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Ich habe eine Woche lang einen Stimmungsring getestet

Foto: Getty Images.
Für all diejenigen, die in den 70ern oder 90ern aufwuchsen, war der Stimmungsring so viel mehr als nur ein farbenfrohes Accessoire: Er sollte die wahren Gefühle der Person offenbaren, die ihn trug – in Form eines schlichten Farbcodes. Kein Wunder, dass der Stimmungsring extrem beliebt war.
Die meisten dieser Ringe funktionieren so: Der Stein besteht aus thermotropen Flüssigkristallen, die sich in Reaktion auf Temperaturveränderungen bewegen und verformen. Wenn sich diese Kristalle bewegen, verändert sich ihre Farbe – und laut Stimmungsring-Logik steht jede Farbe für ein unterschiedliches Gefühl.
Als Kind hatte ich diverse Stimmungsringe, muss aber gestehen, dass ich ihnen nie so richtigvertraute. Wie sollte eine einzelne Farbe die komplizierten Gefühle darstellen, die ich im Laufe des Tages empfand? Ich bezweifle, dass irgendjemand je wirklich an die Macht der Stimmungsringe geglaubt hat. Trotzdem fand ich allein die Behauptungen der Hersteller:innen damals schon echt dreist. (Ja, ich war ein komisches Kind.) Trotzdem gibt es die Dinger schon seit über 40 Jahren. Muss das nicht heißen, dass zumindest irgendwer daran glaubt? 
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Im Namen der Wissenschaft (und um mich ein bisschen mit meinen Emotionen auseinanderzusetzen, schätze ich) startete ich also ein einwöchiges Experiment, um herauszufinden, ob Stimmungsringe tatsächlich menschliche Gefühle „spüren“ können.
Die Parameter meines Tests waren ziemlich simpel: Ich würde eine Woche lang für den Großteil des Tages einen Stimmungsring tragen und die Farbveränderungen überwachen. Für meinen Ring sah die Farb-Legende so aus: Schwarz stand für Stress, Magenta-Rot für Nervosität, Orange für Unruhe, Grün für Aktivität, Türkis für Entspannung, Blau für Liebenswürdigkeit und Lila für Romantik. Schon vor dem Experiment war ich skeptisch, weil ich nicht glaube, dass sich irgendwer schon mal „liebenswürdig“ gefühlt hat, aber okay.

Wie sollte eine einzelne Farbe die komplizierten Gefühle darstellen, die ich im Laufe des Tages empfand?

Ein paar Dinge wurden mir schon innerhalb der ersten Tage klar: An einem normalen Arbeitstag am Schreibtisch änderte der Ring nicht allzu oft seine Farbe. Stattdessen blieb er meist im Türkis-Blau-Spektrum (sprich: „Entspannung“ und „Liebenswürdigkeit“) – insbesondere während meines morgendlichen Kaffees, wenn meine Hände deutlicher wärmer waren als sonst.
Manche Aktivitäten sorgten tatsächlich dafür, dass sich die Farbe änderte, allerdings mit schwankender Genauigkeit. Als ich ein Telefon-Interview führte, wurde der Ring magentafarben (ich war demnach „nervös“), und das kann schon stimmen. Er war normalerweise orange („unruhig“), wenn ich ins Büro hetzte (auch hier: durchaus plausibel). Der Ring wurde allerdings grün („aktiv“), wenn ich mir Augentropfen ins Auge träufelte – keine besonders anstrengende Aktivität. Zum „Stress“ – Schwarz – konnte ich ihn außerdem nur bewegen, indem ich ihn unter eiskaltes Wasser hielt. Selbst wenn ich wirklich total gestresst war, schien das dem Ring nicht aufzufallen.
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Gegen Ende des Experiments hatte ich es langsam satt, dauernd auf den Ring zu achten, weil ich selbst seinen „genauesten“ Einschätzungen nur so halb zustimmte. Und auf ganz oberflächlicher Ebene war er außerdem einfach nicht mein Geschmack; ich wollte ihn also loswerden.
Als das Experiment schließlich vorbei war, wusste ich immer noch nicht, wie sich „liebenswürdig“ eigentlich anfühlen soll, aber in einem Punkt war ich mir sicher: Der Ring reagierte definitiv auf dramatische Temperaturveränderungen, war gegenüber nuancierteren Gefühlsschwankungen aber total blind. Laut der Psychologin Dr. Tara Emrani ist das auch so ziemlich alles, was wir von Stimmungsringen erwarten können, weil sie nicht genügend physiologische Faktoren berücksichtigen, um auch nur ansatzweise genau zu sein. Was ein Stimmungsring aber sehr wohl immer korrekt erkennt, erklärt Dr. Emrani, ist die Temperatur deines Fingers. Das war’s dann aber auch schon.
Trotzdem stimmt die grundlegende Wissenschaft hinter dem Stimmungsring. Dr. Emrani erzählt: „Dein Bewusstsein kann sich auf deine körperlichen Gefühle auswirken – und umgekehrt. Also ja, ein Stimmungsring zeigt eindeutig echte Veränderungen deiner Körpertemperatur an, die je nach deinem Gefühlszustand schwanken kann. Er wird dir aber nie etwas über deine Gefühle verraten, was du nicht ohnehin schon weißt.“
Wenn du dich wirklich besser auf deine Emotionen besinnen möchtest, empfiehlt Dr. Emrani Achtsamkeitsübungen (um dich auf das Hier und Jetzt, Veränderungen deiner Gefühle und deren Auslöser zu konzentrieren), anstatt einen Stimmungsring zu tragen. 

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