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Trend-Special 2019: 29 große Ideen für die Mode

Vier Metropolen, über 300 Shows, einige Partys und Jet Lags später präsentieren wir voller Stolz die Trends, die 2019 wirklich wichtig werden. Spoiler: Die Mode ist spannender denn je!

Wellenlinie
The Clothes
The Styling Tips
The Politics
The Buzz
The Transformations
Das Jahr 2018 wird mit Sicherheit als eines der politisch und kulturell meist aufgeladenen dieses Jahrzehnts in die Geschichte eingehen. Sich in Zeiten wie diesen für Modetrends zu interessieren, fühlt sich fast ein bisschen falsch an. Zumal das, was auf den Laufstegen in New York, London, Mailand und Paris gezeigt wird, nicht sonderlich viel mit der Lebensrealität der meisten Menschen zu tun hat. Wieso sollte sich außerhalb der Fashion-Blase irgendjemand für die neuesten Kreationen irgendeines abgedrehten Designers interessieren? Wieso schauen wir uns Bilder von Klamotten an, die erst in sechs Monaten auf dem Markt sein werden und unfassbar viel Geld kosten? Haben wir nicht alle etwas Besseres zu tun?
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Nicht unbedingt. Die gezeigten Kollektionen sollen nicht nur ästhetisch überzeugend, sondern auch zeitgemäß sein. Denn Mode ist immer auch ein Spiegel der Gesellschaft. Was wir im September in den Fashion-Hauptstädten zu Gesicht bekommen haben, ist darüber hinaus also auch ein Barometer für die aktuelle Stimmung. Schlussendlich wurde die Modewelt ihrem Ruf als kreative Alltagsflucht natürlich trotzdem noch gerecht.
Was die Frühjahr-/Sommersaison 2019, die im Herbst präsentiert wurde, so besonders macht, ist, dass die Designer*innen sich endlich den großen Fragen unserer Zeit stellen. Bei Pyer Moss liefen nur schwarze Models über den Laufsteg, die die positive Erfahrung, afroamerikanischer Herkunft zu sein, deutlich hervorhoben, Hedi Slimane versuchte für sein Design-Debut bei Celine neu zu definieren, was sexy Kleidung in Zeiten von #MeToo bedeutet. Bei Sacai wurden die Konventionen von Weiblichkeit mal schnell dekonstruiert, bei Carolina Herrera passierte das Gegenteil. Eines können wir mit Sicherheit sagen: Die Zeiten haben sich definitiv gewandelt. Mode existiert alles andere als im luftleeren Raum.
Wir schauen uns in diesem Special die neuesten Trends der aktuellen Saison an und werfen einen Blick auf die politischen, kulturellen und sozio-ökologischen Umstände, die zu diesen Strömungen geführt haben.

Die Rückkehr des praktischen Schuhs in den Style-Olymp

Wieso wir jemals Geld für Schuhe ausgegeben haben, in denen wir nicht laufen können, verstehen wir heute selber nicht mehr so richtig. Die Zeiten von wackeligen Heels und Schuhen, die du einlaufen musst, weil du sonst Blasen bekommst, sind jedenfalls definitiv vorbei. Der Alltag ist hart genug, da musst du es dir nicht noch absichtlich schwer machen. Deswegen wird seit einigen Jahren auf bequeme Schuhe gesetzt. Für die kommende Saison konnten hauptsächlich zwei Silhouetten erkannt werden, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Teva-Sandalen und Dr. Martens. Diese im konventionellen Sinne „hässlichen“ Schuhformen waren auf den Laufstegen Dauergäste. Kombiniert wurden sie auf unterschiedliche Arten: Sandy Liang schickte Models mit Socken in Tevas zu Pailettenkleidern auf den Runway, Snow Xue Gao setzte auf dekonstruierte Styles zu Docs.
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Das Huhn oder das Ei: Hat High Fashion die Bike Shorts von der Straße geklaut?

