. Neelam erklärt, dass der Informationsmangel in Bezug auf Adenomyose „zu Gefühlen der Isolation, des Ungehört-Seins und der Hilflosigkeit führt. Außerdem verlängert sich die Zeit bis zur Diagnose, da die Betroffenen sich nicht trauen, sich an medizinisches Fachpersonal zu wenden, weil sie das Gefühl haben, ihre Probleme seien nur eine ‚Begleiterscheinung‘ ihrer Periode.“ 
Neelam ist besorgt über die Zahl der „fehlinformierten, aber gut gemeinten“ Beiträge in den sozialen Medien, die bei der „Behandlung" von Schmerzen helfen sollen, und fordert einen „intersektionellen und kooperativen Ansatz zur Bekämpfung gesundheitlicher Ungleichheit in diesem Bereich“. 
Das Bewusstsein für Adenomyose zu schärfen, ist nur die Spitze des Eisbergs. Es muss dringend mehr Forschung, Verständnis und Unterstützung für diejenigen geben, die mit dieser häufigen Erkrankung leben. Für diejenigen, die mit den damit verbundenen Schmerzen zu kämpfen haben, ist es alles andere als optimal, wenn sie sich auf soziale Medien als Hauptinformationsquelle verlassen müssen. Vielen Betroffenen bleibt aber leider keine andere Wahl.  

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