Sind wir mal ehrlich: Herpes ist nicht gerade das beste Smalltalk-Thema und doch ist er der Stoff für viele (sehr schlechte und pubertäre) Witze. Besonders der Genitalherpes wird in der Popkultur oft aufgegriffen, denn in Komödien ist er ein super Running Gag. Was bei all den Witzen aber außer Acht bleibt, sind die Menschen, die ihr Leben lang mit Herpes und den Symptomen des Virus zu kämpfen haben – und das sind nicht wenige. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind weltweit rund zwei Drittel aller Menschen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren davon betroffen. Dabei ist die Krankheit besonders in Amerika, Europa und im Westpazifik vorzufinden.
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Herpes wird durch den Herpes-Simplex-Virus (HSV) verursacht. Unterschieden werden zwei Arten: Herpes-Simplex-Virus Typ 1 (HSV-1), welches meist im Gesicht auftritt, und Typ 2 (HSV-2), das für den Genitalherpes verantwortlich ist.
Beim HSV-2 sind Fieberbläschen im Genitalbereich die gängigsten Krankheitszeichen. Diese können Juckreiz verursachen oder sogar schmerzhaft sein. In manchen Fällen breiten sich die Bläschen bis zum Analbereich und den inneren Oberschenkeln aus. Außerdem kann diese Herpesart unter anderem Fieber, Kopfschmerzen, geschwollene Drüsen, Schmerzen beim Wasserlassen und Schmerzen im Genitalbereich auslösen. Besonders beim ersten Herpesausbruch können diese Symptome erscheinen. Typ 1 dagegen geht selten mit weiteren Beschwerden einher. Meist beschränkt sich der Ausbruch auf Fieberbläschen im Mundbereich. In seltenen Fällen können sich diese bis zur Nase, zum Kinn und zu den Wangen ausbreiten.
Genitalherpes ist eine sexuell übertragbare Krankheit, die beim Anal-, Oral- oder Geschlechtsverkehr vom Wirt weitergegeben wird. In einigen Fällen, wenn auch nur selten, wurden Kinder bei der Geburt von der Mutter infiziert.
Der Lippenherpes wird vor allem durch den direkten Hautkontakt mit der infizierten Stelle an die nächste Person übertragen. Offene Hautpartien oder Schleimhautgewebe, die mit dem Herpes-Virus in Kontakt kommen (zum Beispiel beim Küssen), können sich schnell infizieren. Manchmal kann auch die orale Befriedigung einer Person mit Genitalherpes zum Lippenherpes führen.
Beide Herpesarten sind zwar nicht heilbar, die Ausbrüche können aber durch antivirale Medikamente auf Dauer reduziert werden – genauso wie das Risiko, den Virus an andere Personen zu übermitteln. Auch Kondome und Oralschutztücher können die Gefahr einer Ansteckung verringern. Wenn du unter Herpes leidest, solltest du Trigger, wie beispielsweise Stress, möglichst vermeiden – welche es bei dir sind, wirst du selbst herausfinden.
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Herpes ist eine weitverbreitete Krankheit und dennoch ist er mit so vielen Vorurteilen behaftet – wie ist das möglich? Die Antwort darauf liefert die gemeinnürztige Organisation Project Accept. In einem Artikel in der Salon verweist sie auf die Marketingkampagne von Burroughs Wellcome Co. für das antivirale Medikament Zovirax. Die Kampagne, die Ende der 70er Jahre ins Leben gerufen wurde, war eine der ersten, die ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel nicht an Ärzte, sondern an die Öffentlichkeit richtete. Darin wurde der Genitalherpes als Geschlechtskrankheit definiert, was dazu führte, dass er wie jede sexuell übertragbare Krankheit stigmatisiert wurde. „Die Kampagne scheint das Stigma, das seitdem am Genitalherpes haftet, hervorgerufen zu haben“, schrieb Project Accept.
„Wir denken, nur bestimmte Menschen könnten Herpes kriegen – was auch an der fehlenden Aufklärung liegt“, erklärt uns die Sexualpädagogin Emily Depasse. „Viele von uns wurden entweder gar nicht oder wenig über Sex aufgeklärt. Selbst im Sexualunterricht, wurden Geschlechtskrankheiten eher sporadisch besprochen.“
Da ist es auch kein Wunder, dass sich viele Menschen nach einer Diagnose allein fühlen. Eine Studie aus dem Jahr 2009 bestätigt dies: 64 Prozent der befragten Teilnehmerinnen gaben an, dass sie nach der Diagnose Angst hatten und 34 Prozent entwickelten danach sogar eine klinische Depression. Die Mehrheit berichtete, dass sie sich aufgrund der Infektion schämten und besorgt waren, ihre Partner*innen anzustecken.
Ein großer Teil unserer Scham rührt also daher, dass wir nicht wissen wie man über Safer Sex redet. „Wenn wir lernen, wie man Gespräche über Safer Sex und sexuell übertragbare Krankheiten führt, ohne die vielen, vielen Menschen zu stigmatisieren, die sie haben, ist das Thema Sex in der Gesellschaft viel besser zu behandeln.“