Diese Frage muss erlaubt sein: Sollten Designer*innen nicht eigentlich Sachen zeigen, die dann zu Trends werden und schließlich auf der Straße zu sehen sind? Offensichtlich haben sich die Street-Style-Stars in den letzten Jahren selbstständig gemacht und zeigen nun Teile im Alltag, die daraufhin von Fashion Labels aufgegriffen werden. Jedenfalls war das bei Bike Shorts der Fall. Denn als der Trend, der von der nicht unbedingt als Modeikone bekannten Kim Kardashian West ins Leben gerufen wurde, in der neuesten Karl-Lagerfeld-Kollektion auftauchte, war die Verwunderung nicht klein. Und Lagerfeld war nicht der einzige; verspielt ging es bei Area und Jacquemus zu, Chanel und Fendi setzten auf etwas zahmere Modelle. Eines sollte mittlerweile jedoch klar sein: Die Frage, ob Leggings als Hosen durchgehen, haben die großen Modehäuser spätestens jetzt ziemlich eindrucksvoll beantwortet. Die Leute möchten bequeme Sachen tragen und die Designer*innen richten sich nach der zahlenden Kundschaft. Es kann manchmal so einfach sein.

Eventuell solltest du jetzt endlich anfangen, stricken zu lernen

Sag deiner Oma und deiner kleinen Schwester Bescheid, die ihre Pinterest-Boards seit einigen Wochen mit Grobstrickpullovern im Scandi-Style pflastert: Du brauchst schleunigst einen handgestrickten Cardigan! Bei Dior, Alberta Ferretti und Jil Sander gab es diese Saison jede Menge Wolle zu sehen. Nach einigen Saisons, in denen nicht besonders gemütliche Textilien überwogen (man denke aber Leder oder Latex), gehen die Designer*innen jetzt wieder ein Stück weit in Richtung Handwerk. Kauf dir also schon mal ein gut riechendes Wollwaschmittel!
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Die 2000er erleben jetzt schon ein Comeback

In Zeiten, in denen die einzige Konstante der Wandel ist, ist in der Mode die einzige Garantie, dass jeder Trend irgendwann wiederkommt. Ja, wir lieben die Achtziger und Neunziger, aber Schulterpolster und Miniröcke sind, sein wir ehrlich, einfach selten ein guter Look. Dass wir allerdings jetzt auf bei Labels wie Ashish, Marta Jakubowski, Christian Cowan, LaQuan Smith und Vaquera Trends sehen, die wir gerne tief in unserer Schulzeit gelassen hätten, damit haben wir auch nicht gerechnet. Relikte aus den frühen 2000ern wie tiefe Hüfthosen, Bandana Tops und FlipFlops machen in der kommenden Saison ein Comeback. Wir setzen Paris Hilton schon mal auf Speed Dial.

Traveller-Sünden werden jetzt cool
(& wir vergessen ganz schnell Eat, Pray, Love)

Bitte kauf dir keine Haremshose mit Elefantenprint im Dritte Welt Laden. Das ist immer, immer eine ausgesprochen schlechte Idee. Nichtsdestotrotz scheint es so, als wären die Designer*innen dieses Jahr allesamt zusammen im Urlaub gewesen und mit Inspirationen zurückgekehrt, die vor Exotik nur so strotzen. Kimonogürtel, Prints und Safarihüte gehören in die Frühjahr-/Sommersaison wie Wickeltücher ins Backpackerhostel in Bangkok. Verlängere schon mal deinen Reisepass und geh mit Anna Sui, Rejina Pyo und Rosetta Getty auf Weltreise.

