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Warum Corona auch in der Schönheitsmedizin für eine neue Realität sorgt

Illustrated by Lily Fulop
Not macht erfinderisch – bestimmt kennst du dieses Sprichwort auch schon seit deiner Kindheit. In der Schule erklärte man uns, dass Menschen in Zeiten der Not (zum Beispiel während eines Kriegs oder einer Pandemie) bahnbrechende Technologien und Produkte schafften. Teebeutel, Taschentücher, Zeitungen – all diese Dinge wurden nur erfunden, weil wir uns in Notsituationen befanden und die Menschheit sie brauchte. Was wir daraus schließen können, ist folgende Lehre: Wenn wir Angst um unsere Existenz haben, findet die Gesellschaft immer Wege, sich an neue Situationen anzupassen.
Jetzt, da wir uns wieder in so einer beängstigenden Zeit befinden, ist es also sehr wahrscheinlich, dass dieses Sprichwort auch wieder öfter zu hören sein wird. Viele Branchen befinden sich wegen der Corona-Pandemie in großer Not und müssen nun erfinderisch werden, wenn sie die durch die Krise entstandenen wirtschaftlichen Einbußen so gering wie möglich halten wollen. Zu den Sektoren, auf die die Pandemie tiefgreifende Auswirkungen hat, gehören auch die plastische Chirurgie und die kosmetische Dermatologie. Seit zehn Jahren haben diese beiden Pfeiler der Schönheitsmedizin einen fieberhaften Anstieg erlebt. Das bestätigen auch die Zahlen: Von 2000 bis 2018 stieg die Beliebtheit kosmetischer Behandlungsmethoden um ganze 163 Prozent an.
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Doch COVID-19 ist auf dem besten Wege, nicht nur den innovativen Fortschritt und die Einnahmen in diesen Sektor zu gefährden, sondern verändert schon jetzt auch die Art und Weise, wie viele Dermatolog*innen praktizieren. „Das Virus hat meinen Praxisalltag komplett auf den Kopf gestellt“, sagt die plastische Chirurgin Dr. Lara Devgan.
Auch Dr. Karyn Grossman, eine in Santa Monica ansässige Dermatologin, glaubt, dass es gravierende Veränderungen in der Welt der kosmetisch-medizinischen Eingriffe geben wird. „Wir müssen uns in Sachen Innovation und Investition auf eine zeitliche Verschiebung von etwa zwei Jahren gefasst machen. Gerade jetzt ist medizinisches Equipment so kostbar, wie schon lange nicht mehr. Ein Besuch im Krankenhaus hat eine ganz neue Bedeutung für uns und niemand will die Ressourcen der Krankenhäuser ‘zu früh‘ verbrauchen.“
Wie du siehst, hat sich wegen der Pandemie schon jetzt viel in der Welt der kosmetischen Medizin verändert. Doch wie steht es mit der Zukunft? Werden wir uns vielleicht seltener unters Messer legen oder sorgt die Selbst-Isolation und der Wunsch nach einem Glow-up-Moment nach dieser Zeit dafür, dass wir sogar einen Anstieg bei den Schönheits-Ops verzeichnen werden? Und wie könnte der Praxisalltag in Hinblick auf das Infektionsrisiko von nun an aussehen? Diese und weitere Fragen habe ich den Menschen gestellt, von denen ich wusste, sie kennen die Antwort: Dermatolog*innen und kosmetischen Chirurg*innen. Sie erklären, wie sich die Praxen während und auch nach COVID-19 weiterentwickeln – und da wird sich wohl einiges verändern.
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Video-Sprechstunden
Alle Ärzt*innen, mit denen ich gesprochen habe, erklärten, dass sie ihre Termine für kosmetische Eingriffe vorerst abgesagt oder verschoben haben. Die meisten von ihnen behandeln derzeit nur noch Patient*innen mit Gesichtsverletzungen oder Risswunden, um so die Notaufnahmen zu entlasten.
