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Widerspricht es sich, wenn eine Designerin von Orsay Isabel Marant trägt?

Entwerfen Designer*innen eigentlich insgeheim für sich selbst? Erfolgreiche Kreativdirketorinnen wie Claire Weight Keller oder Phoebe Philo haben natürlich in erster Linie ihre Kundinnen im Kopf, doch insgeheim denken sie bestimmt manchmal an ihre eigene Garderobe, wenn sie über die Entwürfe für die nächste Saison nachdenken. Doch wie sieht es bei Designerinnen aus, die für eine große Kette entwerfen? Diese Frage stellte sich mir, als ich über den Instagram-Account von Deborah Goldenstedt gestolpert bin. Die junge Düsseldorferin, die mittlerweile in Straßburg lebt, hat Modedesign studiert und arbeitet seit 2015 für die Highstreet-Marke Orsay. Dort ist Goldenstedt für die Denim- und Refined-Linien verantwortlich.
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Privat trägt sie natürlich auch Jeans - dazu kombiniert sie aber deutlich teurere Marken wie Isabel Marant oder Acne Studios. Ein Widerspruch? Oder ganz normal, wie bei den meisten anderen Konsumentinnen eben auch? Diese leicht naive Frage hat mich nicht losgelassen und deswegen habe ich die Designerin per Email ausgefragt. Was Goldenstedt an ihrem Job besonders schätzt, wie sie Inspirationsflauten umgeht und warum der Markenname im Etikett nicht viel über Stil aussagt, verrät sie im Interview!
Wie gelingt es dir ein universelles Thema wie Jeans spannend zu halten?
Jeans sind zwar sehr universell und wir alle haben die gute alte Skinny im Schrank liegen, doch auch in diesem Bereich gibt es Trends. In den letzten Jahren ist Denim zum Streetstyle-Liebling und Musthave aufgestiegen. Denim hat in der letzten Saison sogar bei Dior eine Hauptrolle gespielt, dabei ist der Stoff eigentlich untypisch für die sehr feminine Marke. Vor ein paar Jahren war das noch schwer unvorstellbar.
Durch das kommerzielle Adaptieren aktueller Trends von den Laufstegen und Street Style-Inspirationen wird in den Kollektionen Spannung aufgebaut. Im Kleinen kann man mit Details spielen und die Passformen variieren. Außerdem gibt es viele neue Technologien, die wir im Premiumprogramm mit elastischen, bequemen Stoffen eingeführt haben.
Was schätzt du besonders an deinem Job?
Dass ich kreativ arbeiten kann, viel reise und in der ganzen Welt rumkomme. Ich kann Dinge kreieren, die später in großen Auflagen produziert werden, in mehr als 680 Läden erhältlich sind und von Kunden weltweit getragen werden. Es ist toll, das Produkt von der ersten Idee im Kopf bis zur Fertigstellung zu begleiten und die Entwicklung mitzuerleben.
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Am Ende freue ich mich jedes Mal wie ein kleines Kind, wenn ich einen Katalog in der Hand halte, in dem mein Design abgedruckt ist oder wenn ich eine Frau sehe, die sich in meinem Teil wohlfühlt. Das macht mich glücklich und stolz.
Wofür musst du dich im Arbeitsalltag überwinden=
Durchhaltevermögen kostet der Büroalltag mit vielen Emails und langatmigen Meetings. An manchen Tagen fallen mir Designs schwer, die mir nicht gefallen, aber der Zielkundin entsprechen. Es ist gleichzeitig eine Herausforderung immer das Beste aus einem Style herauszuholen und alte Designs zu erneuern.
Trägst du deine eigenen Designs selbst?
Ja, sehr oft und gerne sogar. Ich habe mir gerade eine schwarze Highwaist-Jeans gekauft. Ich habe lange daraufhin gefiebert, sie endlich selbst kaufen zu können, seit wir im Büro das Sample gefittet haben. Meine Lieblingsjeans ist die "Premium Power Stretch". Ich habe vier Stück davon im Schrank.
Was hilft dir gegen eine Inspirationsflaute?
Die gibt es bei mir selten. Da ich täglich auf Instagram und Pinterest unterwegs bin, sammle ich ständig neue Inspirationen. Sonst hilft Koffer packen und weg. Gerade war ich in Amsterdam zur Denimmesse Kingpins. Danach kam ich mit 100 neuen Ideen zurück ins Büro.
Wolltest du jemals dein eigenes Brand gründen?
Da habe ich schon ab und zu mal dran gedacht, aber die Überlegungen sind bisher nicht konkret geworden. Vielleicht ist die Zeit dafür einfach noch nicht gekommen. Es erfüllt mich für ein bekanntes Unternehmen zu arbeiten. So habe ich eine große Reichweite und in Hinblick auf die Firmenphilosophie kann ich meine eigenen Ideen umsetzen.
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Du trägst selbst viele Designerlabels, entwirfst aber für eine günstige Marke. Besteht da für dich eine Diskrepanz?
In punkto Stil macht es keinen großen Unterschied. Was Herstellung und Stoffe angeht, muss man als Designer für eine preisgünstigere Marke oft Kompromisse eingehen. Leider ist der Preisdruck für vertikale Marken sehr groß. Um mithalten zu können, muss man sich den Erwartungen der Kunden anpassen. Trotzdem hoffe ich, dass die Teile, die ich entwerfe, gerne und lange getragen werden. Das ist das Ziel. Wenn ich mich privat style, kommt es auf die Mischung an. Günstig ist nicht gleich günstig und teuer bedeutet nicht, dass ein Teil seinen Preis wert ist. Ich schätze an Desingerlabels, dass Qualitäten und Passformen oft besser sind und man nicht das Trendteil von Zara trägt, das jede zweite im Schrank hängen hat.
Kleidung sollte aber so oder so wertgeschätzt werden. Es ist schade, wenn Mode schon nach ein paar Monaten zum Wegwerfartikel wird. Hinter jedem einzelnen Produkt steckt so viel Arbeit. Vom Design über die Baumwollernte, die Stoffproduktion bis zur Herstellung usw. Ich freue mich mir ab und zu mal etwas Teures leisten zu können oder nach einem bestimmten Second-Hand-Teil zu stöbern.
Welchen Karriere-Tipp würdest du einem Designerstsemester geben?
Ich würde jedem Studenten raten, schon frühzeitig ein Praktikum in einem Modeunternehmen zu machen. Da lernt man die Realität kennen.
Wen würdest du gern mal in deinen Designs sehen?
Das Refinery29-Team zum Beispiel. Und ansonsten gerne die Blogger, denen ich auf Instagram folge, weil ich ihren Stil toll finde. Wie Marie von Behrens, Courtney Trop, Oumayma El Boumeshouli und viele mehr. Mir geht immer das Herz auf, wenn meine Freundinnen und Familie meine Designs tragen. Früher habe ich Kindermode entworfen. Wenn ich meinen zweijährigen Neffen in einem meiner alten Designs sehe, bin ich eine noch stolzere Tante.
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Wer ist deine absolute Designikone?
Virgil Abloh
Was ist deiner Meinung nach der größte Mode-Fauxpas?
Nie Jeans zu tragen. Sorry, Anna Wintour.
Danke für das Interview!
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