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Homeoffice-Burnout zu Corona-Zeiten: Wie du dir helfen kannst

Foto: Anna Jay
Sarah* ist 31 Jahre alt und Performance Marketing Managerin – und kein Homeoffice-Neuling. Schon vor dem Beginn der Corona-Pandemie arbeitete sie einige Tage die Woche von zu Hause aus, da sie unter Endometriose und chronischer Erschöpfung leidet. Als sich im März also die halbe Welt ins Homeoffice zurückzog, fiel es ihr anfangs sehr leicht, am heimischen Schreibtisch zu arbeiten. Wie es im Jahr 2020 aber nun mal so ist, ging es irgendwann recht schnell bergab: Nachdem sie ab April für drei Monate freigestellt wurde, kehrte sie im Sommer zu ihrem normalen Tagesablauf zurück – doch der fehlende zwischenmenschliche Kontakt und die Belastung ihrer Branche durch die Pandemie haben sie inzwischen in solche Unruhe versetzt, dass sie an den meisten Tagen weint und sich überwinden muss, überhaupt noch das Haus zu verlassen.
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„Ich führe mich total verloren und verwirrt“, erzählt sie gegenüber R29. „Es ist schwer, dich selbst zu motivieren, wenn du zu Hause bist und das Gefühl hast, für deine Firma bist du nur eine Nummer, die sie ganz schnell aus ihrem Budget streichen kann. Ich suche schon nach anderen Jobs, aber der Markt ist so hart umstritten – und gleichzeitig fühle ich mich auch anderen gegenüber schuldig, die gerade gar keinen Job haben.“
Sarah ist nur eine von vielen, die sich im coronabedingten Homeoffice ausgebrannt fühlen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert ein Burnout als Syndrom, das bei chronischem, noch nicht bewältigtem Arbeitsstress entsteht, und führt es seit 2019 auch offiziell in ihrer International Classification of Diseases. Um ein Burnout diagnostiziert zu bekommen, muss der oder die Betroffene über „Erschöpfung oder Energielosigkeit“ klagen, sich „immer stärker geistig vom Job distanzieren, ihn negativ oder zynisch betrachten“ und „in der professionellen Effizienz eingeschränkt sein“. 
Dabei ist das Burnout natürlich keine neue Erscheinung, sondern war schon vor Corona längst in der Gesellschaft angekommen. Die AOK zählte 2018 rund sechs burnoutbedingte Arbeitsunfähigkeitsfälle pro 1.000 ihrer Mitglieder; das sind rund dreimal so viele wie noch zehn Jahre zuvor. Und das Jahr 2020 dürfte diesen Trend noch beschleunigen – vor allem unter denjenigen, die derzeit mehr arbeiten denn je zuvor: medizinisches Personal, von dem schon vor Corona rund jede:r Dritte kurz vorm Burnout stand. Jetzt klagen aber auch, wie Sarah, viele der Angestellten, die zu Hause an ihren Schreibtisch gefesselt sind, über Burnout-Symptome. Zwar mag es angesichts des teilweise dramatischen Alltags medizinischer Berufe seltsam erscheinen, dass auch Arbeiter:innen im sicheren Homeoffice mentale Schwierigkeiten damit haben, einfach nur bis zum Feierabend durchzuhalten. Es zeigt aber: Diese Pandemie und der damit verbundene Stress und Druck haben für uns alle schwerwiegende Konsequenzen.
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Aber woran liegt es, dass so viele jetzt ein regelrechtes Homeoffice-Burnout entwickeln? Wie im Fall der 29-jährigen Emily* hat das vor allem einen Grund: die unzulängliche Kommunikation mit ihren Kolleg:innen. Die Marketing Managerin hat zwar selbst Schritte unternommen, um ihr Burnout in den Griff zu kriegen, bekommt von ihren Vorgesetzten allerdings immer wieder Steine in den Weg gelegt. „Meine Vorgesetzten fühlen sich unter Druck gesetzt und leiten den an uns weiter. Ich habe den Eindruck, es fehlt uns extrem an Transparenz: Meine Teammitglieder sind an einem Tag noch dabei und am nächsten schon weg.“
Und wie immer wird all das nur umso anstrengender, wenn du einer Minderheit angehörst. „Ich fühle mich ausgelaugt und brauche dringend einen richtigen Urlaub, um mal so richtig abschalten zu können“, erzählt Aaliyah*, eine 29-jährige Buchhalterin. „Als nicht-weiße Frau in einer Technik-Firma ist es ohnehin schon schwer, das Management auf Probleme hinzuweisen, ohne als ‚schwierig‘ abgestempelt zu werden. Außerdem habe ich den Eindruck, dass meine Sorgen um meine geistige Gesundheit – und die meiner Kolleg:innen – auf taube Ohren stoßen. Ich kriege immer nur zu hören, alle seien ‚zu beschäftigt‘.“
Aber ganz unabhängig davon, auf welcher Stufe der geschäftlichen Nahrungskette du stehst, birgt das Burnout außerdem noch ganz individuelle Herausforderungen. Isabelle* ist 37 und Betriebsleiterin – und eigentlich dafür da, ihren Angestellten zu helfen. „In meiner Position finde ich es sehr schwer, andere um Hilfe zu bitten; schließlich werde ich dafür bezahlt, als einzige weibliche Managerin für 100 Leute da zu sein.“
Mit ihren Sorgen sind Isabelle, Aaliyah, Emily und Sarah längst nicht allein. Tatsächlich droht Corona, uns in eine gesellschaftliche psychische Krise zu stürzen. Die Kaufmännische Krankenkasse KKH verzeichnete im ersten Halbjahr 2020 rund 80 Prozent mehr Krankmeldungen wegen seelischer Leiden als im selben Zeitraum ein Jahr zuvor – und das vor allem bei Frauen, die nachweislich stärker von den Corona-Konsequenzen betroffen sind als Männer, da sie rund 75 Prozent der systemrelevanten Beschäftigten ausmachen und daheim zusätzlich häufig die Haus- und Pflegearbeit übernehmen. 