Hosenanzüge für alle

Für einige von uns in die Ära der Blazer-Anzughose-Uniform längst vorbei, aber werfen wir einen Blick auf Hillary Clinton und Angela Merkel wird deutlich: Was noch nie trendy war, ist schwerer totzukriegen als jede Modeströmung dieser Welt. Wie sieht der Hosenanzug 2019 also aus? Bei Christian Dior gab es Schneiderkunst am Hochreck zu bestaunen, Dries van Noten machte seine Anzüge dank seiner Stoffauswahl weiblich, Tibi zeigte Proportionen, die wohl nur als oversized zu bezeichnen sind. Und was bedeutet das auf der Meta-Ebene? Ciao, Powersuit! Designer*innen verstehen endlich, dass der Hosenanzug keine 80er-Jahre-Arbeitsuniform mehr ist, die sie fröhlich weiterhin mit Schulterpolstern schneidern können. Der Klassiker hat sich emanzipiert. Das sieht man besonders schon an den Ensembles von Emilia Wickstead oder aber an den schwarzen Anzügen bei Akris, die anstatt Konzernkantine ziemlich deutlich Cocktail Party rufen. Und was passt zu den neuen Hosenanzügen? Gemütliche flache Sandalen und Sneaker, natürlich.
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Farben, die zu hässlich sind, um wegzusehen

In den vergangenen Saisons ist die Farbe zurück auf den Runway gekommen. Ein Glück, den Schwarz kommt zwar nie aus der Mode, ist aber auf Dauer doch ein bisschen eintönig. Sanftes Millennial Pink und verspieltes Kornblumenblau sind im Frühjahr 2019 aber eindeutig passé. Die Farbpalette wird jetzt zugegebenermaßen ein wenig ungewöhnlich.
Freunde dich also schon mal mit Tönen an, um die du eigentlich einen weiten Bogen machen würdest. Von Kopf bis Fuß in Khaki: Wo ist das Problem, fragen Marine Serre, Dior, Sies Marjan, und Ports 1961. Stumpfe Grautöne, die an den Brutalismus in der Architektur erinnern, waren bei Esteban Cortazar and Miu Miu zu sehen. Und wer Lust auf intensive Brauntöne hat (bis zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich niemand), sollte sich die Kollektionen von Givenchy und Hermès nicht entgehen lassen. In 2018 waren es Ugly Sneaker, Ugly Jewelry und Ugly Sunglasses, 2019 hat die Hässlichkeit nun auch die Farbauswahl erreicht. Halten wir also fest: Farbe ist das neue Schwarz und hässlich ist das neue schön.

Die unsexy Damenhandtasche

Letzte Saison war die Barrel Bag von Staud eine der begehrtesten Taschen überhaupt. Simon Miller und Jacquemus schenkten uns darüber hinaus die unglaublich kleinen, absolut unsinnigen Mikrobags. 2019 kehren wir – Gott sei Dank – zu praktischeren Stücken zurück. Bühne frei für die unsexy Damenhandtasche: Zu gleichen Teilen Doktortasche und Aktenkoffer und dann auch noch mit einem starren Henkel versehen. Bei Valentino sahen wir ein solches Modell in türkisem, rotem, pinken und schwarzen Leder, das mit Gold kontrastiert wurde. Bei Jil Sander ging es selbstverständlich minimalistischer zu, doch auch hier war die steife Damenhandtasche das bestimmende Thema der Kollektion.
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Wer braucht schon It-Bags, wenn er extra-große Taschen auf der Kleidung hat?

Gibt es irgendetwas besseres, als ein Kleid anzuprobieren und zu merken, dass es Taschen hat? Wie wunderbar es ist, seine sieben Sachen in seiner Kleidung zu verstauen und mit freien Händen durch die Welt zu spazieren, ist wohl spätestens nach dem Bauchtaschen-Trend kein Geheimnis mehr. Carolina Herrera, A.W.A.K.E und Fendi sind nur einige der Labels, die dieses Jahr Kleidung mit Taschen auf Jacken, Röcken, Hosen, Kleidern, Mänteln und sogar Blusen designt haben, die groß genug waren, um locker ein Paar Sandalen in ihnen zu verstauen. Darüber hinaus sind diese Taschen alles andere als das kleine Geheimnis ihrer Trägerin oder ihres Trägers: bauschig, dreidimensional und ohne Rücksicht auf Verluste sind sie wie selbstverständlich an die Stücke angebracht.

