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#FragR29: Wieso daten wir Leute, die uns nicht gut tun?

Foto: Natalia Mantini
Ich muss nur warten, ausharren, hoffen. Irgendwann wird es besser. Irgendwann wird er*sie erkennen, was wir haben und dann wird alles gut.
Ich weiß nicht, wie oft ich mir dieses Mantra ein den letzten anderthalb Jahren vorgebetet habe. Wie viele Stunden und Tage ich damit verbracht habe mir einzureden, dass alles gut wird. Wenn, ja wenn ich nur ein bisschen länger aushalte. Aushalten ist ja so ein Wort, das man mit Beziehungen eher nicht in Verbindung bringen möchte. Aushalten heißt, dass man sich mit etwas arrangiert hat, das einem nicht gut tut. Dass es besser geht. Die Fragen, die ich mir zum Schluss immer wieder gestellt habe, waren: Wieso halte ich das alles noch aus? Wieso höre ich nicht auf meine Freund*innen, die mir allesamt sagen, dass ich da weg muss? Wieso hoffe ich auf ein Wunder, das niemals eintreten wird?
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Irgendwann, nach anderthalb Jahren, hatte ich dann genug und bin gegangen. Aber schweren Herzens, mit sehr vielen Tränen, obwohl ich mit dieser Person wirklich mehr schlimmere Erinnerungen in Verbindung bringe als gute. Obwohl diese Person mich betrog, belog, ständig ghostete und eigentlich nie für mich da war, wenn ich es nötig hatte, hing ich an der Beziehung (oder Affäre oder was auch immer das war) wie ein Kaugummi an einer Schuhsole. Aber wieso zum Teufel eigentlich?

Wir suchen uns das, von dem wir glauben, es verdient zu haben

Eigentlich ist es ganz einfach: Wenn man glaubt, es nicht besser verdient zu haben, bleibt man, auch wenn die Beziehung oder auch die Freundschaft (ja sogar das Arbeitsverhältnis) einem wirklich nicht gut tun. Grund dafür können fehlendes Selbstbewusstsein oder Enttäuschungen in früheren Beziehungen sein, die die Messlatte einfach extrem niedrig halten. Fakt ist allerdings, dass jede*r von uns es verdient hat, in seiner*ihrer Beziehung zumindest meistens glücklich zu sein. Ja, Beziehungen sind harte Arbeit und ganz und gar nicht so harmonisch, wie es uns Filme und Serien oft vorgaukeln wollen, aber der Unterschied von einer wirklich beknackten Beziehung zu einer guten Beziehung ist der, dass du in guten Beziehungen weißt, dass sich die dunklen Wolken auch wieder verziehen werden und Platz für Sonnenschein machen, weil du es nämlich schon erlebt hast und nicht nur einfach hoffst.
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Besonders Frauen* neigen dazu, anzunehmen, sie hätten es verdient zu leiden und schlecht behandelt zu werden. Wie soll frau auch etwas anderes denken, wenn uns – ich zähle mich jetzt einfach mal zu dieser Gruppe – permanent eingeredet wird, dass unsere Bedürfnisse weniger wert sind als die der anderen oder dass es nicht erwünscht ist, dass wir unsere Bedürfnisse artikulieren. Von klein auf wird Mädchen beigebracht, bescheiden und genügsam zu sein und nicht ganz so ehrgeizig nach den Sternen zu greifen. Und auch, wenn sich hier in den letzten Jahren beim Thema Erziehung einiges getan hat, so leiden doch zumindest noch die Millennials unter den Spätfolgen dieser Erziehungsmethoden. Ich verrate dir jetzt aber etwas, das dich umhauen wird: Du hast mehr verdient, ich habe mehr verdient, wir alle haben mehr verdient. Das sollten wir uns jeden Morgen direkt nach dem Aufstehen sagen, dann glauben wir es nämlich irgendwann auch und werden dementsprechende Entscheidungen treffen. Zum Beispiel endlich diese befreiende Nachricht schicken, in der man einem Fuckboy sagt, er solle sich bitte nie wieder bei einem melden.
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Wir arbeiten in Beziehungen unsere Vergangenheit auf

