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Kein sinnloses Meckern: So geht konstruktive Kritik in einer Beziehung

Foto: Nicolas Bloise
Selbst wenn in deiner Beziehung gerade alles reibungslos läuft, gibt es wahrscheinlich irgendetwas, das dich an deinem Partner oder deiner Partnerin nervt. Richtig geraten? Vielleicht ist deine bessere Hälfte immer zu spät dran, um sich mit dir zu treffen – sogar bei wichtigen Terminen. Möglicherweise macht sie sich nicht die Mühe, dir bei irgendeiner kleinen Aufgabe im Haushalt zu helfen. Die Art und Weise, wie sie seufzt, wenn du sie um einen Gefallen bittest, könnte etwas sein, das dich auf die Palme bringt. All diese Dinge sind völlig normal und können sogar gesund sein – vorausgesetzt, sie werden auf die richtige Art und Weise angesprochen.
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In einem Vortrag über Liebe im modernen Zeitalter erklärt der Autor Alain de Botton, warum es hilfreich ist, unsere Partner:innen zu kritisieren. „Eltern und Freund:innen sind weniger emotional involviert und müssen sich nicht die ganze Zeit mit dir beschäftigen“, sagt er. „Da du deiner besseren Hälfte so nahe stehst wie sonst niemandem, ist sie auch die Hauptperson, von der du immens wichtiges Feedback erhältst.“ Wenn wir ausdrücken, dass wir uns eine Verhaltensänderung vonseiten unserer Partner:innen wünschen, äußern wir diese Kritik aber selten auf eine aufbauende Art. „Wir wissen nicht, wie wir die andere Person dazu bringen können, sich anders zu verhalten. Im Allgemeinen denken wir, dass eine konstruktive Rückmeldung hinderlich für eine Beziehung sein könnte. Dabei ist aber genau das Gegenteil der Fall“, sagt er.
Es gibt ein paar Gründe, warum Menschen dazu neigen, kritisch zu sein, sagt Dr. Jessica Higgins, Beziehungscoach und Moderatorin des Beziehungspodcasts Empowered Relationship. Vielleicht haben deine Eltern, als du noch ein Kind warst, dein Verhalten ständig bemängelt. Möglicherweise bist du in einem sehr kritischen Umfeld aufgewachsen oder bist dir selbst gegenüber einfach sehr streng. „Menschen, die dazu neigen, sich etwas ängstlich zu fühlen und ein wenig beunruhigt zu sein, wissen oft nicht, wie sie mit einer solchen Situation umgehen sollen. Deshalb versuchen sie, ihre äußere Umgebung zu kontrollieren“, sagt sie. Solche Perfektionist:innen leben gemäß folgender Logik: Wenn ich dich dazu bringen könnte, dich anders zu verhalten, würde ich mich besser fühlen, erklärt die Expertin.
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Das Problem mit Kritik ist, dass wir oft das Ziel verfehlen, wann immer wir ihr Ausdruck verleihen. „Viele von uns äußern sie bei einem vagen Gefühl von Unbehagen oder Unzufriedenheit. Selten beschweren wir uns aber über die eigentliche Quelle unserer Unzufriedenheit“, sagt der Psychologieprofessor Dr. David Ludden. Wenn man sich zum Beispiel über die Art und Weise streitet, wie eine Person die Wäsche wegräumt, geht es dabei also oft nicht wirklich darum. „Man richtet seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes, weil man selbst nicht genau weiß, was einen stört“, sagt Dr. Ludden.
Wenn du Kritik also auf konstruktive Weise ausdrücken willst, damit du dir auch tatsächlich Gehör verschaffen kannst, solltest du als ersten Schritt sicherstellen, dass du über das wirkliche Problem sprichst. Verlier dich nicht in zu vielen Details, die nur vom eigentlichen Thema ablenken. Vielleicht sind es ja nicht die Socken auf dem Boden, die dich wirklich stören, sondern ein allgemeiner Mangel an Respekt für euren gemeinsamen Raum.
Es gibt auch einen großen Unterschied zwischen konstruktivem Feedback und Kritik, sagt Dr. Ludden. Konstruktives Feedback ist etwas, das du deinem Partner oder deiner Partnerin gibst, weil du dich um ihn oder sie sorgst. Du möchtest sicherstellen, dass dein Gegenüber als Person wachsen kann. Kritik ist aber nur ein Ausdruck davon, dass es etwas an deiner besseren Hälfte gibt, das du nicht magst oder von dem du dir wünschst, dass sie es ändert, sagt er. „Mit anderen Worten: Konstruktives Feedback wird um des Gegenübers willen gegeben, während Kritik egoistische Beweggründe hat“, erklärt er.
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Wir denken, dass konstruktives Feedback hinderlich für eine Beziehung sein könnte. Dabei ist aber genau das Gegenteil der Fall.

