Bis sich die Karten vor anderthalb Jahren neu gemischt haben. Anlass für die erste Folge zu Polyglot im Frühjahr 2015 war ein Filmwettbewerb auf YouTube, bei dem sie damals zwar nicht als Siegerin hervorgegangen ist, der sie aber dennoch weltweit bekannt gemacht hat. „Als dann plötzlich auch Blogs und Magazine darüber berichtet haben, habe ich erst realisiert, dass es tatsächlich Leute gibt, die sich das gerne anschauen. Das hat mich angetrieben.“ Es folgten Einladungen zu internationalen, renommierten Filmfestivals, unter anderem dem Tribeca Filmfestival in New York und diverse Auszeichnungen. Der enorme Zuspruch verwundert nicht, denn Amelia thematisiert, was vielen jungen Menschen – mit und ohne Migrationshintergrund – auf der Seele brennt: die Suche nach Heimat und Identität. Fragen wie Wer bin ich?, Wo komme ich her?, Wo gehöre ich hin? sind so aktuell wie nie zuvor. Sie selbst habe die eine universelle Antwort auch noch nicht gefunden. „Ich glaube, ich komme ihr aber immer näher. Was wohl trotzdem immer bleiben wird, ist der innere Konflikt, ob mein Zuhause nun hier oder in Ruanda ist. Auch wenn ich weiß, dass das eine, das andere nicht ausschließt. Vielleicht ist Zuhause aber ohnehin kein Ort, sondern ein Gemütszustand. Ruanda ist sowas wie mein Sehnsuchtszuhause. Wenn ich nicht in Berlin bin, verspüre ich nie dieselbe Sentimentalität.“
Viele Filme über den Genozid hatten wenig mit dem zu tun, was wirklich passiert ist und waren lediglich die Sicht des Auslandes, weswegen es auch in allen Filmen, ausser bei Hotel Ruanda, immer einen weißen Helden geben musste
Jede Sprache verkörpert eine komplett andere Welt für mich
Ich kann mir nicht mehr vormachen, dass mein Geschlecht und meine Hautfarbe keine Rolle spielen, das werden sie immer tun und ich für Menschen entweder unsichtbar, oder aber extrem sichtbar sein
Auch wenn Amelia für Polyglot keine Fortsetzung plant, wird man in Zukunft noch viel von ihr sehen, lesen und hören. „Ich konzentriere mich jetzt auf neue Projekte, die auf dem Erfolg der Serie aufbauen können. Seit November teile ich beispielsweise sehr persönliche Gedanken in einer monatlich erscheinenden Kolumne für das Missy Magazine.“ Außerdem habe sie gerade mit ihrem experimentellen Kurzfilm Mutabo in London Premiere gefeiert und ein Drehbuch zu einem 30-minütigen Film fertig geschrieben. Auch darin wird es um die Identität der Schwarzen Community gehen, nicht aber ohne eine universelle Botschaft zu transportieren. „Am Ende ist es wichtig, sich in andere hinein fühlen zu können, auch wenn man bestimmte Situationen oder Alltagsabläufe nicht kennt. Ich werde auch zukünftig mit Nischen-Protagonisten und Geschichten arbeiten, die aber genauso gut in der Masse funktionieren. Es gibt etwas universell Gültiges zwischen all unseren Identitäten, ein Band, das uns zusammenhält. Daran muss ich einfach glauben, wenn ich das weitermachen möchte.“