Damit aber auch Patient*innen mit typischen Hautproblemen wie Rosacea und Akne weiterhin behandelt werden können, bieten einige Ärzt*innen mittlerweile Video-Sprechstunden an. So können sie erste Beratungsgespräche machen und Rezepte ausstellen. „Wir haben seit Mitte März geschlossen. Seitdem biete ich meine Beratung für Patient*innen online an“, erklärt die Dermatologin Dr. Nancy Samolitis.
Es könnte also sein, dass diese Art von Ferndiagnosen bald schon weltweit das Alltagsbild in Praxen bestimmen wird. In Deutschland hat das Praxis-Suchportal Jameda seit dem Ausbruch des Virus einen starken Anstieg an Terminen für Video-Sprechstunden verzeichnet. Immer mehr Menschen bevorzugen es also, sich online beraten zu lassen, statt vor Ort mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin zu sprechen. „Wir müssen nun einmal mit der Zeit gehen. Und so kann ich wenigstens wieder meine Patient*innen behandeln“, meint Dr. Chaneve Jeanniton, plastische Chirurgin in einer New Yorker Schönheitsklinik.
Auch die Besuche in der Praxis werden ganz anders sein
Mittlerweile werden die Corona-Beschränkungen in vielen Ländern wieder gelockert. Einige bereiten sich darauf vor, ihre Grenzen für den Tourismus zu öffnen, während in anderen nach Monaten zum ersten Mal wieder Kosmetikstudios und Restaurants den Betrieb aufnehmen dürfen. Auch die Arztpraxen versuchen vielerorts, zur früheren Normalität zurückzukehren. Aber wie du dir bestimmt denken kannst, ist das für sie in Hinblick auf das Infektionsrisiko nicht so einfach.
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„Wir haben in der Praxis bereits so viel verändert“, sagt Dr. Grossman. In ihrer Praxis erhalten Patient*innen zum Beispiel vor ihrem Termin die neuen Richtlinien (keine Familienbesuche, Temperatur-Check vor der Tür, Handschuh- und Maskenpflicht) per Mail zugeschickt. Außerdem hat sie in allen Räumen neue Desinfektionsstationen und Luftfilter installieren lassen. Und an der Rezeption gibt es jetzt eine Schutzscheibe, die die Arzthelfer*innen vor zu engem Kontakt zu den Patient*innen schützen sollen.
Doch trotz all der Vorkehrungen, weiß die Ärztin, dass man erst von Sicherheit reden kann, wenn es einen Impfstoff gegen das Virus gibt. Solange müssen aber diese Maßnahmen ausreichen, meint sie.
Die Nachfrage nach Botox und Fillern wird nicht einbrechen
Tatsächlich könnte sie sich sogar erhöhen. Alle Ärzt*innen bestätigten mir, dass die Mehrheit ihrer Patient*innen nur darauf wartet, einen neuen Termin für abgesagte Behandlungen auszumachen. „Ich glaube zwei Drittel der Patient*innen hätten am liebsten schon einen neuen Termin. Der Rest wartet erst mal ab, was noch passieren wird“, so Dr. Grossmann.
Dem stimmt auch Dr. Jeanniton zu: „Meine Patient*innen wollen gern wieder in die Praxis und ihre Botox- und Filler-Behandlungen fortführen“. Und Dr. Annie Chiu, staatlich geprüfte Dermatologin und Gründerin von The Derm Institute in Los Angeles, meint, sobald alle Corona-Maßnahmen wieder aufgehoben sind, könnte es anfangs sogar zu einem Ansturm auf die Praxen geben.
Der Natural Look könnte endgültig ein Comeback feiern
Dank Instagram und Co. wurden volle Lippen, hohe Wangenknochen und Fox Eyes zu absoluten Beauty-Trends. Aber es könnte gut möglich sein, dass diese Schönheitsideale bald schon einem natürlicheren Look weichen werden.