Mit dem Dispo in die Disco:
Seide, Satin und Pailletten bekommen ein Update

Traditionell feminine Stoffe wie Seide, Satin und Pailletten erleben jetzt eine Generalüberholung. Designer wie Sacai, Preen und Paco Rabanne nutzen Textilien, die früher als ein bisschen zu girly und trutschig galten, und wandeln sie so lange ab, bis sie weder einem Geschlecht noch einem Anlass zugeordnet werden können. Die weibliche DNA ist konstantem Wandel unterlegen – kein Wunder, dass sich diese letzte Bastion der traditionellen Weiblichkeit in der Mode nun auch neu findet.

Der neueste Tech-Boom

Uns ist da was aufgefallen: Während Europa im Vergleich zu beispielsweise Asien weiterhin eher langsam in Sachen Tech voranschreitet, setzten für die Frühjahr-/Sommer-Kollektion 2019 erstaunlich viele europäische Designer auf Tech Tools, die sie über den Runway schickten. Am häufigsten sah man Vorrichtungen für Kopfhörer und Telefone an Taschen und Gürteln. Salvatore Ferragamo und Fendi machten keinen Hehl daraus, wofür die zusätzlichen Taschen an die Accessoires angebracht wurden: Auf die Abmessungen eines iPhones oder E-Readers angepasst, sind die Möglichkeiten hier, sagen wir mal, beschränkt. Bei Margiela gab es Rucksäcke mit iPad-Fach.
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Das Ganze ist weder ein Marketingstunt noch ein Gag, mit dem man Millenials hinterm Ofen hervorlockt. Vielmehr ist es ein Zeichen dafür, dass die Designer*innen ihre Accessoire-Linien endlich auf die Bedürfnisse ihrer Kunden abstimmen. Und wieso? Ganz einfach, weil sich mit Accessoires ein Haufen Geld verdienen lässt. Und wieso die zusätzlichen Taschen? Weil wir alle nach Wegen suchen, unseren Alltag praktischer zu gestalten. Bis zum nächsten Style-Update verabschieden wir uns also vom Fanny Pack und heißen den praktischen Gürtel willkommen. Unsere neue Fashion-Ikone ab 2019: Indiana Jones.

Zeit, blankzuziehen

Wir geben zu: Dieser Trend ist etwas für die mutig bis exhibitionistisch Veranlagten unter euch. Die Designer*innen haben sich nämlich überlegt, dass es doch eigentlich eine ganz schöne Idee wäre, die ersten Sonnenstrahlen 2019 mit nichts als einem weißen Schlüpfer unterm transparent-geblümten (Dries von Noten) oder durchsichtigen Polka-Dot-Kleid (Prada) zu begrüßen. Logo-Tangas (Calvin Klein 205W39NYC) haben weiterhin Hochsaison. Wer es richtig kontrovers mag, setzt auf ein schwarzes Ledersuspensorium über der Streberhose von Gucci. Untenrum ist die neue Outerwear, also: Dress to impress!

Extragroße … Bommel?

Es ist ein Bausch! Eine Blume! Ja, was denn eigentlich? Egal, darüber können wir uns später immer noch den Kopf zerbrechen. Fest steht: Bauschige Verschönerungen in Form von Blumen finden sich nächstes Frühjahr auf Kleidern, Blazern und Kragen wieder. Sie kommen dabei in allen möglichen Formen und Größen. Bei Marc Jacobs, Miu Miu und Molly Goddard waren extrem große, an der Kleidung befestigte Bommel keine riesige Überraschung, diese Labels haben die moderate Übertreibung quasi in der Design-DNA. Bei Sacai, wo Designer Chitose Abe die Verzierungen kleiner und eher in einem Origami-Stil designete, sahen sie eher aus wie kleine Fashion-Schwämmchen und sorgten durchaus für Aufsehen. Wer nostalgische Gefühle für die Achtziger hegt und findet, dass mehr mehr ist, wird mit diesem Trend seine helle Freude haben.
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Designer*innen bringen diverse Casts auf den Laufsteg

