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Ungeplant schwanger: Wie das größte Glück plötzlich für Gefühlschaos im Kopf sorgt

Ungeduldig warte ich vor der Tür zum Badezimmer, hinter der ich vor wenigen Minuten auf ein orangefarbenes Stäbchen uriniert habe. Den Test gab es im Doppelpack, ich habe also zwei, im Zweifel kann sich so ein Ding auch irren und ich mache einfach noch einen!, rede ich mir gut zu. Nach weiteren zehn Minuten, in denen ich mir unnütz die Beine in den Bauch stehe und allerhand Gedanken wie eine Sintflut über mir einbrechen, wage ich es endlich, die Klinke nach unten zu drücken. Die Tür springt auf. Es dauert einen Moment bis sich meine Augen vom Dunkel des Flurs an das helle Licht gewöhnen. Blinzelnd starre ich auf den Wannenrand. Von weitem leuchten sie mich bereits an, zwei schicksalhafte rote Streifen. Einer dunkler als der andere. Schwanger! Einzig der Fakt, dass ich noch immer die Klinke umklammernd im Türrahmen lehne, hindert mich daran bewusstlos zu werden. Mit weichen Knien komme ich langsam auf den kalten Fliessen zum Sitzen und allmählich zu mir. Schwanger, ein Baby bekommen, Mutterwerden. Das war so nicht geplant. Nicht jetzt. Obwohl ich bereits vor Jahren entschieden habe, auf hormonelle Verhütungsmittel zu verzichten, um dank eines verlässlichen Zyklus’ auf die natürliche Methode von Persona zu setzen und mir des Risikos durchaus bewusst war, traf mich diese Nachricht wie ein Blitz. Fast vier Jahre hat das prima funktioniert. Bis mein Zyklus offenbar beschlossen hat, dieses eine Mal aus der Reihe zu tanzen. Und ich habe nichts bemerkt. Natürlich mache ich umgehend einen zweiten Test, doch auch der kennt nur ein Ergebnis: Immer noch schwanger. Erst als schließlich meine Frauenärztin das Ergebnis ebenfalls bestätigt, kann ich es glauben. Nur mit dem Freuen will es noch nicht so richtig klappen. Natürlich ist der Gedanke unfassbar aufregend, natürlich habe ich Schmetterlinge im Bauch beim Anblick dieses unkenntlich kleinen Schattens auf dem Ultraschallbild. Für diesen Moment. Doch was heißt das für die Zukunft? Der Schatten wird wachsen. Der Schatten wird ein kleiner Mensch, für den ich mein Leben lang die Verantwortung trage. Auf den ersten kurzen Schreck folgt wahrscheinlich naturgegeben trotzdem eine Welle puren Glücks. Seitens der Familie und des Freundeskreises ohnehin; alle sind ganz aus dem Häuschen. Das ist toll, einerseits, weil es mir das Gefühl gibt nicht allein zu sein. Andererseits nimmt es mir den Raum objektiv zu verstehen, was das eigentlich bedeutet. Natürlich empfinden auch mein Freund und ich nichts, als unendliche Dankbarkeit und Freude. Wir kennen die Paare, die sich so sehr ein Baby wünschen, bei denen es aber einfach nicht klappt. Aber wir sind wir. Und wir sind in den Momenten, in denen wir alleine sind, heillos überfordert und immer wieder sehr unsicher.
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Zweifel und Gewissensbisse machen sich breit, die ganz und gar fehl am Platz zu sein scheinen. Plötzlich zu dritt, das klingt auf einmal nicht mehr nur romantisch. Stell dich nicht so an!, denke ich – So plötzlich kommt das ja alles nicht, wir haben neun Monate Zeit und Du bist 31 Jahre alt, Du kannst jetzt ein Baby bekommen. Klar, biologisch gesehen kann ich das ohnehin schon ziemlich lange. Aber bin ich wirklich bereit? Sind wir als Paar wirklich bereit? Alles wird sich ändern, alles. „Ihr wachst da rein,“ hören wir von allen Seiten, ebenso wie „Den perfekten Zeitpunkt gibt es ohnehin nicht.“ Ich scheue mich davor, wirklich auszusprechen, was ich denke und fühle: Ich bin mir auf einmal nicht mehr so sicher. Doch für diese Art zweifelhafter Empfindungen scheint es in unserer Gesellschaft kaum Platz zu geben. Nicht mit 31 Jahren. Dabei war mir bereits als kleines Mädchen eines ganz klar: Ein Leben ohne Kinder stelle ich mir unerfüllt vor. Und bevor jetzt irgendwer aufschreit: Das ist mein ganz persönliches Empfinden und soll nur eines verdeutlichen: Ich möchte, insofern mir die Natur wohl gesonnen ist, unbedingt eine Familie gründen. Eines Tages! Nur scheint „Eines Tages“ mit 31 Jahren plötzlich zu früh. Ich fühle mich albern mit dieser Angst, spricht man doch aus medizinischer Sicht ab 35 bereits von einer Risikoschwangerschaft.
Das wären vier Jahre. Was soll dann anders oder besser sein? Vielleicht ist das ja auch ganz normal und nur eine Phase?, denke ich immer wieder. Die altbekannten kalten Füße. Soll ich auf mein Herz hören, das natürlich nichts als bedingungslose Liebe für dieses kleine heranwachsende Wunder in meinem Bauch empfindet? Oder den Kopf entscheiden lassen, der mir ein rationales Argument nach dem anderen entgegenwirft? Auch wenn mein Körper sich mit jedem Tag verändert und uns immer bewusster wird, das uns die Zeit davon läuft, die kleine Mini-Bohne schweigt und verhält sich ruhig. Keine Übelkeit, kein Heißhunger. Als wolle sie uns keineswegs unter Druck setzen. Nur müde bin ich. Ob aufgrund der vielen, quälenden Gedanken oder der Schwangerschaft, vermag ich nicht zu sagen. Schließlich fasse ich mir ein Herz und spreche meine Zweifel laut aus. Und zu meiner Überraschung ist mein Umfeld zwar irritiert, dass gerade ich mit solchen Gedanke kommen, stoße aber ohne Wenn und Aber bei allen auf Verständnis. Habe ich mir diese gesellschaftlichen Barrieren gar nur eingeredet? Mein Freund und ich finden endlich die Kraft, uns beraten zu lassen, für beide Fälle gewappnet zu sein, nicht ein zweites Mal dem Zufall die Entscheidung zu überlassen.
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Es geht während des Beratungstermins hauptsächlich um mich. Mein Partner wird ziemlich außen vor gelassen. Kinderkriegen ist hier anscheinend immer noch Frauensache

