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Nach der Geburt meines Kindes litt ich an Schizophrenie & Halluzinationen

Foto: Rockie Nolan.
Erzählt von Laura Barcella, protokolliert von Anna Maltby.
Mein Ehemann, James, und ich waren genau ein Jahr verheiratet, als ich mit 33 schwanger wurde. Ich war so aufgeregt. Ich bin Lehrerin und war schon immer von Kindern besessen. Als ich klein war, dachte ich immer, ich würde ganz klar eine Supermama werden.
Natürlich wusste ich, dass es Risiken bei Schwangerschaften gibt und auch meine Ärzte haben mich vor dem „Baby Blues“ gewarnt. Aber ich hatte keine Vorgeschichte mit geistigen Erkrankungen, also erwischte es mich kalt, als ich, den Tag nachdem ich unseren Sohn Isaac aus dem Krankenhaus nach Hause brachte, bemerkte, dass etwas…nicht ganz richtig war.
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Wie gesagt, ich hatte viel über Wochenbettdepressionen gehört – „Wenn du am Anfang viel weinen musst, dann ist das ganz normal,“ hatten meine Ärzte mir gesagt. Und es macht Sinn: Neue Mütter durchleben eine unglaubliche Menge an körperlichen, emotionalen, und physiologischen Veränderungen; innerhalb von Minuten ist deine ganze Identität auf den Kopf gestellt. Auf ein Mal ist da diese kleine Kreatur, die komplett von dir abhängig ist. All die Bücher und Bio-Windeln können dich nicht wirklich auf das Ausmaß von dem vorbereiten, was das bedeutet.
Ich hatte kein Problem damit, mit Isaac eine Verbindung aufzubauen – ich war vom ersten Moment an in ihn verliebt. Aber als eine Person, die von Organisation und Kontrolle besessen ist, war ich von der unendlichen Verantwortung des Mutterseins einfach erschlagen.
Und ich musste nicht einfach nur „viel weinen“. Ich konnte weder schlafen noch essen; mir war schlecht und ich war dehydriert. Ich hatte diese wahnsinnige, intensive Energie in mir, aber ich war wie paralysiert durch die Sorge um Isaacs Sicherheit. Ich ertappte mich mitten in der Nacht dabei, wie ich mich auf Naturkatastrophen vorbereitete. Freunde und Familie halfen mir zwar – und natürlich mein Mann, der ebenfalls keinen Schlaf sah –, aber ich fühlte mich trotzdem isoliert.
Meine Mutter hatte fünf Kinder und hatte trotzdem keine sonderbaren Symptome nach den Geburten. Sie bemerkte, dass irgendwas mit mir nicht stimmte, aber ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte. James war eine große Unterstützung, aber auch er merkte nicht, wie schlimm es um mich stand.
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Ich hatte meine erste Panikattacke ein paar Wochen nach der Entbindung, bei einem Arbeitsevent von James, zu dem ich ihn begleiten sollte. Aus dem nichts begann mein Herz verrückt zu spielen. Ich konnte nicht atmen. Ich fühlte mich, als würde ich sterben. Ich sagte James, er solle mich ins Krankenhaus bringen und als wir ankamen, gaben sie mir irgendwelche Flüssigkeiten und schickten uns heim.

Ich wusste nicht mehr, ob ich schlief oder wach war und fragte Leute immer wieder, ob ich wirklich wach sei.