Haben Klamotten eine Message? Die Modebranche ist gespalten, wenn es darum geht, ob der Laufsteg die Realität abbilden sollte. Die Diskussion kreist unter anderem um die Frage, wie divers das Casting einer Fashion Show ausfallen sollte oder müsste. Zum Glück wird nicht nur geredet, sondern auch gehandelt: Seit einigen Saisons sehen wir immer mehr Menschen, die früher keine Chance gehabt hätten, Teil der Fashion Week zu sein, über den Runway laufen. Kurvige, schwarze und trans*gender Models sowie Models mit verschiedenartigen Einschränkungen haben den Laufsteg erobert. Die Casts bei Kerby Jean Raymond von Pyer Moss, Claudia Li, Marco Marco und Savage X Fenty by Rihanna bestanden komplett aus schwarzen, asiatischen oder trans*gender Models, und gerne auch mal aus allem zusammen. Der Tokenismus ist noch lange nicht tot, aber der Einfluss der diversen Casts ist deutlich zu spüren. Haben Designer*innen endlich einen Weg gefunden, um ihre Kund*innen richtig anzusprechen? Das werden wir erst in der Zukunft sehen. Solange sollten wir uns alle hinter die Ohren schreiben: Inklusion ≠ Exklusion. Es ist noch ein weiter Weg.

Alle tragen (& kollaborieren mit) Nike

Wir wissen nicht, wie lange der Streetwear-Trend bereits anhält, eines jedoch scheint gewiss: Ein Ende ist nicht in Sicht. Irgendwie logisch, dass Nike deshalb früher oder später im Fashion Month aufs Parkett treten würde. Dutzende Street Style Stars wurden in Nike gesichtet, der Swoosh war Kernelement bei Virgil Ablohs sportlich-eleganter Off-White-Show. bei Comme des Garçons gab es Dad-Sneaker von Nike, die mit Gold- und Silberketten verziert waren. Die Brand hat aber nicht nur deshalb einen Moment, weil Athleisure seit einigen Saisons trendet. Dieses Jahr hat die Marke mit der Colin Kaepernick-Kampagne für Aufsehen gesorgt.
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Accessoires geben sich nun kämpferisch

Letzte Saison fing es mit Kettenhemdenkapuzen à la Jeanne d’Arc an. Es scheint so, als seien Accessoires jetzt nicht mehr nur als Kommentar auf die weltpolitische Lage zu verstehen, sondern vielmehr als Gefährten im Nahkampf. Antonio Marras zeigte Kopfbedeckungen in Tarnmuster, mit denen man locker hinterm nächsten Busch verschwinden kann. Courrèges setzte auf Helme und Visors, die groß genug waren, dass sie locker das ganze Gesicht abdecken. Bei Rick Owen gab es tatsächlich Fackeln auf dem Laufsteg. Und was machen wir jetzt daraus? Demnächst nur noch mit Luxus-Uniform auf die Straße?

Ist es wirklich eine gute Idee, Models mit Durags zu stylen?

Menschen mit Afrohaar können bei diesem vermeintlichen Trend nur müde lächeln. Für viele von ihnen ist der Durag nämlich ein Alltagsgegenstand. Sie tragen das hauchdünne Kopftuch meistens nachts, um Frizz vorzubeugen, die natürliche Lockenstruktur zu unterstützen und das Haarwachstum nicht zu stören. In den vergangenen Saisons sah man auf den Runways jedoch auch immer mehr nicht-schwarze Models mit dem Durag. Cultural appropriation lässt grüßen. In dieser Saison herrschte daher ein kollektives Aufatmen, als bei den beiden Labels Pyer Moss und LaQuan schwarze Designer schwarze Models mit dem Kopftuch über den Laufsteg schickten. Es sei aber auch erwähnt, dass das bei Tom Ford, Max Mara, and Michael Kors nicht der Fall war. Kerby Jean-Raymond, der Designer von Pyer Moss, beschrieb seine Spring/Summer-Show folgendermaßen: „Wie sieht ein stinknormaler Samstagnachmittag-Looks aus, wenn du allein zu Hause bist? Was ist schwarze Leisure Wear?” Seine Antwort ist unter anderem der Durag.
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Die große Geste

