„Nichts könnte die Mode in Glasgow besser versinnbildlichen als die Club-Kultur der Stadt – und die Leute, die sich für diese Clubs anziehen“, meint die 22-jährige Fotografin Anna-Rose McChesney. Die Studentin der Glasgow School of Art erzählt uns, was sie zu ihrer neuesten Fotoreihe What’s Your Favourite Outfit To Dance In? inspirierte. Das farbenfrohe Feelgood-Projekt zelebriert, wie sich die jungen Menschen in ihrer Heimatstadt durch ihren persönlichen Style selbst ausdrücken.
McChesney begann die Fotoreihe schon im März 2021, als sie in einem Seminar die Aufgabe bekam, drei Porträts zu knipsen. Damals schränkte die Pandemie das Sozialleben in Glasgow noch stark ein, und die Bewohner:innen der schottischen Stadt steckten mitten im dritten Lockdown. Viele von ihnen sehnten sich nach einer unbeschwerten Party-Nacht. „Ich vermisste meine High Heels, Live-Musik und Kunst-Events. Dieses Projekt entstand also aus der Vorfreude darauf, mich selbst auch wieder schick zu machen“, erinnert sie sich. Sie wusste sofort, dass sie ihre Freund:innen und Kommiliton:innen vor die Kamera holen wollte; also fragte sie, ob sie sie bei ihnen zu Hause in ihren liebsten Club-Outfits fotografieren dürfe. Schon nach kurzer Zeit wurden aus den ersten drei Porträts eine ganze Fotoreihe mit 172 Bildern.
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Zu Beginn besuchte McChesney ihre Freund:innen mit Kamera und Stativ bei ihnen zu Hause. Um den Bildern einen einheitlichen Look zu verleihen, beschloss sie, ihre Subjekte vor deren Haustüren abzulichten. Außerdem brachte sie einen Lautsprecher mit und spielte beim Shooting ihre liebsten Dance-Songs. „Das half meinen Models dabei, sich ein bisschen zu entspannen und so zu posieren, wie sie sich selbst auf dem Dancefloor sahen“, erzählt sie. Danach wurde das Projekt zum Selbstläufer: Sie fotografierte auch Freund:innen von Freund:innen und sogar komplett Fremde, die von der Bilderreihe gehört hatten. „Wer es vermisste, sich schick anzuziehen und in einen Club zu gehen, konnte sich einfach bei mir melden und Teil des Projekts werden“, sagt McChesney.
Die Location der Fotos verbindet jedes Bild mit den anderen – dank Glasgows typischer Architektur im Hintergrund. Die robusten Haustüren verleihen den Bildern zusätzliche Farbe. „Die Türen sind ziemlich einzigartig und typisch für Glasgow. Gleichzeitig waren sie ein persönlicher Raum für meine Modelle – sie wohnten derzeit ja selbst dort. Dadurch hatten sie ein vertrautes Umfeld, in dem sie mir ihre Outfits präsentieren konnten.“ Die Shootings erregten viel Aufmerksamkeit, erinnert sich McChesney; manchmal sammelte sich ein kleines Publikum an. „Die Nachbar:innen reagiert meistens ziemlich amüsiert. Manchmal auch weniger. So oder so bekamen wir es immer hin, rücksichtsvoll unsere Fotos zu machen!“
What’s Your Favourite Outfit To Dance In? ist voller kontrastierender Muster und Neonfarben, Rave-Stiefel und Plateau-Sneaker, Streetwear, Goth-Looks, Cyberpunk-Outfits und romantischer Elemente wie Chiffon und Fake-Pelz. Einige von McChesneys Lieblingsbildern aus der Reihe verbindet sie mit besonderen Erinnerungen an die jeweiligen Shootings. Auf einem Porträt posiert beispielsweise eine junge Frau namens Beth verspielt vor einer grellroten Tür. Ihr Outfit ist schwarz, ihr strahlend rotes Haar fällt ihr bis zur Hüfte. Als sie an den Tag zurückdenkt, erzählt McChesney: „Ich schlenderte durch den Botanischen Garten in Glasgow und sah sie in der Ferne. Ihre langen Locken fielen mir direkt ins Auge und ich fragte sie, ob sie Lust hätte, sich von mir fotografieren zu lassen.“
