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Exklusive Premiere: Elena spricht mit ihrer Musik allen Millennials aus der Seele

Wir feiern heute auf Refinery29.de exklusiv die Premiere von „Wut im Bauch”. Die Sängerin und Pianistin ELENA spricht darin das aus, was vielen junge Menschen in der heutigen Zeit richtig auf die Nerven geht. Ein Interview über und mit einer starken Frau, die das Ungleichgewicht in der Gesellschaft nicht länger hinnehmen will.
ELENA ist 29 Jahre alt und wütend. Auf Plattenbosse, die Medienbranche und das Bild der Frauen in unserer heutigen Gesellschaft. Die Schwester von Stargeiger David Garrett ist nach ihrem Debütalbum im Jahr 2016 Jahren nun mit neuer Musik zurück. Eigens produzierte sie das Mixtape „ Shit vergangener Tage“ sowie die erste Single „Wut im Bauch“ und beweist damit, dass Frauen mit starken Stimmen einen Platz in der Musikwelt mehr als verdient haben. Mit uns hat die 29-Jährige exklusiv über den Ursprung ihrer Frustration, den Erfolgsdruck als Frau im Musikbusiness, ihren inneren Konflikt in Sachen Kinderwunsch und ihre Zeit als Schulstreberin gesprochen. Zudem seht ihr bei uns exklusiv die Premiere ihres Videos „Wut im Bauch“.
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Fangen wir mal ganz vorne an, vor deiner Zeit als Musikerin. In der Schule bist du Einserschülerin gewesen. Wie war das für dich?
Ich habe mein Abitur tatsächlich mit einem Einserschnitt gemacht, was nicht unbedingt zur Beliebtheit bei den Klassenkameraden beigetragen hat, gerade wenn man 18 Jahre alt ist. Doch der Weg zur guten Schülerin war lang und startete auf der gegenüberliegenden Seite des Spektrums. Als Kind war ich sehr introvertiert und habe häufig die Klasse gewechselt, weil ich irgendwie in meiner eigenen Fantasiewelt lebte. Dadurch war es für mich sehr schwer, Kontakte zu knüpfen. Zudem komme ich aus einer Familie, die ziemlich intensiv ist, und ich habe sehr früh sehr viel über klassische Musik gelernt. Mit sechs habe ich zum ersten Mal auf einem Wettbewerb gespielt. Dadurch dachten viele meiner Mitschüler, dass ich aus einem privilegierten Elternhaus komme und fanden das eher uncool. Heute kann ich rückblickend sagen, dass ich durch mein unkonventionelles Aufwachsen sicherlich eine gewisse Überheblichkeit entwickelt habe. Ich habe dann schnell gemerkt, dass manche meiner Verhaltensweisen bei anderen Leuten nicht so gut ankommen, und konnte dies nach der Schule schnell wieder ablegen. Als Überflieger hat man es nicht leicht, denn man muss einen Weg finden, nicht abzuheben. Das war eine gute Lehre.
Was würdest du vor allem jungen Mädchen für einen Tipp geben, die sich in der Schule einfach nicht trauen, zu ihrem Wissen und ihrer Intelligenz zu stehen und sich im Unterricht schlichtweg nicht melden. Gerade in naturwissenschaftlichen Fächern wird dies gerade von Lehrern häufig gesehen.
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Also erstmal muss ich sagen, dass ich das gerade total schön finde, dass mich jemand für meine schulischen Leistungen lobt, weil ich mich da noch nie als Vorbild gesehen habe. Ich finde, es ist eine sehr wichtige Botschaft, dass Bildung eben echt cool ist. Es ist wirklich schade, dass Mädchen mit diesem Stereotyp konfrontiert werden. Ich habe das immer so gesehen: Wenn du dich für eine Sache interessierst, dann kannst du dich da reinfuchsen, egal, was es ist. In Mathe hatte ich beispielsweise 15 Punkte im Abi und hatte noch nie das Gefühl, dass ich nur in Sprachen gut sein darf oder mir irgendein Verständnis für technische Dinge fehlt, nur weil ich eine Frau bin. Ich würde mir wünschen, dass alle Schüler*innen an sich selbst glauben und in der Schule so viel breit gefächertes Wissen wie möglich aufsaugen.
Was sind deiner Meinung nach positive Beispiele für den Wandel des Frauenbildes in den Medien? Sind wir da auf dem richtigen Weg?
In meinem Song „Wut im Bauch“ geht es spezifisch um die Medienbranche, aber ich würde mich freuen, wenn er auch als emanzipatorisch und feministisch aufgenommen wird. Es muss definitiv noch viel passieren aber ich bin froh darüber, dass es in Deutschland zumindest Ansätze zu beobachten gibt, dass auch Künstler*innen mit Ecken und Kanten und gesellschaftskritischen Texten gefördert werden, wie zum Beispiel Balbina, Leslie Clio oder Jennifer Rostock.