Eine Woche später hatte ich eine weitere Panikattacke und verbrachte die Nacht in der Notaufnahme. An diesem Punkt war ich so übermüdet, dass ich die Realität nicht mehr ganz greifen konnte. Ich wusste nicht mehr, ob ich schlief oder wach war und fragte Leute immer wieder, ob ich wirklich wach sei.
Der Psychiater im Krankenhause sagt mir, dass ich schwere postpartale Dysphorie durchlebte, und dass ich Medikamente nehmen solle. Er wollte mir Zoloft verschreiben, was für stillende Mütter sicher sein soll, aber ich weigerte mich. Ich hatte Angst, ich würde die Wirkstoffe an meinen Sohn weitergeben, und auch meine Eltern rieten mir davon ab.
Etwa sechs Wochen später musste James übers Wochenende auf Geschäftsreise. Rückblickend ist klar, dass ich nicht hätte mit Isaac allein zuhause bleiben sollen, aber ich bestand darauf, dass alles okay sei. Und kaum war James weg, durchlebte ich eine heftige postpartale Psychose.
Zum einen hatte ich mich selbst überzeugt, dass mein Sohn der Messias, die Wiedergeburt von Christus, war. Ich war auch extrem paranoid und wartete nur auf eine Naturkatastrophe – ganz konkret ein Erdbeben, vielleicht, weil ich bei einer meiner Panikattacken die Erde beben spürte. Ich erklärte jedem um mich herum, wie sie sich um Isaac kümmern sollten, für den Fall, dass ich bei einem Erdbeben plötzlich starb. Ich war auch überzeugt, dass ich Geister sehen, und mit ihnen sprechen, konnte; Ich ging davon aus, dass meine tote Großmutter mit mir und Isaac im Haus war.
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An einem Punkt an diesem Wochenende nahm ich, während ich mit Isaac auf dem Rücksitz Auto fuhr, meine Kontaktlinsen raus und warf sie aus dem Fenster. Ich dachte ich wäre gerade in einem Traum und wollte mir das selbst beweisen. Ich dachte, ich könnte ja dann immer noch sehen, also musste ich ja schlafen. Es fühlte sich an, als sei ich auf einem nicht endend wollenden, wirklich schlimmen Acid Trip.
An dem Abend traf ich mich mit meiner Freundin Anna in einem Restaurant. Sie saß nur da und starrte mich mit einem Blick voller Sorge an. Ich war total weg und reagierte auf nichts, was sie sagte. Ich hatte mehr als 24 Stunden nicht mehr geschlafen und glaubte, dass jeder meine Gedanken hören kann.
Photographed by Gunnar Larson.
Als ich dann nach Hause kam, guckte ich mir Magic Mike an und dachte, dass die Augen des Hauptcharakters wie die des Teufels leuchteten. Das gruseligste an dem ganzen Wochenende war aber, dass ich mich an absolut nichts erinnern kann, was Isaac die ganze Zeit gemacht hat – ich war so in meinem eigenen Kopf gefangen, dass ich ihn nicht bemerkte. Gott sei Dank ist ihm nichts passiert.
Anna muss unseren Freunden gesagt haben, dass sie sich um mich sorgte, denn am nächsten Tag kamen alle vorbei und brachten Essen und halfen mit dem Baby aus. Eine Freundin blieb über Nacht, bis James nach Hause kam.
Ich dachte ich würde mich besser fühlen, wenn mein Mann wieder zuhause war, aber es wurde nur schlimmer. Ich begann zu denken, dass ich die Zeit kontrollieren kann. James hatte Angst und brachte mich zurück zum Arzt, der mir Zoloft und ein Anti-Psychotikum mit dem Namen Zyprexa verschrieb. Dieses Mal willigte ich ein, weil nichts anderes zu helfen schien; Ich hatte einfach zu viele Zusammenbrüche. Außerdem musste ich endlich essen und schlafen, und die Medikamente sollten mir dabei helfen. Endlich begannen die Symptome anzunehmen.
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Die Dinge normalisierten sich, aber ich hatte noch einen weiteren psychotischen Breakdown einige Monate später, als ich mit Isaac an die Ostküste flog, um Familie zu besuchen. Ich hatte auf dem fünfstündigen Flug eine Panikattacke und als ich bei meinen Eltern in New Jersey ankam, sagte ich ihnen, dass das Flugzeug abgestürzt war und ich glaubte, ich sei tot. Sie zwangen mich dort jeden Tag, eine Woche lang, zum Psychiater zu gehen. Wir hoben die Dosis der Medikamente an und zum Glück ging es vorbei. Ich setzte Zyprexa nach drei Monaten ab, nahm Zoloft aber weiter bis Isaac neun Monate alt war.
Ich fühlte mich zwar besser, aber die Angst nagte an mir. Ich wusste immer, dass ich mehr als ein Kind wollte, aber ich hatte solche Angst das alles erneut durchzumachen. James und meine Ärzte waren auch zögerlich. Glücklicherweise hatte ich keine psychologischen Probleme während meiner zweiten Schwangerschaft oder nach der Geburt meiner Tochter Natalie – außer unendlicher Liebe und Erleichterung. Ich weiß nicht genau, mit was das zusammenhängt, obwohl wir beim zweiten Mal natürlich besser vorbereitet waren: Ich hatte ein starkes Team zur Unterstützung an meiner Seite und meine Eltern lebten mit uns für die ersten fünf Wochen nach Natalies Geburt.
Ich fühle mich unglaublich glücklich, dass, trotz allem, meine postpartalen Symptome nur drei Monate anhielten und meine Familie und ich das gut überstanden haben. Aber ich wünsche mir, dass mehr Frauen über ihre Erfahrungen sprechen würden. Wochenbettdepressionen und Angstzustände sind alarmierend gängig. Postpartale Psychosen sind nicht ganz so häufig (nur rund 0,1% der Frauen sind betroffen), aber es passiert öfter als man denkt, wie ich jetzt von anderen Müttern erfahren habe.
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Letztendlich ist es so, dass Mutter werden wirklich, wirklich hart sein kann – und die psychologischen Probleme, die aufkommen können, nachdem man ein Kind bekommt, machen es noch härter. Lasst uns also nicht noch mehr Druck aufbauen, indem wir darüber schweigen.
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