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Ich habe mir einen Bob geschnitten & das hat nicht nur meinen Look verändert

Foto: Georgia Murray
Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich mir meine Haare in der Selbst-Isolation schnitt. Wenn du dich täglich in einem Radius von 10 Metern bewegst (Nein, ich schaue jetzt nicht auf den Schrittzähler auf meinem Smartphone. Du kannst mich nicht dazu zwingen), hast du automatisch irgendwann Lust auf Abwechslung. Auf etwas Neues. Irgendwann wirst du ruhelos und hast das Gefühl, irgendetwas verändern zu wollen. Vielleicht stellst du alle Möbel in deiner Wohnung um. Vielleicht suchst du dir ein Hobby. Vielleicht schnappst du dir aber auch die Küchenschere und schneidest dir spontan die Haare selbst.
Seit Beginn des Social Distancings haben sich ziemlich viele sich einen super trendigen Buzzcut zugelegt und sehen damit absolut badass aus. Ich weiß aber, dass mir der superkurze Haarschnitt nicht stehen würde, also habe ich mich für eine andere Frisur entschieden: für einen Bob. Und dafür gab es auch praktische Gründe. Ich lasse nämlich gerade die Dauerwelle rauswachsen, die ich mir letzten Sommer habe machen lassen (i know) und so langsam verliere ich die Geduld. Weil meine Haare so kaputt sind, dachte ich, je mehr ich von den beschädigten Stellen abschneide, desto besser. Dann sehen meine Haare schneller wieder gesund aus und fühlen sich auch besser an. Grund Nummer zwei: Ich konnte meinen alten Stufenschnitt einfach nicht mehr sehen. Dazu kommt, dass eine neue Frisur für mich schon immer mehr war, als nur eine neue Frisur.
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Foto: Georgia Murray
Georgia vor dem Haarschnitt.
Ich habe mich noch nie davor gescheut, einen neuen Style auszuprobieren. Von Schokobraun über Orangerot bis hin zu Pfirsichblond habe ich schon so gut wie jede Haarfarbe ausprobiert. Bis vor kurzem hatte ich wie gesagt eine Dauerwelle und selbst an einen Vokuhila habe ich mich schon getraut. Ich finde, Haare haben genauso viel Macht wie Kleidungsstücke. Es geht nicht nur darum, wie du aussiehst. Es geht auch darum, wie du dich durch deinen Look fühlst. In Cordschlaghose und handbestickter Bluse, fühle ich mich ein kleines bisschen wie ein Hippie, mit einem Tanktop, das meine Tattoos nicht verdeckt und einer Lederhose, wie ein Rockstar. Auch meine Frisur gibt mir die Möglichkeit, verschiedene Facetten meiner Persönlichkeit auszuleben. Ehrlich gesagt geht es mir bei der ganzen Sache nicht darum, Mode- oder Beautytrends hinterherzurennen, sondern darum, verschiedene Versionen meiner selbst ans Licht zu bringen oder auszutesten.
Foto: Georgia Murray
Abgesehen von den praktischen und spielerischen Aspekten ist der Hauptgrund, warum ich beschlossen habe, mir selbst die Haare zu schneiden, dass ich den leicht nostalgischen Charme eines Bobs liebe. Meine Mutter hat mir als ich klein war immer die Haare auf Kinnlänge geschnitten – wahrscheinlich, weil sie dachte, je kürzer meine Haare sind, desto weniger Essen landet darin. Damals habe ich meine Klassenkameradinnen beneidet, die langes Haar hatten. Aber wenn ich mir jetzt Fotos von früher anschaue, liebe ich den Schnitt. Bobs haben irgendwie aus etwas Jugendliches an sich – von ihrer unkomplizierten Natur über die Art und Weise, wie sie Wangen und Hals in Szene setzen bis hin zu der hüpfenden Bewegung, die sie machen, wenn du deinen Kopf schüttelst.