Schön zu sehen, dass du aktiv Kolleg*innen von dir supportest. Gibt es auch in deinem Privatleben Beispiele für kleine Gesten, um das Miteinander, besonders zwischen Frauen zu stärken?
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Tatsächlich mache ich Frauen sehr gerne Komplimente. Es ist erstaunlich, was Kommentare wie „cooles Buch“ oder „ich mag deine Ausstrahlung“ in der Bahn oder auf der Straße für einen Mehrwert für die Person haben können, und einen selbst kosten sie nur ein kleines bisschen Überwindung und ein paar Sekunden.

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In deinem Video bist du ja nun in Frischhaltefolie gekleidet, damit würdest du wahrscheinlich nicht Bahn fahren. Wie bist du auf diese Idee gekommen und welchen Missstand möchtest du damit ausdrücken?
Tatsächlich war es so, dass ich eines Morgens unter der Dusche stand und mir dachte, „eigentlich müsste man sich für das Video wie ein Stück Fleisch einpacken“. Es steckt keine große Metapher dahinter, ich wollte damit eben noch einmal symbolisieren, dass Frauen in den Medien eben oftmals als ein frischzuhaltendes Stück Ware gesehen werden, das auch immer ein Verfallsdatum hat. Gerade in den letzten vier Jahren, in denen ich schon ein anderes Release hatte, ist mir das verstärkt aufgefallen. Mir wurde immer wieder gesagt, dass ich mit 30 – werde ich übrigens in wenigen Wochen – nicht mehr taufrisch sein werde und eigentlich kaum noch zu vermarkten. Das Krasse ist, dass ich solche Sprüche auch von Frauen hören musste…
Kein Wunder, dass du „Wut im Bauch“ hast! Gibt es denn ein Erlebnis, das dich zu dem Song inspiriert hat?
Ja, ich hätte den Song sicher auch aus Situationen der Fremdbestimmung heraus schreiben können. Zum Beispiel habe ich erlebt, dass mir bei einem Fotoshooting Kleidung aufgedrängt wurde, in der ich mich überhaupt nicht wohl fühlte, aber in diesem Fall geht der Song auf eine ganz andere Geschichte zurück. Ich hatte mal einen Gig in einem kleinen, sehr coolen Laden in Hamburg in der Schanze und hatte irgendwie kein gutes Gefühl. Darum lief ich stundenlang vor dem Auftritt in der Gegend herum und verteilte Flyer in umliegenden Cafés und Bars, um Leute auf meinen Auftritt aufmerksam zu machen. Dabei schleppte ich mein komplettes Equipment durch Straßen voller Hipster und Millenials – ohne Erfolg. Im Publikum standen im Endeffekt vier Leute. Zuerst wollte ich gar nicht erst auf die Bühne, habe es dann aber durchgezogen und es als Probe gesehen, bei der ich nach Kosten für die Band und der Miete und so weiter am Ende zwar mit einem dicken Minus raus ging, dafür aber eine Erfahrung reicher war. Das Ganze passierte zudem noch parallel zum Labelwechsel sowie familiären Turbulenzen (Gerichtsverfahren ihres Bruders David Garrett, Anmerkung der Redaktion). Aber nach dem Abend bin ich wieder mit Sack und Pack in die Bahn und habe zuhause direkt angefangen „Wut im Bauch“ zu schreiben, weil ich diese in dem Moment so stark gespürt habe und mich ärgerte, dass man als Frau in dem Business keinen richtigen Platz zu haben scheint, außer man ist sehr konform – und die Musik tut keinem weh.
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Woher nimmst du die Power, dich nach solchen Schicksalsschlägen wieder aufzuraffen und stärker denn je weiterzumachen? Dein neues Mixtape ist ja selbst produziert, das erfordert sicher viel Selbstbewusstsein und Mut.
Ich stand tatsächlich vor einer Gabelung in meinem Leben und es gab eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Die eine war, sich einzugestehen, dass die Schiene, mit einem Label an einem Projekt zu arbeiten, gescheitert ist und zu schauen, ob ich noch einmal studieren soll, um dann irgendwo als Lehrerin eine Einstellung zu finden. Doch ich habe mich dann dazu entschieden, mir mein altes Album mit ein wenig Abstand anzuhören. Dabei wurde mir schnell klar, dass es –auch wenn ich vieles trotz großem Widerstand durchsetzen konnte – immer noch ein absolutes Kompromissprodukt war, woran ich mir definitiv schuld war. Aber wie sagt man so schön, aus Fehlern lernt man und das habe ich dann auch gemacht. Ich schrieb Songs alleine, nur für mich, ohne Schubladendenken und daraus wurde am Ende ein Projekt, das mich als Person und Künstlerin zu 100 Prozent widerspiegelt.