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„Die globale Pandemie hat uns alle gezwungen, mit unseren grauen Haaren und Botox-freien Gesichtszügen klarzukommen und uns damit wieder vertraut zu machen, wie wir tatsächlich aussehen. Außerdem machen wir uns noch mehr Gedanken darüber, was uns im Leben wirklich wichtig ist“, sagt Dr. Devgan. „Diese Erkenntnisse werden sich auch in unserem Schönheitsbild widerspiegeln und die extremen Beauty-Make-over könnten durch natürlichere Merkmale ersetzt werden.“
Dr. Samolitis stimmt dem zu: „Diese Erfahrung kann dazu führen, dass viele Menschen ihre Prioritäten neu ordnen und auch weniger daran interessiert sind, ihre Gesichtszüge kosmetisch zu verbessern“, sagt sie. Dr. Grossman stellt fest, dass der übertriebene Look, der durch soziale Medien allgegenwärtig geworden ist, in den letzten Jahren langsam an Popularität verloren hat, und diese Pandemie wird wahrscheinlich ihr Todesurteil sein – zumindest was den Mainstream betrifft.
Es wird weniger Geld in neue Behandlungsmethoden und Produkte gesteckt
Laut Dr. Grossman könnten vor allem die auf Kosmetik fokussierten Pharmaunternehmen, die zum Beispiel Filler und Implantate herstellen, jetzt weniger Geld in die Entwicklung neuer Produkte stecken und stattdessen den Fokus auf die Forschung schon etablierter Ressourcen legen. Diesen Rückschritt hält sie aber nicht unbedingt für eine schlechte Sache. „Ich denke, eine kleine Verlangsamung in der Forschung und Entwicklung zu haben, ist vollkommen okay. Brauchen wir wirklich neue Füllstoffe oder Lasergeräte?“ Ein großer Nachteil könnte das laut einem Dermatologen, mit dem ich inoffiziell gesprochen habe, aber für die medizinischen Spas sein. Sie könnte der Rückgang in Sachen Innovation besonders hart treffen und vielleicht sogar letztendlich zu ihrer Schließung führen.
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Aber selbst wenn viele Praxen sich vor der Schließung retten können, werden sie die finanziellen Auswirkungen der Pandemie sehr spüren. „Wir werden viel öfter tiefenreinigen müssen. Wir brauchen für alle Eingriffe neue Masken. Und es wird einen gestaffelten Klinikplan geben, damit nicht alle Mitarbeiter*innen gleichzeitig vor Ort sind“, meint Dr. Chiu. „Für die Praxen heißt das höhere Betriebskosten und geringere Einnahmen. Dieses finanzielle Defizit könnte vor allem kleine Praxen in eine Notlage bringen. In der Wirtschaftskrise von 2008 gab es ähnliche Probleme: „Seriöse, starke, patientenorientierte Praxen konnten dem wirtschaftlichen Abschwung standhalten“, sagt sie, „aber Praxen, die sich auf Marketing und Werbung verließen, gingen letztendlich pleite“.
Die neuen Sicherheitsauflagen könnten dafür sorgen, dass Schönheits-OPs weniger ansprechend sein werden
Fakt ist, während einer Pandemie wollen sich die wenigsten Menschen freiwillig unters Messer legen. „Wahrscheinlich werden in der nächsten Zeit nicht-invasive Verfahren wie Injektionen, Filler und Fäden die naheliegende Wahl für viele Patient*innen sein. Auf Operationen werden die meisten eher verzichten, bis das Virus besiegt ist“, glaubt Dr. Chiu.
Wann operiert wird, ist auch für die Ärzt*innen eine schwierige Entscheidung. „Ich werde erst wieder meinen OP-Saal betreten, wenn ich sicher sein kann, dass ich weder meine Patient*innen, noch mein Personal oder mich selbst wegen einer nicht lebensnotwendigen Leistung in Gefahr bringe“, sagt Dr. Jeanniton.
Doch selbst wenn Corona eine Trendwende in der kosmetischen Chirurgie hervorrufen könnte, glaubt Dr. Devgan nicht, dass die Nachfrage nach Schönheits-OPs komplett zurückgehen wird. „Natürlich wollen Menschen in dieser Zeit Operationen vermeiden, aber die abgesagten Termine werden irgendwann nachgeholt. Mein OP-Kalender ist jetzt schon bis weit in die Zukunft komplett voll“, sagt sie.
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