„Unser erstes Date dauerte sieben Stunden“, erzählt mir die 37-jährige Haifa. „Es war ein wunderschöner Frühlingstag und wir spazierten am Fluss entlang, machten bei einer Bar Halt für einen Drink in der Sonne und hatten dann Pasta in einem Restaurant. Wir sprachen über unsere Träume, unsere Erfahrungen mit dem Daten und unsere gemeinsame Liebe zu Burrata“, fügt sie hinzu. Auch wenn sich das vielleicht wie der perfekte Beginn einer neuen romantischen Beziehung anhören mag, verbrachte Haifa diesen Nachmittag nicht mit einem:einer potenziellen Partner:in, sondern mit einer möglicherweise neuen Freundin.
Haifa gehört zu der wachsenden Anzahl von Frauen, die ihren Freundeskreis per Freundschafts-Apps ausbauen möchten. Während Online-Dating mittlerweile allgegenwärtig geworden ist (fast ein Drittel aller Beziehungen beginnt mittlerweile online), wird die Nutzung digitaler Plattformen, um neue Freund:innen zu finden, ebenfalls immer beliebter. Diese Entwicklung hat sich durch die Pandemie beschleunigt, da diese es schwieriger denn je macht, neue Leute kennenzulernen. Freundschafts-Apps wie Bumble BFF, Friender und Peanut funktionieren ähnlich wie traditionelle Dating-Apps wie Tinder und Hinge. Du swipst dich durch verschiedene Profile potenzieller Kontakte, beginnst Unterhaltungen und triffst dich offline, wenn alles wie am Schnürchen läuft. Neue Freund:innen nach der Schul- oder Unizeit zu finden, kann schwierig sein – besonders wenn du an einen neuen Ort ziehst oder sich das Leben deiner bestehenden Freund:innen in andere Richtungen entwickelt. Für solche Situation sollen diese Apps eine mögliche Lösung bieten. Halten sie aber auch tatsächlich das, was sie versprechen? Wir sind dieser Frage nachgegangen.
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Diese Apps sind keine Neuheit: Peanut gibt es seit 2017 und Bumble BFF seit 2016. Lange Zeit kam es vielen Menschen aber etwas „seltsam“ vor, jemanden zu einer freundschaftlichen Verabredung einzuladen; hör dir nur einmal diese unheimlich peinliche Geschichte zweier Männer in einer der Podcast-Folgen von This American Life an, die versuchen, durch platonische Dates Freundschaften zu knüpfen. Wie bei so vielem anderen scheinen sich soziale Normen im Laufe des vergangenen Jahres aber maßgeblich verändert zu haben – zum Glück.
Haifa lernte Janette auf Bumble BFF kennen, einer Alternativfunktion der beliebten Dating-App. „Ich bin in eine neue Gegend meiner Heimatstadt gezogen und wollte dort neue Leute kennenlernen. Weil es die Corona-Regeln so schwierig machten, das offline zu tun, stellte sich die App als meine Rettung in dieser Situation heraus. Janette suchte dasselbe“, erklärt sie. „Das Ganze fing an, sich normal anzufühlen, sobald wir darüber gesprochen hatten, was wir uns von Bumble BFF erwarteten. Gespräche über Gefühle und Ziele, die wir teilten, brachten uns einander näher“, fügt sie hinzu.
Pao, 28, machte eine ähnliche Erfahrung, als sie vor fünf Jahren umzog. „Ich war neu in der Stadt und fand es schwierig, neue Leute kennenzulernen“, erzählt sie. Ähnlich wie beim klassischen Online-Dating können auch Freundschafts-Apps zum Zahlenspiel werden. „Ich hatte viele Verabredungen. Wir gingen spazieren, Eis essen oder auf einen Kaffee. Einige Treffen waren ein bisschen unangenehm, andere liefen richtig gut. Mit der Zeit unternahm ich Tagesausflüge und Wanderungen auf dem Land mit denjenigen, bei denen es Klick gemacht hatte“, erklärt sie. Zwei dieser Verbindungen entwickelten sich zu Freundschaften, die sich bis heute gehalten haben. „Es ist jetzt Jahre her, dass ich meine Freund:innen per Bumble BFF fand. Ich vergesse oft, dass wir uns per App kennengelernt haben“, fügt sie hinzu.
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Wenn du neue Freund:innen suchst, wurde dir bestimmt schon oft dazu geraten, einem Sportteam beizutreten oder dich für irgendwelche Kurse anzumelden. Freundschafts-Apps füllen die Lücke und ermöglichen es dir, neue Freundschaften zu schließen. „Ich fand es schwierig, neue Leute kennenzulernen, da ich nicht so viele Hobbys habe und ziemlich oft umgezogen bin“, verrät mir die 26-jährige Eniye. Auf Bumble BFF begann Eniye Gespräche mit Menschen, die ähnliche Interessen wie sie hatten. „Ich entwickelte einen Draht zu einer Frau, weil wir beide eine Instagram-Seite rund ums Thema Essen gestartet hatten, als wir in unseren eigenen vier Wänden eingeschlossen waren. Unser erstes Date war ein Picknick“, erzählt sie. Diese Freundschaft entwickelte sich zwar weiter, aber nicht alle Erfahrungen waren so positiv. „Eine potenzielle Freundin ghostete mich irgendwann. Ich dachte, wir hätten uns gut miteinander verstanden, aber ich habe nie wieder etwas von ihr gehört“, erklärte Eniye. „Ich spielte das Treffen in meinem Kopf immer wieder durch und versuchte herauszufinden, was schief gelaufen war“, fügt sie hinzu.
