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Die Sache mit der Selbstakzeptanz – oder das Recht, sich selbst auch mal scheiße zu finden

Armitage Ashley
Nie wurde im Internet und im wahren Leben öfter über Selbstoptimierung, Selbstakzeptanz oder auch Selbstliebe philosophiert, als es heute der Fall ist.
In verschiedenen Blogs, auf Instagram oder Facebook hat sich über die letzten Jahre ein regelrechter Kampf zwischen Leuten entwickelt, die stetig auf der Suche nach der nächsten Methode zur Verbesserung ihres eigenen Körpers, ihres Lebensstils oder ihrer persönlichen Fitness sind, und zwischen denen, die alles ein wenig gelassener sehen.
Letztere begnügen sich damit, dass alles schon seinen Weg finden wird. Sie bevorzugen den gemäßigten Lebensstil zwischen Fitness und Genuss, zwischen dem regelmäßigen Zumba-Workout und dem am Abend danach genussvoll mit Freunden verdrückten Burger.
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Blogposts à la „Ich mache regelmäßig Sport, aber ich liebe meinen Körper so, wie er ist, und gönne mir auch die eine oder andere Kalorienbombe zwischendurch“ etc. sollen besonders motivierend wirken und für Selbstakzeptanz werben: Jeder ist schön – auf seine Weise. #Loveyourself

Grundsätzlich finde ich Leute, die mit sich selbst im Grünen sind, unfassbar bewundernswert.

Man verstehe mich bitte nicht falsch bei dem, was ich hier jetzt schreiben werde. Grundsätzlich finde ich Leute, die mit sich selbst im Grünen sind und die ihre kleinen Speckröllchen am Bauch oder die etwas stämmigeren Oberschenkel lieben gelernt haben, unfassbar bewundernswert. Obwohl (oder vielleicht sogar gerade weil): ich nicht zu ihnen gehöre.
Gleichzeitig finde ich aber auch die eiserne Disziplin ganz großartig, mit der die zu der anderen Fraktion gehörenden Fitness-Enthusiasten ihre tollen Muskeln, das Sixpack und den Bizeps stählen. Unnötig zu erwähnen, dass ich auch hier nicht wirklich Mitglied des Teams bin.
Ich befinde mich wohl irgendwie zwischen den Fronten und neige phasenweise mehr zum einen und dann wieder zum anderen Lager. Eins ist jedoch klar: In einer Welt, in der die Modebranche nach wie vor von extrem schlanken oder – um es mit dem weniger schmeichelhaften Wort zu sagen – „dünnen“ Models dominiert wird, ist es nicht nur meiner Meinung nach wichtig, sich immer wieder zu sagen: Ich bin das nicht, ich kann so nicht sein, aber das ist ok so.
Nicht jeder ist mit den Voraussetzungen dazu geboren. Ich bin weder über 1,70m groß, noch sind mein Becken oder meine Schultern schmal genug für Size Zero. Das ist völlig in Ordnung. Aber meine Selbstakzeptanz geht eben auch nicht so weit, dass ich alles, was mein Körper so macht, ohne Murren hinnehmen kann.
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Und wenn man mal ehrlich zu sich selbst ist: Mode, ob nun Haute Couture oder Ready to wear, würde – von dicken Models präsentiert – vermutlich einen wesentlich geringeren Absatz generieren. Selbstakzeptanz hin oder her. Manchmal finde ich meinen Körper halt auch einfach richtig scheiße.

Selbstakzeptanz hin oder her. Manchmal finde ich meinen Körper halt auch einfach richtig scheiße.

Natürlich werde ich weder meine Körpergröße ändern können, noch die Breite meiner Hüften oder meiner Schultern. Aber ich finde, es ist mein gutes Recht, alles dafür zu tun, dass ich mit dem, was ich habe, einigermaßen zufrieden bin.
Nur um das noch einmal klarzustellen: In diesem Artikel geht es absolut nicht um Fatshaming. Aber wenn ich persönlich mit meinen 58 Kilogramm, verteilt auf meine 1,67m Körpergröße, unzufrieden bin, dann muss ich mich auch vor niemandem rechtfertigen, wenn ich drei oder vier Kilo abnehmen möchte.
Ich habe das Recht, mich mit meinem Körper wohlzufühlen, aber genauso steht es mir auch zu, wenn das Gegenteil der Fall ist. Ich bin niemand, der auf der Straße mit dem Finger auf „dicke“ oder „dünne“ Menschen zeigt und sich ein Urteil erlaubt. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass man in jeder Größe toll aussehen kann – wenn man sich mit sich selbst wohlfühlt.
Frauen, die „mehr“ sind als ich und ihren Körper schön finden, würde ich immer wieder, und ohne Lügen zu müssen, sagen: „Wow, ich find’s klasse und du siehst super aus.“ Aber heißt das dann automatisch, dass ich – die ich nun in solch einem Fall 10, 15 oder 20 Kilo leichter bin – mich auch so akzeptieren und mich selbst mit meinen Speckröllchen toll finden muss?
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Mein Plädoyer lautet: Nein, muss ich nicht. Ich mag dem einen oder anderen sehr selbstkritisch erscheinen. Aber wer hat denn das Recht, an mir Kritik zu üben, wenn nicht ich selbst? Und muss ich mir denn einreden, dass ich gut so bin, wie ich bin, wenn ich das aber überhaupt nicht so empfinde? Nur weil andere mit ganz anderen Körpern und mehr Kilos auf den Rippen ja auch glücklich sind?
Das wäre doch viel anstrengender, als mir einfach mal einzugestehen: Es ist keine Schande, ein kleines Bäuchlein zu haben – oder ein größeres. Aber wenn ich das bei mir nicht schön finde, dann darf ich auch was dagegen tun.

Natürlich sollte man sich nicht bis auf die Knochen runterhungern, weil das nun wirklich lebensbedrohlich ist – und auch gar keinen Spaß macht.

Natürlich sollte man sich nicht bis auf die Knochen runterhungern, weil das nun wirklich lebensbedrohlich ist – und so by the way auch gar keinen Spaß macht. Aber ich darf so viel ab- oder zunehmen, bis ich selbst wieder mit Freude in den Spiegel gucken kann.
Die Grenzen sind da bei jedem Menschen unterschiedlich. Der eine fühlt sich mit 80 Kilo wohl, der nächste mit 70 – aber ich habe meine eigene Vorstellung von mir. Und die darf ich auch haben!
Letztendlich geht es – meiner Meinung nach – bei Selbstakzeptanz sowie Selbstoptimierung nicht darum, sich irgendeinem aufgezwungenen Ideal anzupassen; und ja, auch der Drang zur Selbstakzeptanz kann so ein zwanghaft indoktriniertes Ideal sein. Man muss sich nicht den Modelkörper antrainieren, wenn man nicht die anatomischen Voraussetzungen mitbringt. Aber man muss auch nicht mit jeder Speckrolle leben, wenn sie einen daran hindert, wieder in die Lieblingshose reinzupassen.
Jeder Mensch darf zufrieden sein, oder sich verbessern. Und jeder darf sich gut finden – oder eben auch mal richtig scheiße.

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