Von unseren Eltern und anderen frühen Bezugspersonen lernen wir, wie Liebe und Beziehungen funktionieren. Unterbewusst suchen wir uns immer Menschen, die ähnliche Verhaltensmuster wie eben diese sehr frühen Bezugspersonen aufweisen – oder es schlägt ins andere Extrem um und wir suchen uns genau das Gegenteil. Ich zum Beispiel habe und hatte immer ein tendenziell schwieriges Verhältnis zu meinem Vater, der nicht nur eher abwesend war, sondern seine Liebe auch immer an gewisse Bedingungen geknüpft hat. Ich suche mir, seit ich denken kann, Menschen aus, die mich entweder gar nicht spannend finden oder nur ein bisschen, die mich nur manchmal mögen oder emotional so distanziert sind, dass man gar nicht von einer richtigen Beziehung sprechen kann. Leute, die von Anfang an super präsent und aufmerksam sind, vergraule ich sofort, da ich sie schlichtweg nicht interessant finde und diese Menschen daher als mögliche Partner*innen nicht in Betracht ziehe. Da ich von klein auf daran gewohnt war, um Liebe zu buhlen, folge ich also nach wie vor diesen Mustern. Ich kann es nur durchbrechen, wenn die Person, die ich gerade ganz spannend finde, in einer anderen Stadt wohnt und somit zwar nicht psychisch, aber dafür physisch abwesend ist. Diese Muster lassen sich fast gar nicht durchbrechen, weil sie so verinnerlicht sind. Es ist allerdings möglich, die Muster zu erkennen und zu reflektieren und bessere Entscheidungen zu treffen.

Wir haben Angst vor dem Alleinsein

Viele, mich eingeschlossen, bleiben viel zu lange in gar nicht mal so tollen Beziehungen, weil sie Angst vor dem Alleinsein haben. Dabei ist es gar nicht so schlimm, allein zu sein. Eine Tatsache, die wahrscheinlich niemand von uns gerne hört, ist die, dass man erst zufrieden mit sich selbst sein muss, bevor man sich überhaupt auf eine andere Person einlassen kann. Auch wenn das ziemlich abgedroschen klingt, so liegt hier doch des Pudels Kern, denn nur wer ganz bei sich ist, hat genügend Kraft und ist gefestigt genug, um so etwas Kompliziertes wie eine Beziehung zu meistern. Eine (oder mehrere) Beziehungspartner*innen können nämlich grundsätzlich nur eine Bereicherung für dein Leben sein, keinesfalls sollten sie dich aber retten oder dein Leben vervollständigen. Es gibt diese komische Vorstellung, dass man nur zu zweit ein Ganzes bilden kann und diese Annahme ist nicht nur totaler Quatsch, sie ist auch sehr gefährlich, da sie grundsätzlich und quasi ausnahmslosUnzufriedenheit produziert.

Loslassen statt aushalten

Der Gedanke an ein Wunder mag sehr romantisch sein, aber glaube mir, in 99,9% aller Fälle wird kein Wunder passieren. Sich von der Hoffnung zu verabschieden ist hart und ja, wahrscheinlich wirst du schlimmen Liebeskummer haben, aber dieser Kummer geht vorbei und du gehst als stärkere Person daraus hervor. Den Schritt zu gehen erfordert viel Kraft und Mut, weil jede Faser in deinem Körper dich davon abhalten wollen wird, aber es lohnt sich auf längere Sicht. Blockiere die Person, die dir das Herz gebrochen hat, stalke sie nicht auf Social Media und unternehme tolle Dinge mit deinen Freund*innen, mach eine Reise oder kauf dir was schönes. Jetzt geht es nämlich endlich mal um dich, um das, was du brauchst und was dir gut tut und es gibt endlich niemanden mehr, der dir täglich das Gefühl gibt, nicht gut genug zu sein. Und das ist etwas Wunderbares.

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