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Zu alt für Gen Z, zu jung für Millennials – mein Leben als verwirrter „Zillennial“

Als 2021 der sogenannte „Generationenkampf“ ausbrach, fühlte ich mich wie eine hin- und hergerissene Beobachterin. Da ich 1996 geboren wurde, wird meine Identität als „Millennial“ oder „Gen Z“ oft in Frage gestellt. Obwohl ich jede einzelne Definition im Internet gelesen habe, weiß ich immer noch nicht, zu welcher Generation ich denn nun gehöre. Als eine Person, die ihre Haare sowohl seitlich als auch in der Mitte scheitelt, bin ich mir nicht sicher, wen ich als meine Zeitgenossen:innen bezeichnen soll. Die Tatsache, dass sich die Spannungen zwischen diesen beiden Generationen verschärfen, macht diese Aufgabe nur noch schwieriger.
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Vielleicht fragst du dich, warum ich überhaupt herausfinden will, welcher Gruppe ich angehöre. Das liegt daran, dass dir im Internet ständig vermittelt wird, wie wichtig es ist, deinen „Tribe“, also deinen virtuellen Stamm oder eine Art kollektive Identität, zu haben. Da ich noch weiß, wie es war, Filme aus der Videothek auszuleihen, fällt es mir oft leicht, mich mit Millennials zu identifizieren. In dem Moment, in dem sie aber anfangen, über die Auswahl ihrer Top-Acht auf Myspace zu sprechen, fühle ich mich völlig verloren. Andererseits nutzt Gen Z Technologie auf die gleiche Weise wie ich – sobald ich aber anfange, davon zu sprechen, wie ich früher Songtexte als MSN-Statuse verwendete, schauen mich alle völlig verwirrt an.
Wie sich herausstellt, hat dieses Niemandsland zwischen diesen beiden Generationen des Internets einen ganz eigenen Namen: „Zillennials“. Diese sind in der Übergangszeit von analog auf digital aufgewachsen. Damit sind sie ein Produkt einer sich verändernden Welt und erleben Altes und Neues in schneller Abfolge. Urban Dictionary definiert Zillennials als eine „Mikro-Generation“ von Menschen, die zwischen 1993 und 1998 geboren wurden, die „zu jung sind, um sich als Millennial, aber zu alt, um sich als Gen Z bezeichnen zu können. Dabei handelt es sich um Kinder der 2000er Jahre, die im Jahrzehnt darauf zu Erwachsenen wurden.“
Das, was Zillennials auszumachen scheint, ist eine ständige Identitätskrise. Einer Reihe von Reddit-Foren zufolge sei der entscheidende Faktor dafür, ob du dich als Zillenial bezeichnen kannst, ob du dich noch an die Terroranschläge am 9.11.2001 erinnern kannst oder sie miterlebt hast. Während Millennials alt genug waren, um dieses Ereignisses in seinem vollen Ausmaß zu begreifen, waren Angehörige der Gen Z vielleicht noch nicht einmal auf der Welt. Zillennials hingegen haben aber mit Wahrscheinlichkeit noch Erinnerungen an diesen Tag – wenn auch verschwommene. Aufgrund von Unterschieden wie diesem macht es Sinn, sie als eine eigenständige Gruppe zusammenzufassen.
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Ein weiteres verräterisches Merkmal meiner Mikro-Generation sind die Geräte, mit denen meine Zeitgenoss:innen und ich aufgewachsen sind. Während Gen Z als „Digital Natives“ bekannt sind, weil sie praktisch mit iPads großgeworden sind, erinnern sich Millennials gerne an ihre Tage mit ziegelsteinartigen Handys – beides Erfahrungen, die uns Zillennials fremd sind. Das erste Mobiltelefon, das ich hatte, war klein, leicht und aufklappbar. In der Unterstufe verbrachten wir die Abende in sozialen Netzwerken, an einem Schreibtischcomputer, den sich alle Familienmitglieder miteinander teilten. In der Oberstufe verbrachten wir dann unsere Nächte damit, durch Snapchat zu scrollen. Mit den technologischen Weiterentwicklungen und den Veränderungen in den sozialen Medien damals mitzuhalten, war kein Kinderspiel.