Alain de Botton
In Beziehungen wird es immer wieder Momente geben, in denen die andere Person etwas tut, das dich nicht glücklich macht. „Kritik ist jedoch selten eine effektive Methode zur Verhaltensänderung“, sagt Dr. Ludden. Wir neigen dazu, von unseren Partner:innen zu erwarten, dass sie all unsere Sehnsüchte, Unzufriedenheit und unseren Schmerz nachempfinden – und dann alles auf magische Weise in Ordnung bringen, sagt Dr. Higgins. Diese Erwartungen sind vielleicht ein bisschen zu hoch geschraubt.
Es kann ein guter Start sein, deine bessere Hälfte buchstäblich um Erlaubnis zu bitten, ihr Input zu geben. Du kannst zum Beispiel Folgendes sagen: „Mir sind einige Dinge aufgefallen“, oder „Ich habe da einige Beobachtungen, wäre es hilfreich, darüber zu sprechen?“. „Respektiere dabei, dass jemand eigene Entscheidungen trifft“, betont Dr. Higgins. „Das ist eine effektivere Herangehensweise, als jemandem das Gefühl zu vermitteln, du hättest das Sagen und es wäre deine Aufgabe, der anderen Person vor Augen zu führen, was falsch bei ihr läuft.“ Anstatt darauf hinzuweisen, was dich stört, kannst du deinem Gegenüber auf eine ruhige, unbeschwerte Weise mitteilen, was du magst, schlägt Dr. Ludden vor. „Wenn dein Partner oder deine Partnerin sehr abwehrend auf deine kritischen Kommentare reagiert, ist ein direkter Ansatz vielleicht nicht das Richtige für euch. Humor kann aber manchmal ein gutes Mittel sein, um jemanden dazu zu bringen, sich zu öffnen.“
Manchmal empfiehlt es sich auch, der anderen Person vor Augen zu führen, wie sich ihr Verhalten auf deine Gefühlswelt auswirkt. Du könntest zum Beispiel etwas sagen wie: „Es gibt mir das Gefühl, dass ich mich nicht auf dich verlassen kann, wenn du vergisst, den Müll rauszubringen.“ Auf diese Weise ist es nicht das Ziel, deine bessere Hälfte in ein schlechtes Licht zu rücken. Stattdessen kannst du sie so dazu zu bringen, deinen Schmerz wahrzunehmen und zu verstehen, wie sie dir helfen kann, sagt Dr. Higgins.
Falls du aber die Person bist, die kritisiert wird, hilft es, einfach zuzuhören. „Dem Feedback deines Gegenübers Gehör zu schenken, bedeutet nicht, dass man es hinnehmen muss. Es zeigt aber, dass du bereit bist, deinem Partner oder deiner Partnerin ein Ohr zu leihen und seine oder ihre Gefühle zu bestätigen“, meint Dr. Ludden. „Im Laufe eines solchen klärenden Gesprächs wirst du vielleicht selbst herausfinden, was dich wirklich stört.“ Wenn es bei eurer Unterhaltung um etwas geht, dass der anderen Person emotional wirklich zusetzt, solltest du auf diese Gefühle eingehen, sagt Dr. Higgins. „Sieh das Input deiner besseren Hälfte als Zeichen dafür, dass der Wurm in irgendeinem Bereich eurer Beziehung drin ist und überprüfe dann, ob das nicht vielleicht mehr mit deinem Partner oder deiner Partnerin zu tun hat als mit dir selbst“, sagt sie.
Letztendlich musst du dir deine Kämpfe aussuchen und wissen, wann Input von deiner Seite wirklich notwendig ist. „Wenn du ständig auf der anderen Person herumhackst, machst du es für sie schwierig, zu unterscheiden, welche Kritikpunkte wichtig und welche unwichtig sind“, sagt Dr. Higgins. Wenn du aber die Ratschläge der Expert:innen befolgst, wirst du mit der Zeit aber lernen, Kritik auf konstruktive Weise zu äußern. Du wirst immer besser darin werden, schwierige Gespräche mit deiner besseren Hälfte zu führen. So wird es euch auch gelingen, ernstere Themen leichter zu bewältigen. Denk außerdem daran, dass du nicht immer in der Lage sein wirst, deinen Partner oder deine Partnerin zu ändern – oder wo seine oder ihre Kleidung landet. Was du aber ohne Frage ändern kannst, ist, wie du auf dein Gegenüber reagierst.

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