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Zu Beginn des Lockdowns habe ich Disney+ abonniert und aktuell binge ich die ganzen Klassiker der 90er. Vielleicht, weil sich mein Unterbewusstsein das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit aus Kindheitstagen zurückholen will. Und vielleicht habe ich mir genau deswegen einen Bob geschnitten. Wir leben in einer wirklich beängstigen Zeit. Es gibt sehr viele Unsicherheiten, aber eins ist sicher: Nach Corona wird das Leben nicht mehr so sein wie vorher. Wir sehen uns alle gerade nach Geborgenheit und Trost und einige suchen sich deswegen ein meditatives Hobby wie Malen nach Zahlen oder Brot backen, andere schauen sich zum achten Mal Ratatouille an. Und manche verpassen sich selbst den Haarschnitt, den sie als Kind immer hatten.
Bevor ich zur Schere griff, hatte ich aber natürlich meine Zweifel. Auf der einen Seite hatte ich Angst, am Ende wie Lord Farquaad von Shrek auszusehen. Aber auf der anderen Seite ist der Bob eine Frisur, die im Vergleich zum Vokuhila oder einem Pixie zum Beispiel, etwas mehr Spielraum bietet. Deswegen hatte ich die Hoffnung, dass ich es selbst hinbekomme, auch wenn ich keine gelernte Friseurin bin. Allerdings sehe ich mich selbst in letzter Zeit sogar öfter als vor Corona, weil bei Zoom-Calls und Houseparty-Treffen ja immer auch ein kleines Fenster mit meinem Video zu sehen ist. Du siehst: Ich war hin- und hergerissen. Aber am Ende beschloss ich trotzdem, den Schritt einfach zu wagen. Und das Gute an meinem Interesse an Haaren – na gut Besessenheit trifft’s vielleicht besser – ist, dass ich bereits Tausende von Pinterest-Boards und Instagram-Screenshots von verschiedenen Frisuren auf meinem Computer hatte.
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Foto: ABC/KOBAL/Shutterstock
Foto: Frank Trapper/Getty Images
Je länger ich mich durch die Fotos klickte, desto bewusster wurde mir, dass der Bob eine der beständigsten Haarschnitte der Geschichte sein könnte. Er florierte in den 20ern und 30ern, als die ikonischen Frauen des Jazz-Zeitalters den einzigartigen Style trugen. Sowohl die glamourösen Wellen von Josephine Baker und Bette Davis als auch der messerscharfe ‘Lulu-Bob‘ von Louise Brooks (wie ihn auch Catherine Zeta-Jones in Chicago trägt) waren einfach großartig.
In den 1960ern waren es dann die aufgebauschten Bobs von The Supremes und Aretha Franklin und in den 90ern die Grunge-Style von Winona Ryder sowie die Looks von Angela Chase (Willkommen im Leben, gespielt von Claire Danes) und Mia (Pulp Fiction, gespielt von Uma Thurman) die für Aufsehen sorgten. Und dann wäre da noch Natalie Portmans Rollen in Léon und später Closer. 2001 begeisterte Audrey Tautou in Amelie mit einem fransigen, chaotischen und gleichzeitig romantischen Bob, der fast wie selbst geschnitten aussah.
Foto: Moviestore/Shutterstock
An Vorbildern mangelte es mir also schon mal nicht.
Als ich mir dann endlich sicher war, es durchziehen zu wollen, schnappte ich mir meine Küchenschere (Ich weiß! Aber was soll ich sagen: Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen) und ging ins Badezimmer. Als erstes zog ich einen Mittelscheitel, den ich bis in den Nacken zog. Dann nahm ich mir erst die eine Seite vor und machte einen geraden Schnitt, da wo die Stufen meines alten Schnittes begannen. Das wiederholte ich dann auch auf der anderen Seite und als alle Haare (in etwa) auf einer Länge waren, nahm ich mir noch mal ein paar einzelne Strähnen von beiden Seiten vor. Ich hielt sie in die Höhe und verglich, ob sie gleich lang waren. Und das war’s dann auch schon. Jetzt muss ich mir die Haare nach dem Waschen zwar immer noch föhnen, aber das liegt hauptsächlich an den Überresten der Dauerwelle. Und ich komme hin, wenn ich mir die Haare aller drei Tage wasche und zwischendurch mit Trockenshampoo die Ansätze behandle, wenn sie fettig aussehen. Am zweiten und dritten Tag sieht mein Bob meiner Meinung nach besser aus als am ersten, weil er dann nicht mehr so gemacht aussieht, sondern natürlicher und leicht wellig.