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Ein weiteres besonders auffälliges Bild ist das allererste Foto, das sie für die Serie aufnahm – als sie noch rauszufinden versuchte, welche Richtung das Projekt einschlagen sollte. „Das auf dem Bild sind Luca und Lina. Luca gehört zu Glasgows Musikszene und reist regelmäßig als DJ um die Welt. Es war also schön, jemanden fotografieren zu können, der es definitiv vermisste, sein Lieblings-Tanzoutfit tragen zu können“, sagt sie. Luca trägt eine Baskenmütze, ein transparentes Top und einen Jeans-Maxirock; Lina trägt ein schwarzes Kleid mit einem grünen Gürtel und schwarzen Sneakern. Andere Bilder liebt McChesney allein für ihren ästhetischen Wert. Dazu verweist sie auf ein Foto von drei Mädchen, die zusammen mit einer Violine, einem Plastik-Hummer und Maracas posieren. „Das sind Mila, Maria und Liv“, sagt sie. „Ich liebe die Farben auf diesem Bild – sie sind so schön. Das Foto ist total verspielt, und die Komposition des Ganzen ist so eindrucksvoll, wie sie alle zu einer Seite schauen.“
What’s Your Favourite Outfit To Dance In? begann als Möglichkeit für Chesney, während einer besonderen, merkwürdigen Phase ihres jungen Lebens etwas Fröhliches zu erschaffen. Am Ende wurde daraus ein visueller Liebesbrief an den Style Glasgower Student:innen. „Ich hoffe, dass andere die verspielten Vibes zu schätzen wissen, die meine Modelle ihren Fotos einhauchten“, erzählt sie. „Jedes Subjekt hat einen ganz individuellen Style und präsentiert sich selbst auf ganz verschiedene Art. Ich wünsche mir, dass meine Bilder die aufregende Mode und Energie ausdrücken, denen man hier auf der Straße begegnet.“
Auch über die Glasgow-Blase hinaus inspirieren uns McChesney Fotos dazu, uns Gedanken darüber zu machen, in welchen Outfits wir eigentlich am liebsten feiern gehen – ganz egal, wo wir leben. Worin fühlen wir uns gut? Welche Looks machen uns Spaß? Welche sind besonders bequem? Mit welchen Kleidungsstücken drücken wir uns selbstbewusst aus? McChesneys eigenes Lieblingsoutfit ist ein handgemachtes Vintage-Flamenco-Kleid. „Das fand ich mit 18 Jahren in einem Secondhand-Laden für 25 Pfund. Ich war auf der Suche nach einem Kleid für meinen Abschlussball und fühlte mich direkt zu seinen schönen roten und weißen Punkten hingezogen. Es passt wie angegossen!“, sagt sie. Für ihr Projekt ließ sie sich darin von jemandem fotografieren; ein Dunkelkammer-Unfall zerstörte die Fotos leider. Vielleicht holt sie die Bilder irgendwann nach und ergänzt das Projekt um ihr eigenes Porträt.
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Bis es soweit ist, arbeitet McChesney aber an einem Fotobuch mit allen Bildern der Reihe, designt von ihrem Freund Tom Ive, das es auf ihrer Website zu kaufen gibt. Gleichzeitig hat sie derzeit ein weiteres Projekt in Aussicht – und wieder soll es um Porträts vor der Haustür gehen. „Diesmal hoffe ich aber, mit einem Stylisten oder einer Stylistin zusammenarbeiten zu können und ein paar noch extravagantere Ensembles zu kreieren“, sagt sie.
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