Viele Menschen denken, eingerissene Mundwinkel würden, ähnlich wie spröde Lippen, durch extreme Kälte und Trockenheit entstehen – zum Beispiel bei einem zu langen Winterspaziergang oder durch die Heizungsluft im Büro. Doch in Wahrheit steckt hinter den unangenehmen, manchmal sogar schmerzenden Stellen etwas ganz anderes. Und so viel kann ich vorab schon mal verraten: Mit Herpes hat das Ganze nichts zu tun.
Sie sind eine Art Begleiterscheinung einer Cheilitis angularis (aka Mundwinkelentzündung) und heilen meist erst nach einigen Wochen ab, wenn sie nicht behandelt werden. Abgesehen davon, dass die Risse und die sich darum bildenden Krusten nicht gerade hübsch anzusehen sind, machen sie alltägliche Dinge wie Zähne putzen, in einen saftigen Burger beißen oder sogar Lächeln zur Qual. Weil es keine Option ist, auf diese Sachen zu verzichten, haben wir drei Expert*innen nach Tipps gefragt. Nachfolgend fasse ich die Antworten des Zahnarzts, der Dermatologin und der Ernährungsberaterin für dich zusammen – damit du weißt, wie eingerissene Mundwinkel (auch Mundwinkelrhagaden genannt) entstehen, wie du sie behandeln kannst und dafür sorgst, dass sie erst gar nicht entstehen.
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Was sind eingerissene Mundwinkel?
Das Erste, was du über Mundwinkelentzündungen wissen musst, ist, sie sind vollkommen normal und sehr weit verbreitet. Tatsächlich sind sie so gewöhnlich, dass Dermatolog*innen praktisch am ersten Tag des Studiums alles über sie lernen, so Dr. S. Manjula Jegasothy. Die kleinen Wunden entstehen durch Spucke: „Im Mund und in der Speichelflüssigkeit befinden sich permanent Bakterien und Pilze. Wenn wir im Schlaf sabbern, wird es von den Mundwinkeln aufgefangen – wie Regen in einer Dachrinne“, erklärt Dr. Jegasothy. Durch die Ansammlung bilden sich dann häufig trockene, rote Hautschuppen. „Weil die Rillen in den Mundwinkeln mit dem Alter tiefer werden, steigt demzufolge auch die Wahrscheinlichkeit für Mundwinkelentzündungen.“
Gründe für eingerissene Mundwinkel
Auch, wenn die schmerzenden Stellen häufiger bei kälteren Klimaverhältnissen entstehen, trägt das Wetter nicht die alleinige Schuld. Schließlich kann der Grund dafür, dass du sabberst auch zum Beispiel eine verstopfte Nase sein, weshalb du mit offenem Mund schlafen musst, sagt Dr. Jegasothy. Ansonsten kann auch zu häufiges Lippen lecken zu eingerissenen Mundwinkeln führen, so der Zahnarzt Brian Kantor (Da frage ich mich natürlich direkt, ob Cher oder LL Cool J regelmäßig damit zu kämpfen haben?). „Viele lecken ihre Lippen, um die Schmerzen oder Trockenheit zu lindern. Der überschüssige Speichel landet dann in den Mundwinkeln, wo es schön warm und kuschelig ist – die perfekten Bedingungen für Pilze also. Abgesehen davon können auch Viren und Bakterien zur Entstehung einer Mundwinkelentzündung beitragen.“
Aber das sind längst nicht alle möglichen Ursachen. Laut Dr. Kantor sind Personen, die regelmäßig orale Candidiasis (einer Infektionskrankheit mit Infektion durch Pilze der Gattung Candida) haben oder bestimmte verschreibungspflichtige Medikamente nehmen (mit Retinoiden, Corticosteroide oder Antibiotika) anfälliger. Auch bei Menschen, die Spangen tragen, rauchen oder aber an Blutarmut, Diabetes oder Krebs leiden, ist die Wahrscheinlichkeit von Mundwinkelentzündungen höher. Ebenso ist es bei Leuten mit Überbiss, da die Rille in den Mundwinkeln meist tiefer ist.
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Ein weiterer Grund kann die Ernährung sein. „Bei einem Mangel von B2, B3, B6 und Eisen kann sich das Risiko einer Angular Cheilitis erhöhen“, erklärt Maya Feller, eine New Yorker Ernährungsberaterin, deren Spezialgebiet die Ernährung zur Vorbeugung chronischer Krankheiten ist. „Eine glukose- oder kohlenhydratreiche Ernährung kann für eine Umgebung sorgen, in der Pilzinfektionen besonders gut gedeihen können.“
Wie kannst du Mundwinkelentzündungen vorbeugen?
Wenn die schmerzhaften Stellen durch Pilze entstehen, wäre es dann nicht am besten, die fiesen kleinen Bakterien einfach mit einer krassen Mundspülung raus zu spülen? Nicht ganz, sagt Dr. Kantor. „Wenn du alle Bakterien ausrottest, zerstörst du die natürliche Flora im Mund. Abgesehen davon helfen Mundspülungen auch nicht gegen die Schmerzen, die die kleinen Risse verursachen – im Gegenteil.“ Um die Mundgesundheit zu erhalten empfiehlt der Zahnarzt eine gute Reinigungsroutine: Zwei Mal täglich Zähne putzen, Zahnseide verwenden und mit einer antiseptischen Mundspülung den Mund reinigen.
Auch beim Thema Ernährung musst du einfach deinen gesunden Menschenverstand einschalten. Laut Maya Feller kann die richtige Ernährung ausgleichend auf die Flora im Mund wirken, was wiederum die Wahrscheinlichkeit von Mundwinkelentzündungen senkt. „Aus ernährungsphysiologischer Sicht würde ich eine ausgewogene Ernährung empfehlen. Nimm ausreichend Lebensmittel zu dir, die nicht industriell verarbeitet wurden und achte auf einen guten Mix aus stärkehaltigem und -freiem Gemüse, Hülsenfrüchten und Obst“, so Feller. „Besonders wenn du an einem Vitamin-B-Mangel, einer Anämie oder Diabetes leidest, solltest du deinen Magen-Darm-Trakt nicht gefährden. Stelle sicher, dass dein Körper die Nährstoffe, die du über dein Essen und Nahrungsergänzungsmittel zu dir nimmst, auch umsetzen kann.
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So behandelst du eingerissene Mundwinkel
Solltest du trotz aller Vorsicht und gesunder Ernährung trotzdem an Cheilitis Angular leiden, hat Dr. Jegasothy einen effektiven, allerdings doch ziemlich ungewöhnlichen Tipp (also nicht erschrecken): „Besorg dir eine freiverkäufliche Fußcreme für Sportler*innen mit 2 Prozent Butenafin“. Die Vorstellung, sich das Zeug auf die Lippen zu schmieren mag etwas befremdlich sein, aber wenn du es zweimal täglich aufträgst (früh und abends), kann es die Schmerzen lindern und die Wundheilung anregen.
Falls du dich nicht traust, diesen Trick anzuwenden, lass dich einfach in der Apotheke beraten – besonders, wenn du die Ursache deiner eingerissenen Mundwinkel nicht kennst (und davon gibt es ja, wie wir jetzt gelernt haben, sehr viele). Na dann: Gute Besserung!
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