Für frischgebackene Mütter können Freundschafts-Apps von unschätzbarem Wert sein. Maria, 28, begann Peanut zu nutzen, als sie im dritten Monat schwanger war. Keine:r ihrer Freund:innen war damals in einer ähnlichen Situation. Außerdem musste sie wegen des Lockdowns zu Hause bleiben. Am Anfang war sie etwas vorsichtig: „Ich habe noch nie eine solche App benutzt, also war ich unsicher, wie das Ganze laufen würde. Würde ich gleichgesinnte Leute treffen? War es sicher? Wer würde meine Daten lesen können und waren sie privat?“ Jetzt, da sie ein acht Monate altes Baby hat, ist Maria dankbar für die Freundschaften, die sie während der Pandemie geschlossen hat. „Da meine Freund:innen und Familienmitglieder weniger als sonst reisten durften, war es ein Segen, Freund:innen zu haben, die bloß fünf Minuten entfernt wohnten. Als alles geschlossen war, trafen wir uns draußen zum Spazierengehen und Kaffeetrinken. Jetzt sind einige der Freundschaften sogar so eng, dass wir uns zum Spielen und Schwimmen treffen. Ich glaube, dass einige von ihnen ein Leben lang halten werden.“
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Hannah, 37, hatte ähnlichen Erfolg mit einer Freundschafts-App namens Mush, die speziell für Frauen gedacht ist. „Zu meiner Freundin Sam hatte ich sofort einen Draht. Es war so einfach, mit ihr zu reden. Als wir uns zum ersten Mal trafen, fühlte sich die Verbindung zwischen uns wie echte Freundschaft an“, erklärt Hannah. Die beiden Frauen haben sich gegenseitig während ihrer neuen Mutterschaft und zweiten Schwangerschaften unterstützt. „Wir blieben über WhatsApp in Kontakt und besuchten uns gegenseitig zu Hause. Vor Corona gingen wir mit den Kindern zum Spielplatz. Als mein zweites Baby zur Welt kam, brachte sie mir selbstgemachte Pfannkuchen und eine selbstgestrickte Babymütze. Ich schätze mich wirklich glücklich, sie als Freundin zu haben.“
Diese Apps können aber auch deine Karriere ankurbeln und dir neue berufliche Kontakte bescheren. Restless Network, eine App für Frauen, ermöglicht es ihnen, sich über verschiedene Themen auszutauschen. Außerdem gibt es da noch Bumblebizz, eine Plattform, auf der sich User ein berufliches Netzwerk aufbauen können und mit anderen, die in einem ähnlichen Berufsfeld tätig sind, in Kontakt treten können. Amy, 34, eine Marketing-Managerin, trat mit der Hoffnung bei, Freund:innen und berufliche Verbindungen zu finden, die ihr Unterstützung bieten und Ratschläge geben könnten. „Ein Post einer Frau, die Hilfe beim Berufswechsel suchte, fiel mir irgendwann ins Auge. Das ist ein Thema, mit dem ich Erfahrung habe, also bot ich meine Hilfe an. Wir kamen via DMs ins Gespräch, dann kommunizierten wir via E-Mail und trafen uns irgendwann auf einen Kaffee“, erklärt Amy. „Bei diesem Treffen unterhielten wir uns über unsere Arbeit und unsere Leben im Allgemeinen. Ich las mir ihren Lebenslauf durch und sie half mir beim Verfassen von Werbetexten. Im letzten Jahr war es schwer, uns zu treffen, aber wir sind in Kontakt geblieben und halten uns gegenseitig auf dem Laufenden“, fügt sie hinzu.
Amy hat einige gute Ratschläge für andere Frauen, die solchen Freundschafts-Apps gern einmal eine Chance geben wollen: „Du musst deine vergangenen Online-Erfahrungen beiseiteschieben – vor allem, wenn du schon einmal online gedatet hast. Sobald du gleichgesinnte Leute triffst, die dich unterstützen, wirst du dich daran erinnern, dass es gute Menschen auf dieser Welt gibt, die durch ähnliche Werte angetrieben werden, einander beistehen und sich gegenseitig helfen.“
„Ich würde die Anzahl der Personen, mit denen du dich unterhältst, begrenzen, damit du dich am Ende nicht überwältigt fühlst und Zeit und Energie hast, um eine gute Verbindung zu den Leuten aufzubauen“, empfahl Eniye. „Vereinbart ein erstes Treffen, das zwanglos und kurz angesetzt ist, aber auch verlängert werden kann, sollte alles gut laufen. Ich empfehle einen Nachmittagsspaziergang oder Kaffee“, schlug Haifa vor. Das Wichtigste: Denk daran, dass es viele Leute da draußen gibt, mit denen du dich wahrscheinlich gut verstehen wirst. „Gib nicht auf, wenn es mal nicht klappen sollte“, sagte Pao. „Früher oder später wirst du jemanden kennenlernen, bei dem:der es Klick macht, versprochen.“
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