Es waren die Tage der Anhörung von Brett Kavanaugh in Washington. Rick Owens inszenierte seine Show in Paris um einen brennenden Scheiterhaufen. Wie Freiheitsstatuen liefen Models mit brennenden Fackeln oder in besudelten Amerikaflaggen über den Runway. Als Owens seine Kollektion entwickelte, konnte er noch nicht wissen, dass die Anhörungen um den Vergewaltigungsskandal zeitgleich mit seiner Show stattfinden würden. Aber das dystopische Amerika-Portrait dass er zeichnete, hätte nicht mehr auf den Punkt sein können.

Ehemalige Designerduos schwimmen sich frei

Wie das Schicksal so spielt: 2011 traten Carly Cushnie und Chris Peters beim Modewettbewerb Vogue Fashion Fund gegeneinander an. Nun präsentierten beide bei der New York Fashion Week ihre ersten eigenen Shows mit den Labels Cushnie und CDLM. Und was passierte in der Zwischenzeit? Da machten sich die beiden als die jeweils eine Hälfte der Designer Duos Cushnie et Ochs sowie Creatures of The Wind von sich reden. Beide Solo-Kollektionen waren stark und prägnant: Unter vierzig Looks, bei denen Tragbarkeit und Vielfalt im Vordergrund standen.
Eine weitere Klassenkameradin von ihnen, Erin Beatty, trat beim selben Wettbewerb im selben Jahr zusammen mit ihrem Partner Max Osterweis und dem Label Suno an. Auch sie machte diese Saison von sich reden, denn sie heuerte beim Label Arias an. Ihren farbenfrohen Stil setzte sie in einer Linie eleganter, zeitgemäßer Kleider um.
Dass diese drei Designer*innen die Fashion Scene das erste Mal zum gleichen Zeitpunkt betraten und jetzt erneut zeitgleich neue Karrierewege einschlagen, kann kein Zufall sein. Da haben die Fashion-Götter sicherlich mitgemischt.

Der Fenty-Effekt

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Keine Geringere als Rihanna schloss die New York Fashion Week mit einem Knall. Ihre Lingerie-Show war mit Sicherheit eine der interessantesten der Saison: Kaum ein Cast war diverser. Curvy Models, die hochschwangere Slick Woods und die beiden Hadid-Schwestern waren nur einige der Frauen, die die Savage X Fenty-Linie präsentierten. Dass es aufregend wird, wenn Rihanna einlädt, wussten natürlich auch die Moderedakteure, die, extra um RiRis Kollektion in Brooklyn nicht zu verpassen, die Marc Jacobs Show verließen, noch bevor sie überhaupt angefangen hatte. (Diese hatte, das wollen wir zu Jacobs Verteidigung sagen, mit anderthalb Stunden Verspätung begonnen.) Aber genug mit dem Fashion-Week-Gossip, konzentrieren wir uns lieber auf das, was zählt: Rihannas Runwayshow feierte Frauen aller Kulturen und Körperformen. Stars können keine Designer*innen sein? Dass das nicht stimmt, sollte ja wohl langsam jeder begriffen haben.