Die erste Anlaufstelle für werdende Eltern in Deutschland ist Pro Familia, in Österreich gibt es vergleichbare, lokale Anlaufstellen der Caritas und Aktion Leben. Die Beratungen sind kostenlos. Und natürlich stoße ich hier ohnehin auf Verständnis und eine sachliche und kompetente Beratung. Kein Termindruck, wir haben alle Zeit der Welt. Die nette Mitarbeiterin hört mir zu und weiß alle Sorgen objektiv einzuordnen. Ein Kind sei ein großer Schritt, egal in welchem Alter. Manche Frauen entschieden sich unter den widrigsten Umständen für ein Baby, andere dagegen, obwohl bei ihnen alles zu passen scheint. Am Ende muss das jede Frau für sich wissen. Ich bin erleichtert und lasse alle sachdienlichen Informationen zum Für und Wider dankend auf mich wirken.
Einziger Haken: Es geht während des Termins hauptsächlich um mich. Mein Partner wird, bis auf die wenigen Male, die ich ihn ins Gespräch bringe, ziemlich außen vor gelassen. Kinderkriegen ist hier anscheinend immer noch Frauensache. Alles in allem kann ich angehenden Eltern ein solches Gespräch dennoch nur ans Herz legen. Ich bin sicher, jede Frau, die sich mit einer ungewollten Schwangerschaft konfrontiert sieht, hat mit dieser Art von Ambivalenzen zu kämpfen. Viele der Ängste, vor allem existentieller Art, können hier schnell geklärt werden. Danach sind wir zwar noch nicht unbedingt schlauer, wohl aber um die Gewissheit reicher, dass mit uns alles in Ordnung ist und wir mit unseren Zweifeln nicht alleine dastehen. In den nächsten Tagen nehmen wir uns viel Zeit für uns, mein Freund und ich. Wir reden mit der kleinen Bohne, führen uns vor Augen, was es wirklich bedeutet, ein Baby zu bekommen. Für uns, unsere Fernbeziehung, die dann wohl oder übel einem geregeltem Alltag weichen muss. Beim Thema Schwangerschaftsabbruch wird mir jedes Mal übel, bei dem Gedanken in acht Monaten nie wieder allein zu sein allerdings auch. Uns wird klar: Egal wie wir uns entscheiden, wir sind längst Eltern. Dieses kleine Knäuel in meiner Gebärmutter hat unser Leben bereits jetzt auf den Kopf gestellt und egal wie wir weitermachen, es wird nie wieder so werden wie früher. Auf einmal sind alle Zweifel wie weggeblasen. Gemeinsam treffen wir eine Entscheidung, die vielleicht von Anfang an klar war, wohl aber dieser Achterbahnfahrt der Gefühle bedurfte. Natürlich wollen wir die kleine Bohne kennenlernen. Natürlich soll dieses Baby leben, das am Ende ja nur das wunderbare Ergebnis unserer Liebe ist.
Es ging nie darum wegzulaufen oder die Verantwortung zu scheuen. Im Gegenteil: Es ging vielmehr darum, sich ihr bewusst zu stellen. Eine Entscheidung zu treffen, mit jeglichem Für und Wider, fernab von „Das ergibt sich schon alles!“. Und zwar am besten schnell. Von diesem Moment an, gab es für uns kein größeres Glück mehr, als diese Schwangerschaft, die wir seitdem in vollen Zügen genießen. Natürlich gibt es auch jetzt immer mal wieder Tage, an denen nicht alles nur rosig ist. Unsere Entscheidung stellen wir aber nie in Frage. Im Nachhinein bin ich sogar froh, dass wir uns unseren Ängsten und Zweifeln gleich zu Beginn gestellt haben, uns getraut haben sie auszusprechen. Wir haben viel dazu gelernt – jeder für sich, wir als Paar und für unsere Rolle als werdende Eltern. Zweifel in der Schwangerschaft sind ganz normal, damit muss man sich niemand verstecken. Redet miteinander, tragt sie nicht unnötig mit euch herum! Wenn ihr nicht gleich mit eurem Partner sprechen möchtet, dann vertraut euch Freunden oder eurer Frauenärztin an. Ihr seid damit nicht allein. Am Ende ist es nämlich immer noch euer Leben und ihr müsst mit dieser schwerwiegenden Entscheidung glücklich werden. Für uns gibt es jetzt nur noch eins: Die Vorfreude auf unseren Nachwuchs!

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