Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es um Suizidgedanken.
In einem herzzerreißenden, historischen Interview zwischen Meghan Markle, ihrem Mann Prinz Harry und Oprah Winfrey kam endlich mal die ganze Wahrheit auf den Tisch: wieso Meghan und Harry das britische Königshaus hinter sich ließen, welche Lügengeschichten die Royals angeblich noch immer über sie verbreiten und wie rassistisch die Monarchie Meghan und ihrem Sohn Archie gegenüberstehen. Das Interview enthüllte viel Schockierendes – eine der größten Überraschungen war aber wohl Meghans Geständnis, dass sie still und leise unter Suizidgedanken gelitten habe, gegen die ihr jegliche Hilfe verwehrt worden war, als sie darum bat.
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„Ich habe mich damals sehr dafür geschämt – auch, als ich Harry davon erzählte, weil ich weiß, wie viele Verluste er schon erlitten hat“, gestand Meghan gegenüber Oprah. „Ich wusste aber, dass ich [Suizid begehen] würde, wenn ich nicht darüber sprach. Ich wollte einfach nicht mehr leben, und das war ein sehr klarer, realer, beängstigender und immer präsenter Gedanke.“
Warum erzählt sie jetzt von dieser Erfahrung? Dafür hat sie einige Gründe: „Ich teile diese Geschichte, weil ich weiß, wie viele Leute Angst davor haben, zu gestehen, dass sie Hilfe brauchen. Und ich weiß persönlich, wie schwer es ist, nicht nur um Hilfe zu bitten, sondern sie dann auch noch verwehrt zu bekommen. Also wandte ich mich an die Personalabteilung [des Königshauses] und sagte: ‚Ich brauche Hilfe.‘ Schließlich gab es auch in meinem alten Job [als Schauspielerin] dafür eine Gewerkschaft, die mir in der Situation geholfen hätte.“ Laut Meghan war die Antwort der Personalabteilung aber eindeutig: Sie konnten nichts für sie tun, weil sie keine „bezahlte Angestellte“ gewesen sei.
Meghans offenes Geständnis ihrer Schwierigkeiten ging vielen Zuschauer:innen nah – vor allem all denjenigen, die selbst schon mal mit Suizidgedanken zu kämpfen hatten. Einige sind sich deswegen sogar sicher, dass Meghans Worte und ihre mutige Offenheit langfristig Leben retten können.
Leider gibt es aber eben auch hier Leute, die ihre ganz eigene Meinung zu Meghans geistiger Gesundheit haben und kundtun, insbesondere in Großbritannien. In der britischen TV-Morgensendung Good Morning Britain meinte die amerikanische Moderatorin Megyn Kelly, Meghan dichte sich „ein Märchen darüber, wie einsam sie sich im Schloss gefühlt“ habe; auch Piers Morgan, Moderator bei GMB, stellte am Montagmorgen klar, er glaube „kein Wort von dem, was [Meghan] sagt“. In der britischen Daily Mail schrieb er außerdem in seiner Kolumne, er halte sie für eine Lügnerin, denn schließlich sei sie dank ihrer Privilegien vor Suizidgedanken und Depressionen geschützt gewesen. Und auch ein ehemaliger Berater der britischen Ex-Premierministerin Margaret Thatcher nannte Meghans Interview eine „erschreckende Demonstration von Täuschung, Wahnsinn und Eitelkeit, kombiniert mit einem Netz aus Lügen und absurden Unterstellungen gegen die britische Königsfamilie“.
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Was dabei niemand zu bedenken scheint: Solche Aussagen schaden allen, die unter einer schlechten geistigen Gesundheit leiden. Betroffene von Suizidgedanken warten oft lange, bevor sie sich Hilfe holen, weil diese Gefühle häufig als „nicht ernst genug“ wahrgenommen werden, um professionelle Hilfe zu rechtfertigen, ergab eine Studie der University of Michigan. Wenn bekannte Persönlichkeiten eine:n Betroffenen, der oder die sich öffentlich zu diesen psychischen Problemen äußert, derart hinterfragen und verspotten, kann das dieses weit verbreitete, schädliche Stigma nur noch verschlimmern. „Meghan Markle wird eure Kommentare nicht lesen, in denen ihr meint, ihr kauft ihr die Probleme und Suizidgedanken nicht ab – aber andere Leute, die gerade unter denselben Dingen leiden, werden sie sehen. Eure ignoranten Meinungen helfen ihnen nicht“, twitterte @itsscottsummers.
Woke up this morning imagining unknown others finally saying to a friend or loved one, “I, too, think of suicide.” For that alone, I am grateful for Meghan Markle. Her courage will save lives.
— Connie Schultz (@ConnieSchultz) March 8, 2021
In Deutschland sterben rund 25 Personen am Tag durch Suizid. Um dagegen vorzugehen, müssen wir offen und ehrlich über unsere geistige Gesundheit sprechen – und darüber, wie wir Betroffenen von Depression und Suizidgedanken helfen können. Meghan hat genau das in ihrem Interview versucht. Hoffentlich übertönen ihre wichtigen Worte die der Kritik, die ihr diese Woche entgegenschlägt.
Wenn es dir selbst nicht gut geht oder du eine Person kennst, die eventuell Hilfe brauchen könnte, kannst du die Hotline der TelefonSeelsorge unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 anrufen oder den Chat der TelefonSeelsorge nutzen.
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