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Wieso wir anfangen sollten, andere Frauen zu lieben, statt sie als Konkurrenz zu sehen

Illustration: Paola Delucca.
Auf der Party von einem guten Bekannten. Eine Freundin und ich nippen an unserem Grauburgunder, da kommt ihr Ex rein. Simon ist ein netter Typ, mit einer fast noch netteren neuen Freundin. Sie sieht gut aus und ist clever. Meine Freundin hat schon den zweiten Partner nach Simon, ihre gemeinsame Beziehung ist ewig her. Dennoch zischt sie von der Seite: „Der bringt tatsächlich seine Alte mit. Was zum Teufel will die hier?“ Was sie hier will, ist mir persönlich ziemlich klar. Wir sind auf einem Geburtstag von einer Person, die wir alle kennen. Es wird getrunken und getanzt, der Gastgeber will im Kreis seiner Freunde feiern. Und das sind wir alle. Die Beziehung von Simon und meiner Freundin ist ewig her. Und beide sind in neuen glücklichen Beziehungen. Sie sind vermutlich hier um zu feiern. Wieso das meine Freundin so schlimm findet, geht mir nicht ganz auf.

Beim Lunch beim Italiener erzählt mir eine Kollegin von ihrem Freund. Sie wohnen zusammen, seit 3 Jahren schon. Eigentlich ist alles toll an ihm – bis auf seine Ex. „Die meldet sich bei ihm und fragt ihn wie es ihm geht, minimum einmal im Monat“, sagt sie. „Okay, die sieht ganz gut aus, aber ihre Outfits sind voll tussig und sie ist mega eifersüchtig.“ Zumindest glaubt sie das. Im weiteren Gespräch kommt raus, dass die beiden fünf Jahre getrennt sind, die Ex letztes Jahr geheiratet hat und gerade schwanger ist. Ich persönlich finde ja eher, dass sporadischer Kontakt zum Expartner ein gutes Zeichen ist; weil es zeigt, man hat den Menschen nicht einfach aus seinem Leben gestrichen hat und das kein Idiot war, mit dem man da eine Zeit seines Lebens verbracht hat.
Auf einer Party in einem angesagten Club geht an mir und meiner Begleitung eine unglaublich heiße Frau vorbei mit einem noch viel heißeren Outfit. Meine Begleitung ist völlig begeistert von dem Outfit und fragt mich, ob ich weiß, woher der Fummel stammt. Ich antworte sie solle sie doch fragen und ernte einen komplett entgeisterten Blick. „Ich? Sie fragen? Na, aber dann weiß sie ja, dass ich das Outfit super finde. Und die sieht auch richtig arrogant aus.“ Ich schüttle den Kopf und frage mich, was daran ein Problem wäre. Frauen mögen keine andere Frauen. Das ist kein Gesetz, aber eine ungeschriebene Erwartung relativ vieler männlicher wie weiblicher Menschen aus unserem Umfeld. Es ist, als gehöre es zum guten Ton andere attraktive Frauen abzulehnen, die Exfreundin des Partners oder besten Freundes unausstehlich zu finden und die neue Freundin des Exfreundes, über den man Jahre hinweg ist, einfach für ätzend zu halten. Die Kollegin mit der neusten MCM-Tasche ist natürlich eine Modetussi mit Vitamin B und die Beautybloggerin aus dem Netzwerk ist so überheblich, dabei sind ihre Klamotten und ihr Stil echt nicht der Hit. Stutenbissigkeit wird von einigen als stressig verschrien, aber dennoch quasi als Charakterzug eines jeden Wesens weiblichen Geschlechts gesehen. Es ist, als gehöre das zu einer Frau schlichtweg hinzu. Männer sind alle Kumpels und trinken auch bei Problemen gediegen ein Bier zusammen, und Frauen, Frauen zicken, kämpfen, intrigieren. Wieso das so ist, ist mir absolut fremd.

Frauen mögen keine andere Frauen. Das ist kein Gesetz, aber eine ungeschriebene Erwartung

Auch heute, im Zeitalter der Emanzipation, verdienen Frauen weniger als Männer, sind in vielen Bereichen noch lange nicht gleichberechtigt und gelten für den ein oder anderen Macho noch immer als das schwache Geschlecht. Das ist nur ein Grund, wieso wir Frauen uns verbünden und uns weg von dem erwähnten Klischee bewegen sollten! Wer schon mal ein ernstes Kompliment von einer Geschlechtsgenossin bekommen hat, weiß wie gut sich das anfühlt. Das es sich eigentlich sogar besser anfühlt, als von einem Mann gesagt zu bekommen, dass man gut aussieht. Eben weil Frauenkomplimente rar sind und weil sie, wenn sie dann doch kommen, tendenziell von Herzen stammen. Und wer von uns möchte schon das Klischee der letzten Chauvis bestätigen und mit jeder halbwegs netten, attraktiven, intelligenten Frau in einem „Bitchfight“ enden? Richtig – niemand. Manchmal muss man vielleicht einfach darüber nachdenken, wieso man eine Person, die man eigentlich gar nicht kennt ablehnt. Ob es wirklich Dinge an ihr gibt, die so grausam, ätzend und nervig sind. Oder ob man vielleicht – auch wenn man es nicht zugeben mag – einfach so reagiert, weil es erwartet wird. Und weil es eben so ist: Die Exfreundin vom Freund findet man doof, die neue vom Ex sowieso und die Kollegin ist direkte Konkurrenz – also Krallen ausfahren. Aber ist das nötig? Ich sage nein. Es gibt einen besseren Weg für uns Frauen: Offen sein, nett, interessiert und wissen, ich bin toll auch wenn es andere tolle Frauen neben mir gibt. Probiert es aus! Geht zu der nächsten Frau mit einem Bombenoutfit und sagt ihr, wie unglaublich gut es aussieht! Schenkt der Exfreundin, die ein wirklich tolles Instagrambild von ihrem Urlaub gepostet hat ein Like bei Instagram und stellt euch der neuen Freundin von eurem Ex-Ex-Exfreund entspannt und freundlich vor. Ein offenes Lächeln und echtes Interesse bewirken wahre Wunder. Wir Frauen sind stark, schön, emanzipiert – und wir akzeptieren andere tolle Frauen neben uns. Konkurrenz? Pah – wir sind einzigartig.

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