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Und auch das Homeoffice bedeutet dabei in vielen Fällen keine Entlastung. Im Gegenteil; einer Studie der Harvard Business School und der New York University zufolge arbeiten Angestellte im Homeoffice durchschnittlich täglich rund 50 Minuten länger. Zwar erspart dir das Homeoffice den Fahrtweg und verschafft dir womöglich auch eine entspanntere Arbeitsumgebung – doch fällt es vielen schwer, eine deutliche Grenze zwischen Arbeitszeit und Feierabend zu ziehen. Auch fehlt zu Hause einfach die Abwechslung des Fahrtwegs, der Mittagspause, von Besorgungen und sozialen Kontakten. „Unsere Tage werden langsam grau und trist, während unsere Gehirne vernebeln, weil wir so lange vor einem Bildschirm sitzen“, fasste schon die Psychotherapeutin Lucy Fuller gegenüber der Huffington Post zusammen. „Wir sind quasi gefangen in diesem Arbeitsalltag, ohne ein Ende in Sicht zu haben, auf das wir uns freuen könnten.“
Was kannst du also selbst gegen das drohende Burnout unternehmen? Die Psychiaterin Dr. Sarah Vohra, die auf ihrer Instagram-Seite @themindmedic therapeutische Tipps verteilt, rät dazu, ganz klare Grenzen zu setzen. Zuallererst ist es wichtig, deine Morgen- und Nachtroutine bewusst zu gestalten. „Achte darauf, dass du feste Weck- und Schlafzeiten einhältst. Das hilft deinem Körper dabei, seine innere Uhr zu regulieren“, erzählt sie. „Ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus kann sich sowohl auf die Menge als auch die Qualität deines Schlafs auswirken – das wiederum beeinflusst dann nicht bloß deinen Energiepegel, deine Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, sondern kann auch langfristig auf deinen Geist drücken und Depressionen und Unruhe begünstigen.“
Klare Routinen, ein abgegrenzter Arbeitsbereich und (ganz wichtig!) feste Arbeitszeiten verhindern außerdem, dass du entweder jede wache Stunde mit deiner Arbeit verbringst oder nur so durch den Tag schlurfst. Außerdem sorgt das dafür, dass du deine Zeit vor dem Bildschirm reduzierst und feste Pausen einhältst. Wie auch bei der Winterdepression solltest du zusätzlich darauf achten, dass du genug Sonnenlicht bekommst – davon profitiert nicht nur dein Tag-Nacht-Rhythmus, sondern auch deine Lebensqualität als Ganzes.
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Generell gilt: Übertreibe es nicht! Setze Grenzen für dich und deine Vorgesetzten. „Studien haben nachgewiesen, dass unsere Aufmerksamkeitsspanne schrumpft, je mehr Aufgaben wir uns gleichzeitig widmen wollen“, meint Sarah. „Das beeinflusst dann, wie schnell wir diese Aufgaben abschließen. Häufig geht viel Zeit dabei verloren, zwischen diesen Aufgaben zu switchen – dadurch sind wir weniger effizient und machen häufiger Fehler.“ Die Konsequenz: Das ineffizientere Arbeiten zieht den Arbeitstag in die Länge und nagt an deiner Freizeit, in der du dich erholen und frische Luft schnappen solltest. 
Die Moral von der Geschicht’ ist simpel. Lerne, die Anzeichen eines Burnouts frühzeitig zu erkennen – und lass dir selbst genug Luft zum Atmen. Denn selbst während einer globalen Pandemie solltest du dich niemals dafür schuldig fühlen, auf dich und deine Gesundheit zu achten.
*Namen wurden von der Redaktion geändert.
Wenn du selbst an einer Depression, Panik- oder Angststörung leidest oder eine Person kennst, die eventuell Hilfe brauchen könnte, kannst du die Hotline der TelefonSeelsorge unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 anrufen oder den Chat der TelefonSeelsorge nutzen.

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