Die Frage, ob Eltern in ein Pflegeheim sollen, ruft nicht selten Streitigkeiten in der Familie hervor. Wie kann man damit umgehen?
Gabriele, 51: Mein Vater – rüstig, aber 80 Jahre alt – möchte meine demente Mutter zu Hause pflegen. Meine Schwester fürchtet, es wird für ihn zu viel. Weil ich ihre Pläne, meine Mutter ins Heim zu geben, nicht unterstütze, spricht sie kein Wort mehr mit mir. Das belastet unseren Vater zusätzlich.
Berit Brockhausen: Irgendwie ist in Ihrer Familie so ziemlich jeder unglücklich, weil jemand anderes nicht glücklich ist oder es vielleicht nicht sein wird. Nicht, dass Sie keinen Grund zu Kummer und Sorge haben. Demenz ist belastend. Das Thema Pflege auch. Wenn die Eltern am Ende ihres Lebens ihr Zuhause aufgeben müssen, ist das traurig. Ich verstehe die Verlockung, sich mit der Schwester zu zoffen. Das fühlt sich gleich viel lebendiger an! Während die anderen Themen einen hilflos machen, kann man sich über die fehlende geschwisterliche Solidarität so richtig schön aufregen und sich im Gefühl sonnen, es besser zu wissen. Hilft aber auch nicht weiter.
Ihr Vater ist 80 und rüstig. Er will Ihre Mutter selbst pflegen, und es spricht nichts dagegen, ihn zu lassen. Es spricht auch nichts dagegen, ihm einen guten Pflegedienst zur Seite zu stellen. Beides entbindet Sie und Ihre Schwester nicht davon, gemeinsam mit Vater und Pflegedienst herauszufinden, ob und wie lange das eine gute Lösung ist. Und sobald es das nicht mehr ist, sollten Sie Ihrem Vater eine Alternative anbieten können.
Insofern ist es doch super, dass Ihre Schwester schon jetzt daran denkt und bereit ist, sich zu kümmern – und dass Sie den Wunsch des Vaters nach Selbstständigkeit für sich und Ihre Mutter unterstützen. Er braucht beides. Und wenn die Töchter sich anzicken müssen, um die Traurigkeit dieser Veränderungen auszuhalten, dann tun Sie ihm den Gefallen, es ihn nicht merken zu lassen.