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Warum ich während meiner Periode nicht arbeite & wie das mein Leben verbessert

Collage: Anna Sudit
Alle reden über den weiblichen Zyklus, sogar Minister und Arbeitgeber. In Italien wird derzeit ein Gesetzesentwurf diskutiert, der Frauen drei freie Tage pro Monat bei starken PMS-Schmerzen zugesteht. (In Indien und Indonesien übrigens seit 1947 bzw. 1948 Realität). Doch was soll das bringen? Ich probiere es aus. Seit einem halben Jahr arbeite ich während meiner Periode nicht. Erstaunlicherweise hat sich mein Leben dadurch deutlich verbessert.
Ich nehme mir am ersten Tag der Tage nichts vor. Sage Termine ab und schalte mein Handy aus. Mein Mann wundert sich zwar, aber meine Freundin, die zu einer großen Geburtstagsfeier geladen hat, akzeptiert meine Absage. Tatsächlich hätte ich eh nicht kommen können, denn ein Migräneanfall zwingt mich in die Knie. Diesmal nehme ich keine Tabletten, sondern lege mich einfach hin. „Menstruation ist anstrengend und kraftraubend“, erklärt Petra Bentz. Die Diplompädagogin am Frauen Feministischen Gesundheitszentrum (FFGZ) in Berlin-Schöneberg berät seit 1985 im Bereich Menstruation, Myomen und Beckenboden.
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Sie sagt: „Man merkt die Anstrengung für den Körper daran, dass man keinen Hunger während der Regel hat.“ Eigentlich gut, denke ich nach den Heißhunger-Attacken der letzten Woche. Bentz stoppt meine Überlegung. „Der Körper hat vor der Menstruation einen erhöhten Energiebedarf“, so Bentz, „wirklich zunehmen, tut man daher in der Zeit nicht.“ Das ungute Körpergefühl käme eher durch die Wassereinlagerungen. Sie rät zu salzarmer Ernährung, dem Vermeiden von Alkohol und ein Bad mit einer Handvoll Kochsalz rege den Gewebehaushalt an und man verlöre das eingelagerte Wasser leichter.
Tatsächlich habe ich während meiner Tage wenig Appetit, fühle mich erschöpft und mein Kopf ist wie im Nebel. Mein Körper ist kraftlos, mein Beckenboden zieht und schmerzt, so dass ich weder joggen noch lange gehen kann. Ich nehme warme Bäder, schaue erbauliche Ted-Talks und nach zwei Tagen Ruhe geht es wieder aufwärts. Ich freue mich geradezu auf die Arbeit, bin energiegeladen und voller neuer Ideen für meinen Job. Die ersten beiden Wochen arbeite ich kraftvoll, doch nach dem Eisprung werde ich müde, launisch und habe ein Tief.
„Der Zyklus gibt den Rhythmus vor“, erklärt Bentz. In der ersten Phase (vom Ende der Regel bis zum Eisprung) ist man fit, leistungsfähig und gut gelaunt: „Man schwimmt auf der Welle oben.“ Danach geht es aber ziemlich bergab. Der Körper ist mit sich beschäftigt, die Energie geht mehr und mehr in die Gebärmutter. Gerade in der zweiten Zyklushälfte sind Frauen launischer, dünnhäutiger und neigen dazu, viel stärker Grenzen zu ziehen. „Es ist doch gut, wenn man mal sagt, dass einen etwas nervt, oder man sich rausnimmt, etwas saublöd zu finden“, sagt Bentz. Die zweite Zyklushälfte solle man sich als Korrektiv zunutze machen.
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Das kenne ich. Als ich meinen Zyklus noch nicht so gut verstanden habe, habe ich mich für meine Gereiztheit am Zyklusende geschämt und über meine Leistungsschwäche geschimpft. Ich wollte jeden Tag gleich stark sein und gut gelaunt sein. Ich habe Energy Drinks getrunken, um fit zu sein, Schmerztabletten genommen und mich zum Yoga gezwungen. „Der Zyklus passt nicht in die heutige Leistungsgesellschaft, wo alle funktionieren und jeden Tag gleich sein wollen“, sagt Bentz. Viele Frauen empfinden ihren Zyklus und die monatliche Blutung als lästig. „Die Menstruation wird nicht als Wunder wahrgenommen, das mit der Gabe Leben zu schenken zusammenhängt, sondern als Last.“
Ihre Utopie: „Frauen leisten in der der ersten Zyklushälfte sowieso mehr als Männer, sie könnten sich also locker zwei Tage frei nehmen während der Tage“, sagt sie lachend. Ich finde die Idee tatsächlich verlockend. Doch wie schwer es ist, sie umzusetzen, merke ich schnell. Das Feedback meiner Freundinnen über meine Ruhephase während der Menstruation ist mit großer Verwunderung noch freundlich beschrieben. Ihre Reaktion: „Das kann ich mir nicht leisten“, oder: „Was ist das für ein Blödsinn!“ Die meisten arbeiten während ihrer Tage mit Vollgas und sehen gar keine Möglichkeit, etwas anders zu machen.
Schon im nächsten Monat geht es mir genauso. Ich habe einen großen Auftrag erhalten und keine Zeit zum Ruhen. Schnell merke ich, wie schwer das ist. Beckenschmerzen, Kopfweh und kaum fähig zu denken, frage ich mich, wie man eine Auszeit mit einer Festanstellung, einem Pflegefall oder einer Familie umsetzen soll? „Einfach gucken, was geht“, rät Bentz. Kleine Freiräume würden oft schon ausreichen. Pausen machen, ein Spaziergang, ein Bad nehmen, bewusst eine Tasse Tee trinken und immer wieder mal entspannen. „Und nicht vergessen: Sich zu belohnen, wenn der Körper so hart arbeitet. Eine Serie schauen, tut so gut“, sagt Bentz lachend.
Mein Fazit nach einem halben Jahr? In den Monaten, wo ich während meiner Tage ruhen kann, geht es mir deutlich besser. Ich bin danach voller Energie und guter Laune. Es ist wie ein Kurzurlaub für Körper, Geist und Seele. Ich habe mehr Power, Motivation und Geistesblitze in der ersten Zyklushälfte. In der zweiten akzeptiere ich die Tiefen leichter und während der Regel versuche ich, den Bedürfnissen meines Körper Raum zu geben. „Es ist einfach leichter mitzuschwingen, als sich gegen die Natur zu stellen“, bringt es Bentz auf den Punkt.

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