Es gibt wenige Dinge auf dieser Welt, über die wir so wenig wissen wie über den weiblichen Orgasmus. Obwohl wir schon viele Stigmata rund um Sex und Lust entkräftet haben, hat sich die Forschung bisher vergleichsweise wenig mit sexueller Befriedigung beschäftigt. Und weil bis heute noch viele komische Repräsentationen vom weiblichen Orgasmus kursieren – sieh dir nur mal Sexszenen in Filmen und Serien an –, ist es kaum überraschend, dass wir auch heute noch einen großen „orgasm gap“ haben: Menschen mit männlichen Geschlechtsorganen kommen deutlich häufiger zum Höhepunkt als jene mit weiblichen. Bei Studie konnte sogar fast jeder zweite Mann die Position der Klitoris nicht korrekt identifizieren. Zum Glück wächst das Interesse der Wissenschaft an der weiblichen Lust immer mehr – und somit auch unser Wissen darüber. Zum Beispiel können wir den weiblichen Orgasmus inzwischen dank einer Studie der Karls-Universität in Prag in drei verschiedene Kategorien einteilen: Wellen, Lawinen und Vulkane.
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Die vom Professor für Neurowissenschaften James Pfaus geleitete Studie ergab nach der Analyse von Körpern beim Höhepunkt, dass sich die Bewegungen des Beckenbodens während der steigenden und schließlich befreiten Spannung beim Orgasmus in drei Typen unterteilen lassen. Diese Typen wurden daraufhin nach den ihnen ähnelnden Naturphänomenen benannt.
Für die Untersuchung bekamen 54 Frauen einen Bluetooth-Vibrator (namens The Lioness, „die Löwin“) zur Verfügung gestellt, der mithilfe von Sensoren die Stärke der Beckenboden-Kontraktionen ermittelte. Über mehrere Tage hinweg benutzten die Frauen den Lioness zur Masturbation, während das Gerät Daten zu ihren Muskelbewegungen beim Orgasmus sammelte. Aus diesen Daten leiteten die Forschenden dann drei Orgasmus-Kategorien ab:
Die Welle
Bei der Welle, dem häufigsten Orgasmus-Typ, erlebten die Teilnehmenden „wellenförmige oder aufeinander folgende Kontraktionen, einen Wechsel aus Spannung und Entspannung.“ Beinahe die Hälfte der Frauen erreichte einen solchen Höhepunkt.
Der Vulkan
Ein Vulkan-Orgasmus ist, wie der Name schon vermuten lässt, ein „explosiverer“ Höhepunkt als die sich gleichmäßiger aufbauende Welle. Hierbei ist der Beckenboden weniger angespannt, bevor er sich beim Orgasmus plötzlich verkrampft und wieder entspannt. Diese Art von Orgasmus stellten die Forschenden in ihren Daten am seltensten fest. Nur elf der Teilnehmenden erlebten demnach diesen Höhepunkte.
Die Lawine
Zu guter Letzt wäre da noch die Lawine, bei der der Beckenboden vor dem Orgasmus stärker angespannt ist und sich dann beim Orgasmus lockert – was allerdings nicht bedeutet, dass dieser Höhepunkt weniger intensiv wäre. 17 der Frauen erlebten diesen Orgasmus.
Pfaus hofft nach dieser Studie, dass der Lioness „wie eine Fitbit“ verwendet werden und Leuten helfen könnte, die Schwierigkeiten damit haben, zum Höhepunkt zu kommen – oder uns einfach einen tieferen Einblick darin schenken könnte, was in unseren Körpern eigentlich passiert, wenn wir Spaß haben. „Effektiv ist der Vibrator ein Instrument zum Beckenboden-Biofeedback, das Frauen durch seine Form und Funktion direkt Informationen über die Beckenbodenbewegungen vermitteln könnte, die mit ihrem Orgasmus einhergehen“, erklärt er.
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Obwohl die Studie recht klein war und dieser Themenbereich daher noch viel Forschung benötigt, betont Pfaus, dass die Wissenschaft hier nur ein kleiner Schritt ist. Schließlich ist die sexuelle Lust zu vielseitig und subjektiv, um sich auf solche Forschungsergebnisse reduzieren zu lassen, betont auch die körperliche Sexologin Stella Anna Sonnenbaum gegenüber der Cosmopolitan.
„Als Sexualpädagogin vermittle ich immer, den Körper bei der sexuellen Erregung so viel wie möglich miteinzubeziehen, sich aber nicht so stark auf die Genitalien zu konzentrieren“, sagt sie. „Es wäre oberflächlich, die Qualität von Orgasmen nur anhand von Beckenboden-Kontraktionen zu definieren.“
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