“For-Ev-Er.” - The Sandlot, 1993
Ich halte mich in vielerlei Hinsicht für einen sehr intuitiven Menschen. Man könnte auch sagen, ich habe einen starken sechsten Sinn, denn etwas tief in mir drin sagt mir, ich bleibe nicht für immer single. Da bin ich mir ziemlich sicher, aber trotzdem ist es nun einmal mehr ein Gefühl als eine Prophezeiung (wobei man als Single-Frau, neben der Pflicht unentwegt nach der großen Liebe zu suchen, natürlich auch die Begabung besitzen sollte, die eigene Zukunft vorhersagen zu können).
Schon früher habe ich habe ich darüber geschrieben, dass ich keine Kinder haben möchte und ich glaube mittlerweile weiß die ganze Welt über meinen Beziehungsstatus Bescheid. Und doch scheint mein Leben als ledige und kinderlose Frau in der Gesellschaft viele Fragen aufzuwerfen. Eine, die mir besonders auf den Wecker geht, wird oft in Bezug auf die Zukunft gestellt: „Wer wird sich um dich kümmern, wenn du alt und grau bist?“ Puh, lasst mich mal meine Kristallkugel entstauben und eine zufrieden stellende Antwort für uns alle herauslesen, ja?
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Ich möchte zuallererst mal klar stellen, dass eine Beziehung und die Entscheidung, Kinder zu bekommen (oder nicht), nicht mit dem Wunsch nach einer kostenlosen Altenpflege einhergehen sollte. Ich mache mit meinen Dates keine Eignungstest, um herauszufinden, wie gut sie sich am Krankenbett um mich kümmern können. Und wie hoch ihre Rente irgendwann einmal ausfällt interessiert mich ehrlich gesagt auch nicht sonderlich. Tatsächlich dreht sich keiner meiner Gedanken bei der Partnersuche um das Älter werden.
Nichtsdestotrotz werde ich oft nach meinen Zukunftsplänen gefragt, als wäre ich in der Lage diese zu beantworten. „Glaubst du, du wirst für immer single sein?“ Ich weiß es verdammt nochmal nicht, vielleicht steht es ja in den Tarotkarten. „Wann wirst du wohl einen Partner finden?“ Wahrscheinlich, wenn ich schwitzend an der U-Bahnstation stehe und meine Mutter mir am Telefon ins Ohr brüllt: „WARTE MAL“, während sie darauf wartet, dass sich ihr Smartphone mit dem Bluetooth im Auto verbindet.
Aber es ist vor allem Frage nach meiner "Altersvorsorge", die mich wahnsinnig macht. Ich finde sie einfach so abfällig. Es wirkt dann immer so, als hätten sie Angst, dass ich sie zwingen will, sich um mich zu kümmern. Als wäre ich eine soziale Last, nur weil ich meine Pflegeperson nicht selbst in diese Welt gebracht habe. Als würden die Ehe und das Kinderkriegen all die Probleme des Alters einfach verschwinden lassen. Dabei ist es völlig gleichgültig ob ich null oder 20 Kinder habe – das Leben von älteren Menschen und die Krankheiten, die sie erleiden, sind für alle eine körperliche, emotionale und logistische Herausforderung. Punkt!
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Partner*innen sterben, Kinder ziehen weg und haben Jobs und eigene Familien. Das ist nun einmal der Lauf der Dinge.
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Wer wird auf mich aufpassen, wenn ich alt bin? Dieselben Leute, die sich um die Menschen kümmern, die mir diese Frage stellen: Die Ärzte und Pflegefachkräfte, die dafür bezahlt werden, oder Freiwillige, die Mahlzeiten an diejenigen ausliefern, die sich nicht selbst ernähren können. Sie kümmern sich um ältere Bürger*innen. Das weiß ich aus Erfahrung, denn schon im meiner Familie war das der Fall. Ich muss mir keine engstirnigen Fragen über mein späteres Leben gefallen lassen. Vor allem dann nicht, wenn das, was mir passieren wird, auf viele Menschen in diesem Land zutrifft. Und ich hasse es das sagen zu müssen, aber wenn du mal ein Altersheim besuchst, wirst du schnell merken, die meisten der Bewohner leben dort alleine. Partner*innen sterben, Kinder ziehen weg und haben Jobs und eigene Familien. Das ist nun einmal der Lauf der Dinge.