Zillennials erlebten die gleiche rasante Crossover-Phase in der Popkultur und wechselten unter anderem von Harry Potter zu The Hunger Games. Wir waren in der glücklichen Lage, das Beste von dem zu genießen, was Millennials hatten, während sie den Grundstein für die Stars der Gen Z von heute, die in den sozialen Medien zu Ruhm und Ehre gelangten, legten. Bevor es Influencer:innen gab, wohnten wir alle dem Aufstieg der YouTube-„Vlogger:innen“ bei, der ohne uns undenkbar wäre. Unser Erwachsenwerden wurde durch Tumblr-Fan-Communitys und jedes einzelne Popsternchen verkörpert, das einen Gruppennamen für seine Legion von Anhänger:innen hatte (Meine lieben Mit-Beliebers, ich denke, dass jetzt vielleicht die Zeit gekommen ist, damit anzufangen, Augencreme zu benutzen).
Und die Mode-Trends aus dieser Zeit erst: Viele davon erleben gerade ein Comeback. Manche Styles von damals sind aber definitiv besser in der Vergangenheit aufgehoben. Was auch typisch für diese Ära war, waren die ständigen „Da muss man dabei gewesen sein“-Memes mit Aufnahmen, die längst vergessene virale Challenges wie den „Harlem Shake“ und die Anfangstage von „Planking“ zeigen. Außerdem gab es da die nicht enden wollenden Tweets, die einschneidende popkulturelle Momente verewigten: Dank Twitter erinnern wir uns alle noch sehr gut an den Augenblick, als Miley Cyrus mit einer Bong erwischt wurde. Ach, und die Technologie zu jener Zeit: Bilder mit tragbaren DVD-Playern wecken Erinnerungen und machen nostalgisch.
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In dieser Übergangszeit aufgewachsen zu sein, kann manchmal ganz schön verwirrend sein. Wir Zillennials fühlen oft den Druck, älter wirken zu müssen, wenn wir mit Millennials sprechen, und geben uns oft jünger, wenn wir uns z.B. mit Verwandten, die der Gen Z angehören, unterhalten. „Wenn Millennials den Internet-Einwahlton erwähnen, lache ich zwar immer mit, erinnere mich aber definitiv nicht daran“, erzählt die 25-jährige Anwältin Naomi. Genauso ergeht es ihr aber auch mit der Gen Z. „Ich hatte einmal eine ganze Unterhaltung mit einem Zoomer über Schleim und wie Leute ihn in ihren Videos nicht richtig ‚benutzen‘ würden – eine schräge Unterhaltung.“ Die kulturelle Kluft lässt auch die 24-jährige Tänzerin Ruby ratlos zurück: „Ich kann bei Gesprächen über Friends nicht mitreden, aber ich verstehe auch nicht, warum Gen Z keine richtigen Nachrichten verschicken kann. Warum um alles in der Welt kommunizieren sie via Snapchat, wenn WhatsApp doch so viel einfacher ist?!“
Es ist erfreulich zu wissen, dass es andere Mittzwanziger gibt, denen es genauso ergeht wie mir. Da wir Zillennials zu alt sind, um zu verstehen, warum Augenringe derzeit trendy sind, und zu jung, um uns an LimeWire erinnern zu können, sind wir eine 50/50-Mischung aus den späten 90er-Jahren und der Internet-Revolution. Aus diesem Grund verstehen wir die Perspektive beider Gruppen auf einzigartige Weise. Als jemand, der eine 36-jährige Schwester und eine 18-jährige Nichte hat, habe ich meine Finger in allen drei Ären.
Während sich die Kindheit von Millennials durch Discmans und die der Gen Z durch iPhones auszeichnet, sind es im Falle von Zillennials bescheidene und schnell in Vergessenheit geratene MP3-Player: eine Erfindung aus der Übergangszeit zwischen beiden Welten. Zwischen den Leuten, die Facebook zu ihrem Erfolg verholfen hat, und der Jugend, die TikTok populär gemacht hat, fühlen wir Zillennials uns auf Instagram am wohlsten. Diese App erlaubt es uns, uns mit Inhalten von sowohl älteren als auch von jüngeren Leuten, mit denen wir uns halbwegs identifizieren können, zu beschäftigen. Wir sind in der Lage, das Beste aus beiden Welten zu genießen und uns von verrückten Trends und Challenges gleichermaßen zu distanzieren.
Nachdem ich jahrelang nicht wusste, welcher Gruppe ich nun meine Treue schwören sollte, betrachte ich das neutrale Territorium, in dem ich mich befinde, nun als einen Segen und nicht mehr so sehr als einen Fluch. Immerhin kann ich den Generationenkampf so ungeniert am Rand des Geschehens beobachten.

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