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Woher weißt du, ob du asexuell bist?

Foto: Brayden Olson
Als Michael Doré in der Mittelschule war, begann er, zu bemerken, dass er anders war als seine Mitschüler:innen. Die Jungs in seiner Klasse waren plötzlich an Mädchen interessiert und sprachen über sie als potenzielle Freundinnen, die sie küssen und mit denen sie schlafen wollten. Bei Doré war das aber nicht so. Obwohl er seine Beziehungen zu ihnen schätzte, waren sie für ihn nie als mehr als bloß Freundinnen. Vielleicht vermutest du jetzt, dass er homosexuell ist. Schließlich finden viele Männer heraus, dass sie schwul sind, weil sie feststellen, dass sie sich nicht zu Frauen hingezogen fühlen. Das war bei Doré aber nicht der Fall. Er fühlte sich zu Männern nämlich genauso wenig sexuell hingezogen. Er verspürte also weder Frauen noch Männern gegenüber eine sexuelle Anziehungskraft.
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Schließlich wurde Doré bewusst, dass er asexuell ist (er ist jetzt ein Teil des Projektteams der Internet-Plattform Asexual Visibility and Education Network, kurz AVEN) und dass es da draußen eine ganze Community gibt, die seine Asexualität teilt. Asexuelle Menschen haben häufig eine ähnliche Geschichte wie er. Viele davon fangen an, sich selbst infrage zu stellen, weil sie das Gefühl haben, nicht dazuzugehören. Einige asexuelle Menschen haben aber durchaus Sex und sind ihm nicht völlig abgeneigt. Oft fühlen sie aber keine Verbindung zum Sex, wären genauso zufrieden, wenn sie keinen Sex hätten, es ist ihnen egal, ob sie Sex haben oder nicht, oder sie haben nur Sex, um ihre Partner:innen zufriedenzustellen. Dann wiederum gibt es asexuelle Personen, die überhaupt nichts mit Sex zu tun haben wollen.
Alle diese Leute könnten sich als asexuell bezeichnen. „Asexualität solltest du dir als ein Spektrum vorstellen; diese Angelegenheit ist nicht schwarz oder weiß“, sagt Doré. So, wie es viele Nuancen zwischen hetero- und homosexuell gibt, gibt es eine ganze Palette von Identitäten zwischen asexuell und sexuell. Manche asexuelle Menschen bezeichnen sich selbst als „grau-asexuell“ oder „demisexuell“, weil sie sich in einem Zwischenbereich befinden. Menschen, die sich als grau-asexuell bezeichnen, können eine sehr geringe Libido haben oder fühlen sich nur unter besonderen Umständen sexuell zu jemandem hingezogen, z. B., wenn sie eine emotionale Bindung zu jemandem aufgebaut haben oder in einer Beziehung sind.
Das alles bedeutet jedoch nicht, dass du dich als asexuell zu identifizieren brauchst. Genauso wenig bedeutet die Verwendung dieses Labels, dass du dich auf eine bestimmte Weise fühlen musst. „Viele Menschen haben das Gefühl, dass sie diesen Bezeichnungen gerecht werden und alle Definitionskästchen abhaken müssen, um sich als ‚asexuell‘ bezeichnen zu können“, sagt er. Anstatt sich auf strenge Definitionen zu versteifen, sollte, so Doré, jede Person, die das Gefühl hat, dass „asexuell“ seine oder ihre Erfahrungswelt beschreibt, diesen Begriff verwenden können. „Diese Labels sind dazu da, uns dabei zu helfen, uns selbst zu verstehen, und nicht, um uns vorzuschreiben, was wir zu fühlen und wie wir zu sein haben“, sagt er.
Das Einzige, was Plattformen wie AVEN von Asexualität zu unterscheiden versuchen, ist das Zölibat. Im Gegensatz dazu ist Asexualität nämlich keine Entscheidung, sondern eine sexuelle Orientierung. „Bei Asexualität als sexueller Orientierung geht es darum, zu wem sich eine Person hingezogen fühlt, und nicht darum, welche moralischen Werte sie hat“, sagt Doré. Auch wenn sich manche Menschen für die Ehe aufsparen oder aus anderen Gründen auf Sex verzichten, sind sie deshalb nicht asexuell (solange sie sexuelle Anziehungskraft verspüren können).
Genauso, wie es völlig okay ist, keinen Sex zu haben, ist es auch absolut in Ordnung, asexuell zu sein. Es braucht dir auch nicht unangenehm zu sein, wenn du dich während eines bestimmten Abschnitts deines Lebens als ‚asexuell‘ bezeichnest und dich dann später vielleicht lieber als etwas anderes identifizieren möchtest. Immerhin ist das Leben keine Konstante. Das kann genauso auch im Bezug auf unsere Sexualität zutreffen. Obwohl die meisten Menschen zwar ihr gesamtes Leben asexuell bleiben, kann sich das bei manchen anderen sehr wohl ändern. „Es ist nicht so, dass du dich für das ganze Leben bindest, wenn du dich als ‚asexuell‘ bezeichnest“, sagt Doré. „Verwende den Begriff ‚asexuell‘ so lange, wie er für dich von Nutzen ist.“

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