Die Lücke, die Phoebe Philo hinterlassen hat

Nachdem bekannt wurde, dass Phoebe Philo Celine nach einer Dekade verlassen würde, saß der Schock in der Fashionwelt und auch darüber hinaus tief. Die Engländerin hatte es geschafft, sich mit ihrer einmaligen, minimalistischen Designs ihr eigenes Denkmal zu bauen. Eine supercoole Frau machte unaufgeregte Mode für supercoole Frauen, und zwar auf den Punkt. So simpel wie genial. Der zweite Schock ließ nicht lange auf sich warten: Ihr Vermächtnis sollte ausgerechnet Hedi Slimane antreten. Dieser war in der Vergangenheit mit einer sehr anderen Ästhetik in Erscheinung getreten. Superdünne Models schickte er bevorzugt in sehr schmalen Blazern und einem rockigen Look über den Runway. Von Philos Female-Gaze-Kollektionen war das so weit entfernt wie ein Fisch vom Fahrrad.
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Slimanes Debüt-Kollektion wurde dann auch durchaus kritisch aufgenommen. Waren die Celine-Kollektionen in der Vergangenheit so designt worden, dass Frauen sie tragen wollten, fühlte sich diese Kollektion schlicht gesagt nach dem Gegenteil an.
Bis Phoebe sich besinnt und zu Celine zurückkehrt (Bitte Phoebe, denk nochmal drüber nach), schauen wir uns deshalb die Kollektionen von Stella McCartney, Claire Waight Keller, Victoria Beckham und Sarah Burton an.

Mehr ist mehr

Diese Saison gab es jede Menge Designer, die das Show in Fashion Show wörtlich nahmen. Beispielsweise Ralph Lauren, der das 50jährige Bestehen seines Labels mit einem spektakulären Event feierte. Für die vielerwartete Pyer Moss-Show begab sich die Fashion-Karawane auf die weite Reise nach Weeksville, Brooklyn. In Frankreich wollte natürlich tout Paris das Celine-Debüt von Hedi Slimane sehen. Diese Events waren so heiß, dass sie niemand verpassen wollte. Bei gesteigerter Nachfrage steigt gleichzeitig die Exklusivität – wer Access zu diesen Shows bekam, kann sich definitiv zum inneren Zirkel der Szene zählen.

Der endlose Runway

Kommt es nur uns so vor, oder war der Fashion Month diesmal irgendwie länger als vier Wochen? Vielleicht lang es daran, dass immer mehr Häuser auf Quantität vor Qualität zu setzen scheinen. Nicht nur bei Chanel und Dolce & Gabbana, auch bei Celine, Balenciaga, Saint Laurent und Gucci wurden jeweils mehr als 75 Looks pro Show gezeigt. In der Kürze liegt die Würze? Gut möglich, dass die hinter den Labels stehenden Konzerne wie LVMH und Kering da anderer Meinung sind. Sie scheinen zu glauben, dass viele Teile in den Kollektionen ihrer Headliner Brands für größere Abverkaufszahlen sorgen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Rechnung aufgeht.
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Fashion-Festessen

Ob es nun gegessen wurde oder nicht, bei den diesjährigen Fashion Weeks gab es erstaunlich viel zu essen. Labels wie Brock Collection, Mansur Gavriel, Gabriela Hearst und Staud präsentierten zu ihren Shows auch noch gleichzeitig Brunch und die Gäste saßen um Tische voller Avocado Toast und Macrons herum. Das Ganze sah natürlich eigentlich viel zu schön aus, um es zu essen… Wer jemals in einem Büro gearbeitet hat, weiß jedoch, dass Snacks, die jemand einem vor die Nase stellt, selten unberührt bleiben. Selbst Fashion People können da nicht widerstehen.

Life is a Beach?
Bademode & die Verschmutzung der Meere

Was bedeutet der Strand eigentlich im Jahre 2018? Wir haben die Beach Boys und Blue Crush hinter uns gelassen. Was bleibt ist ein ganzes Ökosystem, dass im Hintergrund unserer Urlaubs-Selfies leise vor sich hin stirbt. Da helfen weder Designer - Surfboards bei Etro noch teure Bucket Hats von Calvin Klein. Die Modebranche ist nach wie vor in einem hohen Maße für die Vergiftung von Meeren und Gewässern verantwortlich zu machen. Jedes Mal, wenn du deine Kleidung wäschst, gelangt außerdem Mikroplastik ins Grundwasser. Vielleicht ist die Frage, wie diese Entwicklung aufzuhalten, dringender, als zu beantworten, ob Paisley-Muster auf Bikinis eigentlich so eine gute Idee sind.

