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Bis wohin Kopfzerbrechen gesund ist & ab wann du dir Gedanken machen solltest

photographed by Erin Yamagata; produced by Julie Borowsky; produced by Lorenna Gomez-Sanchez; modeled by Shaliqua Alleyne.
Als sich eine sehr gute Freundin von heute auf morgen nicht mehr bei mir meldete, machte ich etwas, womit ich meine anderen Freund*innen wahrscheinlich unglaublich nervte: Ich steigerte mich zwanghaft in die ganze Sache hinein. Ich überlegte pausenlos, warum sie mich ghostete und ob ich etwas falsch gemacht hätte. Mir war bewusst, dass ich langsam, aber sicher alle damit zu Tode langweilte, aber ich konnte einfach nicht aufhören. Ich war wie besessen, musste ständig darüber reden. Es sprudelte einfach immer wieder aus mir heraus – wie verbale Kotze.
Leider war das nicht die einzige Situation, in der ich bisher so reagiert habe. Ich mache das ständig. Beruhigenderweise versicherte mir Dr. Kevin Chapman, Mitglied der Anxiety and Depression Association of America (ADAA), dass es extrem weit verbreitet ist, sich über Sachen den Kopf zu zerbrechen.
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„Auch Menschen, die nicht psychisch krank sind, machen sich manchmal zu viele Gedanken oder sind von etwas besessen“, erklärt Dr. Chapman und ergänzt, dass es sich um Charakterzüge handelt, die Personen mit, aber auch ohne Angststörungen haben können. Besonders oft steigern sich Menschen in Dinge hinein, die eine Tendenz dazu haben, etwas „neurotisch“ zu sein. „Der Begriff ‚neurotisch’ ist zwar ein negativ besetztes Wort, aber im Prinzip heißt es einfach nur, dass du häufiger und stärker negative Emotionen fühlst als andere“. Wenn du ängstlich, wütend oder traurig bist, empfindest du diese Gefühle bis zu zehn Mal intensiver als andere Menschen. Wenn es also etwas gibt, das dich wirklich stark beschäftigt und eine dieser Emotionen auslöst, dann ist es ziemlich wahrscheinlich, dass du irgendwann davon besessen bist.
Aber das beantwortet noch nicht die Frage, die ich mir mehrmals täglich stelle: Warum?
Laut Dr. Chapman kann Reinsteigern für manche ein Lösungsansatz sein. „Viele Menschen macht Ungewissheit ängstlich. Wenn sie nicht wissen, wie eine Situation ausgehen könnte, dann zerbrechen sie sich den Kopf darüber. Dieser Versuch der Problembewältigung ist jedoch müßig“.

Auch Menschen, die nicht psychisch krank sind, machen sich manchmal zu viele Gedanken oder sind von etwas besessen.

Dr. Kevin Chapman
Oder anders gesagt: Wenn in deinem Leben irgendetwas ungewiss ist, denkst du pausenlos darüber nach, was passieren könnte. So bereitest du dich auf die schlimmste Variante vor – auch wenn es nichts gibt, was du dagegen unternehmen könntest und es sinnlos ist, sich über Dinge Gedanken zu machen, die noch nicht passiert sind. Es wirkt vielleicht kontraproduktiv, aber für manche von uns wirken Situationen weniger stressig, wenn wir uns reinsteigern.
„Wenn du den Eindruck hast, dass es dein Stresslevel senkt, dann kann Kopfzerbrechen sogar positiv sein“, so Dr. Chapman.
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Aber auch wenn es erst mal befreiend wirken kann, sich über jedes kleine Detail Gedanken zu machen, kann das Ganze auch ins Auge gehen. Warum? Weil du vielleicht noch nervöser oder ängstlicher wirst, wenn du über einen schlechten möglichen Ausgang nachdenkst. Wenn das der Fall bei dir ist, dann kann es laut Dr. Chapman hilfreich sein, dir folgende Frage zu stellen: Wie wahrscheinlich ist es, dass etwas Negatives passiert und gibt es Beweise? „Meistens stellen wir dann fest, dass die Wahrscheinlichkeit eines negativen Ergebnisses sehr gering ist. Versuche anschließend, dir einen alternativen Ausgang vorzustellen und nutze diese Vorstellung dann als dein Mantra“.
Ein praktisches Beispiel: Du hast bei der Arbeit einen Fehler gemacht und überlegst jetzt, welche Folgen das haben könnte.
Variante 1: Du könntest gefeuert werden, deine Miete nicht mehr zahlen können, rausgeschmissen werden und auf der Straße landen. Okay, das klingt zugegebenermaßen etwas übertrieben und ist wohl eher nicht so wahrscheinlich. Aber Dr. Chapman sagt, dass es helfen kann, sich das schlimmste mögliche Szenario vorzustellen und sich darauf mental vorzubereiten – falls es wirklich passiert.
Variante 2: Im besten Fall ist dein Chef verständnisvoll und hilft dir dabei, den Fehler wieder auszubügeln. Du bist schließlich auch nur ein Mensch. Auch diese Herangehensweise kann hilfreich sein.
Viele Menschen steigern sich in Dinge hinein und sind dann wie besessen von ihnen. Das muss kein Anzeichen für eine Angststörung sein. Wenn dieses Verhalten jedoch dein Leben beeinflusst, dann solltest du vielleicht doch jemanden um Hilfe bitte. Laut Dr. Chapman sind Anzeichen, die auf eine Angststörung hinweisen können, beispielsweise physiologische Symptome, durch die du im Job oder im Privatleben nicht richtig funktionieren kannst. Außerdem solltest du beobachten, wie viel Zeit du verlierst, weil du dir zu viele Gedanken machst. Mehr als eine Stunde pro Tag sollte es eigentlich nicht sein.
Wenn du (oder eine Person, die du kennst) an Angststörung leidest, kannst du die Hotline der TelefonSeelsorge unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 anrufen oder den Chat der TelefonSeelsorge nutzen.
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