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Es gibt viele Dinge, die ich an meinem neuen kinnlangen Schnitt liebe – wie, dass er pflegeleicht ist und es mir jetzt wieder viel mehr Spaß macht, meine Haaraccessoires zu tragen (der gepolsterte Haarreif zum Bob viel süßer aus als zu meiner vorhergehenden Frisur) –, gibt es eine “Nebenwirkung“, die mich wirklich überrascht hat: Er hilft mir dabei, mich wieder wie ich selbst zu fühlen. Noch vor ein paar Tagen viel es mir schwer, die Motivation zu finden, mich in der Selbst-Isolation anzuziehen – also richtig anzuziehen. Wie viele andere, die auch von zuhause aus arbeiten, habe ich mir eine neue Jogginghose gekauft und das, obwohl ich noch nie irgendetwas getragen habe, das in Richtung Athleisure geht. Das können dir all meine Freund*innen und Kolleg*innen bestätigen. Die Grenze zwischen Schlafzeug und Alltagskleidung verschwamm immer mehr und das ist für eine Moderedakteurin, für die ihre Garderobe normalerweise Quelle der (Experimentier-)Freude ist, als wäre ein kleiner Teil von mir gestorben. Für manche Menschen stehen der Tragekomfort und die praktischen Aspekte an erster Stelle, wenn es darum geht, ein Outfit zusammenzustellen. Doch für mich geht es auch darum, in andere Rollen zu schlüpfen und mich kreativ auszutoben.
Seit ich mir meinen Bob geschnitten habe, habe ich auch meine Schmuckschatulle wiederentdeckt. Von süßen Steckern bis aufregenden Statement-Ohrringen: Der überraschende Vorteil von kürzerem Haar ist, dass meine Ohrringe jetzt viel besser zur Geltung kommen. Jetzt freu ich mich sogar auf die nächsten Video-Konferenzen, weil ich dann meine endlich nicht mehr langweilig aussehen Ohrlöcher präsentieren kann. Außerdem habe ich einen Tag, nachdem ich mir die Haare geschnitten hatte, die Musik aufgedreht, mir ein Gläschen Wein eingeschenkt und dann all meine Klamotten durchprobiert, um zu gucken, wie sie zu meiner neuen Frisur passen. Schwarze Rollkragenpullover fühlen sich jetzt nouvelle vague an. Prairie-Dresses sehen noch bezaubernder aus. Blusen mit exzentrischem Kragen haben jetzt ihren großen Auftritt, weil sie nicht mehr von meinen Haaren verdeckt werden. Seitdem ich meine Haare geschnitten habe, hatte ich jeden Tag ein Outfit an, in dem ich wieder wie ich selbst fühle. Welche Version von mir das ist, hängt von der Tagesform ab, aber Jogginghose und Hoodie habe ich bis erst mal wieder unterm Bett verstaut.
Ich muss mich jetzt nicht mehr jeden Morgen aus dem Bett quälen und mich zu meinem improvisierten Arbeitsplatz schleppen; ich starte wieder mit mehr Energie in den neuen Tag. Gerade jetzt, wo wir alle das Gefühl haben, uns im freien Fall zu befinden, kann es sehr schwer sein, etwas zu finden, was einem ein Gefühl von Beständigkeit gibt. Etwas, an dem wir uns festhalten können und das uns ein kleines bisschen Normalität zurückgibt. Bei mir waren es ein paar Zentimeter, die einen riesengroßen Unterschied machen und mir dabei geholfen haben, wieder zu mir selbst zu finden.

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