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Foto: Getty Images.
Gähnen ist für viele Menschen ein ziemliches Mysterium. Woran das liegt? Anders als beispielsweise Blinzeln, das die Augen feucht hält, oder Nießen, das störende Partikel und Krankheitserreger aus der Nase schleust, hat das Gähnen keine offensichtliche Funktion.
Dr. Andrew Gallup ist Psychologie-Dozent und sagt: „Da Gähnen vielen als belanglos erscheint, schenken wir dieser Körperfunktion oft nicht so viel Aufmerksamkeit. Es wird mit Schlaf in Verbindung gebracht und signalisiert in den Augen vieler Menschen schlichtweg, dass jemand müde ist oder die Aufmerksamkeit nachlässt.“ Dr. Gallup jedoch hat zu dem Thema geforscht. Seine Ergebnisse legen nahe, dass Gähnen noch einen ganz anderen Zweck erfüllt: Es soll das Gehirn vor Überhitzung schützen.
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Was in deinem Körper passiert, wenn du gähnst

Um das zu verstehen, müssen wir zunächst einen genaueren Blick darauf werfen, was eigentlich passiert, wenn wir gähnen. Dr. Gallup beschreibt es als „kraftvolles Auseinanderklaffen des Kiefers bei gleichzeitiger Einatmung, gefolgt von einem recht schnellen Schließen des Kiefers und einer zügigen Ausatmung.“ Indem du deinen Kiefer durch das Gähnen dehnst, regst du die Durchblutung an, wie bei der Dehnung jedes anderen Körperteils auch. Das ist deswegen wichtig, weil dadurch nicht nur die Blutzirkulation verbessert wird, sondern sich auch die Temperatur verändert, mit der das Blut in deinem Gehirn ankommt. Das sind zwei Faktoren, die die Gesamttemperatur des Körpers beeinflussen. „Wir sind Warmblüter, was bedeutet, dass unsere Körper- und Bluttemperatur zu allen Zeiten relativ konstant ist. Wenn wir uns jedoch die Gehirntemperatur ansehen, stellen wir fest, dass sie sich kontinuierlich immer ein wenig verändert“, erklärt Dr. Gallup.
Er hat deswegen die Theorie aufgestellt, dass das Blut, das ins Gehirn gelangt, nach dem Gähnen ein wenig kühler ist als das Gehirn selbst. Dadurch schützt Gähnen laut Dr. Gallup das Gehirn vor Überhitzung. In der bereits im Jahre 2007 veröffentlichten Studie fand das Team um Dr. Gallup heraus, dass Menschen weniger häufig gähnen, wenn sie Kühlpackungen am Kopf haben, als es der Fall bei Wärmepackungen ist. In zwei aktuelleren Studien befragte er außerdem Menschen in einer Stadt mit höheren Temperaturen (die Durchschnittstemperatur in Tucson, im US-Bundesstaat Arizona, beträgt im Juli 31 °C, im Dezember 12 °C) und einer mit tieferen Temperaturen (die österreichische Hauptstadt Wien, wo die Durchschnittstemperatur im Juli 21 °C, im Dezember 1 °C beträgt). Die Erhebungen fanden in beiden Städten sowohl im Sommer als auch im Winter statt und zeigten, dass die Jahreszeiten an beiden Orten einen Effekt darauf hatten, wie oft die Menschen gähnten.
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Schützt Gähnen vor Überhitzung?

Diese Theorie erklärt außerdem, wieso wir Gähnen mit Einschlafen und Aufwachen in Verbindung bringen. Hier erfährt der Körper die größten Temperaturschwankungen. Wenn wir uns schlafen legen, geht die Körpertemperatur runter, was meist mit ein bis zwei Gähnern einhergeht. Wenn wir dann wieder aufwachen, steigt unsere Körpertemperatur schnell an. Dr. Gallup erklärt, dass zu diesem Zweck die Durchblutung in unserem Körper erhöht wird, was wiederum durch das Gähnen unterstützt werden kann.
Es gibt jedoch neben dieser Theorie noch andere, die dem Gähnen auf den Grund gehen wollen. Eine Hypothese, die mittlerweile widerlegt worden ist, sagt, dass wir durchs Gähnen mehr Sauerstoff aufnehmen. Zwar nimmt man viel Luft auf, sodass der Schluss naheliegt, dem Körper wird dadurch mehr Sauerstoff zugeführt. Doch Dr. Gallup erzählt, dass diese Annahme mehrfach getestet und für falsch erklärt worden ist. Teilnehmer, die in Studien einem verringerten Sauerstoffgehalt in der Umgebung ausgesetzt waren, gähnten nicht häufiger als Teilnehmer unter normalen Bedingungen.

Warum ist Gähnen ansteckend?

Eine andere Theorie scheint dagegen besser bewiesen zu sein. Sie besagt, dass Gähnen eine soziale Funktion erfüllt. Laut Dr. Gallup gibt es in Fachkreisen zwar keine Einigkeit darüber, was genau diese soziale Funktion sein sollte, aber wir alle kennen wohl das Phänomen, dass
Gähnen ansteckend ist. Wer eine*n andere*n gähnen sieht oder hört, oder auch nur über das Gähnen nachdenkt, steigert die Wahrscheinlichkeit, selbst zu gähnen, so Dr. Gallup. Darüber hinaus kann man das Miteinander-Gähnen auch im Tierreich beobachten. Während soziale Spezies wie Menschen, Schimpansen und sogar Sittiche mit ihrem Gähnen andere anstecken können, gähnen weniger soziale Tierarten spontan und ohne Effekt auf ihre Artgenossen.
Manche Untersuchungen gehen deswegen davon aus, dass diese soziale Verbindung unser Level an Mitgefühl widerspiegelt, heißt, dass wer empathischer ist, häufiger gähnen muss, wenn er oder sie anderen dabei zusieht. Eine Studie stellte sogar die These auf, dass Menschen, die laut Test psychopathische Züge an sich hatten, also über wenig Mitgefühl verfügen, seltener von gähnenden Mitmenschen angesteckt werden. Während jedoch einige Studien diese These untermauern, sagt Dr. Gallup, dass andere diesen Zusammenhang widerlegen.
Selbst wenn Gähnen also nicht das Fenster zu unserer Seele ist, dieser Reflex ist in jedem Falle nützlich. Der Fakt, dass neben dem Menschen auch andere Arten, insbesondere Säugetiere, gähnen, zeigt außerdem, dass Gähnen im Verlauf der Geschichten einen evolutionären Vorteil dargestellt haben muss. Um welchen es sich dabei genau handelt, steht nur leider noch nicht hundertprozentig fest.
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