Man merkt in Video auch, gerade in der Szene, wo du Tränen in den Augen hast, dass du sehr viele Emotionen in das Projekt gesteckt hast. Wie würdest du diese einordnen?
Ich glaube, es sind zweierlei Emotionen, die bei diesem sehr aufwühlenden Projekt aus mir herausgesprudelt sind. Zum einen eine Form von Frustration und Wut auf die Branche aber auch eine Art Stolz, dass ich mir selbst treu geblieben bin und nicht auf die bewährte „Püppchen am Klavier mit gewollt schwermütigen Texten“-Schiene aufgesprungen bin. Man muss sich das mal vor Augen führen und erkennen, dass es in den letzten beiden Jahren in der deutschsprachigen Musiklandschaft eigentlich nur eine einzige Frau gab, die erfolgreiche Popkünstlerin ist und davon leben kann: Sarah Conner. Bei den Männern fällt mir da sofort eine ganze Handvoll ein: Andreas Bourani, Mark Forster, Tim Bendzko, Adel Tawil oder Philipp Poisel. Diese Ungleichheit finde ich nicht gerechtfertigt und hoffe, dass ich mit meiner ganz eigenen Art Musik zu machen, Menschen berühren kann.
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Da stellt sich doch dir Frage: Wärest du gerne ein Mann oder ist das deiner Meinung nach „the easy way out“?
Also aus Neugier wäre ich tatsächlich gerne für einen Tag ein Mann und das hätte auch nichts mit Flucht zu tun. Gerade um so alltägliche Dinge aus einer männlichen Perspektive zu sehen, wie in einem Meeting zu sitzen oder durch die Straßen zu laufen aus einer anderen, würde mich sehr interessieren.
Was wären denn bestimmte Attribute, die für dich in der heutigen Zeit einen coolen Mann ausmachen?
Ich muss zugeben, auch Männer in den Medien haben es zurzeit nicht leicht. Zwischen dem verweichlichten und emotionalen Schweighöfer-Modell und dem notgeilen Macho aka Faber findet nicht viel statt. Persönlich finde ich kluge, bedachte, emotional intelligente Männer mit klaren Ansagen, die sich selbst treu sind anziehend. Materia ist da meiner Meinung ein treffendes Beispiel.
Sagen wir, man findet einen coolen Mann, hat beruflichen Erfolg und möchte nun ein Kind bekommen. Siehst du das als zusätzlichen Druck für die Frauen? Hast du persönlich einen Kinderwunsch und ist es heutzutage vielleicht sogar unverantwortlich, Nachwuchs in diese sich schnell verändernde, digitalisierte und teils einsame Welt zu setzen?
Über das Thema habe ich mich gerade mit Freunden bei dem einen oder anderen Bier unterhalten und ich muss sagen, dass man kaum Kontrolle über diese Gedanken in einem hat, sobald die dirty 30 einem aus der Nähe beginnt zuzuwinken. Genau diese Frage habe ich auch auf meinem Mixtape in einem Song verarbeitet. Auf der einen Seite habe ich gerade die ersten Schritte auf dem Weg zur eigenständigen, wertigen Künstlerin gemacht. Mir ist mehr als bewusst, da erst die erste Schlaufe des Schals gestrickt zu haben. Auf der anderen Seite sehe ich auch, wie weit ich von meinen Möglichkeiten her weg bin vom Thema Kind, was mich teilweise innerlich zerreißt. Jetzt gerade Nachwuchs in diese Welt zu setzen, wäre einfach unverantwortlich. Dazu kommen noch die äußeren Umstände, die Digitalisierung, die Unübersichtlichkeit, der Zustand der Weltpolitik, die Prognosen, wie diese in 30 Jahren aussehen wird, die nicht nur in mir, sondern in vielen Frauen der Generation Y eine leise Art von Grundangst auslösen.
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Da kann man nur versuchen an die positiven Veränderungen, wie die Ehe für alle zu denken. Wie denkst du über das Thema?
Erstmal muss ich dir da vollkommen zustimmen, das ist in der Tat – nach dem riesigen Gewitter namens 2016 und auch 2017 – mal ein Schritt in die richtige Richtung und es herrscht eine kollektive Erleichterung darüber, dass in Deutschland auch einiges richtig läuft. Da kann man, bei all den Schreckensmeldungen, ruhig mal einen Moment innehalten darf, um sich darüber zu freuen, was es an positiven gesellschaftlichen Entwicklungen zu beobachten gibt.
Hier könnt ihr das kraftvolle Video zu "Wut im Bauch" exklusiv vorab anschauen. ELENAs Mixtape "Shit vergangener Tage" erscheint am 17. November 2017.
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