Familienbande

Dolce & Gabbana, Pyer Moss, Eckhaus Latta und Marine Serre brachten ganze Model-Dynastien auf den Laufsteg. Vom Baby bis zur Oma war echt alles dabei. Die Message dahinter: Familien sollten zusammenhalten. Der Fakt, dass dieses Thema sowohl bei High Fashion Brands als auch bei Contemporary Labels und aufstrebenden Designern vorkam, ist kein Zufall. Vielmehr ist es ein Beweis dafür, dass auch die Modewelt heute mehr denn je auf Zusammenhalt angewiesen ist.
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Nach #MeToo: Does Sex still sell?

Balmain, Christian Cowan, Isabel Marant oder Saint Laurent unterbreiteten uns in diesem Jahr verschiedene Versionen von weiblicher Sexiness jenseits von #MeToo. Es muss nicht immer ein glitzernder Powersuit im Stil von Grace Jones sein und genauso wenig muss sich ab jetzt jede Frau verhüllen. Sind die paillettenbestickten Minikleider bei diesen Labels also noch zeitgemäß? Was die asymmetrischen Party-Looks, die wir in den Kollektionen dieser Labels sahen, so schlecht tragbar machte, war nicht, dass sie so glänzend, eng oder kurz waren. Vielmehr waren sie mehrheitlich aus Stoffen geschneidert, die so atmungsaktiv sind wie eine Frischhaltefolie. In einer Sommernacht oder beim Tanzen im Club schwitzt man diese Klamotten ziemlich sicher ziemlich stark durch. Ja, man kann in diesen Teilen tanzen, aber bitte nicht allzu wild. Es sind eher Klamotten, in denen man gut stehen kann … und hübsch aussieht. Ist das wirklich alles, was wir nächsten Sommer machen wollen?

Unsere liebsten Street-Style-Stars sind alte Bekannte

In der Modebranche herrscht mittlerweile die Meinung, dass das Phänomen Street Style zu einem Zoo verkommen ist, bei dem in erster Linie Straßenecken und Zebrastreifen von Leuten blockiert werden, die unbedingt berühmt werden wollen und dafür nicht mal vor maximal beknackten Outfits zurückschrecken. Die Frage: „Wer soll das überhaupt sein?“ musste bei diesen Gelegenheiten in den letzten Jahren einfach ein paar Mal zu häufig gestellt werden. Deswegen besannen sich die Fotografen diese Saison wieder auf den eigentlichen Kern des Street Styles: Auf Frauen und Männer, die seit Jahren mit gutem Geschmack in der Fashionscene unterwegs sind. Das sind zum Beispiel Véronique Tristram von der deutschen Glamour, die ihrer auffälligen Pilotenbrille seit Jahren die Treue hält, Lucy Chadwick, die das Layern perfektioniert hat, Tamu McPherson mit ihrem femininen, gut durchdachten Stil, Natasha Goldberg, die als Expertin für elegante Casualwear gilt und Irina Linovich, die das Spiel mit unterschiedlichen Längen beherrscht wie keine Andere.
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Mugler & Herrera: Totgesagte leben länger

Wes Gordon, der neue Designer bei Carolina Herrera, war sich seiner Sache offenbar sehr sicher. Die Brand postete auf Instagram den Spruch: „Get ready for the era of Herrera”. Wie sich herausstellte, war das keineswegs zu viel versprochen. Das Gleiche galt für Casey Cadwallader, der seit neuestem für Mugler designt. Wir könnten noch einiges sagen über die ausgefeilten Muster und die leuchtenden Farben bei ersterem sowie die gedämpften Töne und innovativen Schnitte bei letzterem. Was jedoch wirklich inspirierend ist, ist zu sehen, wie diese beiden Designer ihre Chance genutzt haben und nun zu Recht als die Zukunft der Mode gefeiert werden. In einem Zeitalter voller Kommerz, Burnouts und Designerwechseln ist es schön, Kollektionen zu sehen, die uns schon diese Saison von der nächsten träumen lassen.

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