Dass die Familie sich im Alter um dich kümmern wird, ist – zumindest für urbane Räume im Westen – ein eher veraltetes Konzept. Fakt ist: Ein großer Teil der älteren Generation lebt nicht mit ihren Kindern, sondern in einem Heim (das ist natürlich kein allgemeines Statement, denn es gibt viele Familien, die sich um ihre älteren Mitglieder*innen fürsorglich kümmern). Und obwohl eine professionelle Altenpflege vielleicht nicht ideal ist, ist sie die medizinisch sicherste und praktischste Lösung erwiesen. Wenn, Gott behüte, meine Mutter morgen Demenz bekommen würde, hätte ich weder das Wissen noch die Ausbildung, um sie ihren neuen Ansprüchen entsprechend pflegen zu können. Ich habe jedoch die nötigen Mittel, um eine qualitativ hochwertige Pflegeeinrichtung für sie zu finden.
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Vielleicht ist der einzige Unterschied als Single, dass ich mich jetzt schon um meine Altersvorsorge kümmern muss, da das sonst niemand machen kann. Und das heißt dann auch nicht gleich, ich werde in einem Altersheim leben. Am liebsten würde ich es wie die sieben Freundinnen aus China machen und mir mit meinen Besties ein wunderschönes Haus kaufen, indem wir alle gemeinsam Leben und für einander als Renter*innen sorgen könnten. Oder vielleicht suche ich mir so ein Dorf wie Hogewey in der Nähe von Amsterdam, das eigens für Senior*innen mit Demenz und Alzheimer gebaut wurde und eine komfortable, sichere und vertraute Umgebung bietet, die Tag und Nacht überwacht wird und mit geschultem Personal ausgestattet ist.
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Ich weiß nicht, wie meine Zukunft aussehen wird. Aber die Menschen in einer Beziehung und mit Kindern kennen ihre eigentlich genauso wenig.
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Ich will nicht verbittert wirken, aber ehrlich sein. Wenn es in Ordnung ist, dass Menschen mich andauernd fragen, wer mich als ältere, kinder- und partnerlose Frau betreuen wird, kann ich ihnen ebenso gut vor Augen halten, was mit aller Wahrscheinlichkeit mit uns allen passieren wird.
Ich weiß nicht, wie meine Zukunft aussehen wird. Aber die Menschen in einer Beziehung und mit Kindern kennen ihre eigentlich genauso wenig. Was ich mit Sicherheit sagen kann, ist die Tatsache, dass ich mir bei meiner Partnersuche heute keine Gedanken um meine letzten Lebensjahre mache. Ich möchte jemanden an meiner Seite, damit ich mit ihm besondere Dinge unternehmen kann und damit er die Insekten an der Wand für mich beseitigen kann. Aus Angst vor dem Älter werden, möchte ich aber keine Beziehung haben.
Es wird mir auf irgendeine Weise schon gut gehen. Ich möchte nie etwas tun, wozu mich eine Angst motiviert hat. Ich werde niemals zulassen, dass die ungewisse Zukunft mich in eine Beziehung in der Gegenwart zwingt. Auch der Gedanke daran, später mal allein auf mich gestellt zu sein, wird mich nicht dazu verleiten, Kinder zu wollen. Das Hier und Jetzt ist zu kostbar, um von der Zukunft bestimmt zu werden. Außerdem hält eben diese Zukunft unzählige Optionen bereit, um in der Gegenwart nur eine zu wählen. Es wird Menschen geben, die sich um mein Renterinnen-Ich schon liebevoll kümmern werden, auch wenn ich mich dazu entschieden habe, mein Leben ohne Kinder zu leben.
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