Dass Frauen und Männer unterschiedlich sexten oder sich anders sozial verhalten, ist womöglich weniger überraschend als klischeemäßig verschiedene Pflegeroutinen: Während Männer angeblich mit 3-in-1-Shampoo und Deo auskommen, warten im Bad vieler Frauen gern mal 20 oder mehr Produkte darauf aufgebraucht zu werden. Wie gut man auf Body Lotion und Handcreme verzichten kann, teste ich seit zwei Monaten. Dank Umgewöhnung, Übergangszeit und Heizungsluft darf ich mich da jetzt nicht nur über trockene Haut freuen, sondern auch über lieb gemeinte Kommentare bei der Pediküre.
Bei meinem letzten Termin erklärte mir die Fußpflegerin, dass der Zustand meiner haarigen Beine in der Steinzeit begründet läge. Die Haut von Männern wäre robuster, da sie auf der Jagd waren, während Frauen im Schutz der Höhle einen Strahleteint ausbildeten. 4.000 Jahre später muss die Pflege natürlich immer noch angepasst werden, meint die Fußpflegerin. Ihre Begründung erscheint mir allerdings so Flintstones-mäßig, dass ich mit einer Expertin über die Unterschiede zwischen Männer- und Frauenhaut gesprochen habe.
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Dr. Yael Adler ist Dermatologin in Berlin und hat zuletzt das Buch „Darüber spricht man nicht. Weg mit den Körpertabus.“ veröffentlicht. Welche Pflege sie für alle Geschlechter empfiehlt und wie man die Haut durch Ernährung unterstützen kann, das alles erklärt sie uns im folgenden Interview. Spoiler: Mit Jägern und Sammlern hat der Zustand unserer Haut nichts zutun.
R29: Inwiefern unterscheidet sich die Haut von Frauen und Männern nach der Pubertät?
Dr. Yael Adler: Der Unterschied liegt in der Evolution begründet und ist durch die Hormone beeinflusst. Deswegen können die Charakteristika von Haut und Haaren verschieden sein.
Die Haut von Frauen ist nach der Pubertät durch Östrogen beeinflusst. Das Porenbild ist eher feiner, die Haare in der Regel voller. Die Hautdurchblutung ist zyklusabhängig und verändert sich um den Eisprung. Männer haben tendenziell öligere Haut und größere Poren. Das ist nicht immer so. Testosteron sorgt mit Stoffwechselprodukten für stärkeren Haarwuchs in manchen Regionen und führt später oft zu altersbedingtem Haarausfall.
Männer, die eine größere Fettproduktion haben, brauchen tendenziell weniger Plfege als manche Frau. Wobei eine Frau nicht grundsätzlich Fettpflege braucht. Wenn wir unsere Haut nicht ständig mit Seife und Peelings entfetten, dann hat die Haut von von beiden Geschlechtern genug Fett. Die natürliche Fettcreme der Haut muss nicht ergänzt werden.
Welche Pflege eignet sich für beide Geschlechter?
Ich empfehle das Gesicht nur mit warmem Wasser und Handtuch zu waschen. Mit Creme sollte man nur da nachhelfen, wo die Haut trocken ist und spannt. Hautschuppen in der T-Zone, rechts und links der Nase, an den Augenbrauen oder auf dem Kopf sind oft ein Zeichen für zu fettige Haut. Das verstehen viele Menschen falsch. Die Ursache ist in den Poren zu sehen und wird durch fettreiche Pflege nicht verbessert.
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Wie kann die Ernährung zum Zustand der Haut beitragen?
Hautpflege geschieht von innen, besonders wenn man sich pflanzenbetont ernährt. Der Verzicht auf Zivilisationsprodukte wie Zucker oder Weißmehl und Suchtmittel wie Alkohol und Zigaretten trägt unter anderem zu einer gesunden Darmflora und damit zum Zustand der Haut bei. Im Rahmen der Hautpflege sollte man sich auch Blut und Darm anschauen. Zu einer gesunden Darmflora gehören bestimmte Bakterien. Im Blut sollten Mikronährstoffe wie Zink, Selen und B12 sein. Nahrungsergänzungsmittel können kurzfristig beim Ausgleich helfen. Wenn alles in Einklang ist, strahlt die Haut auch ohne Hilfe von außen.
Was bringt Pflege von außen?
Es ist nicht möglich die Hautfettproduktion von außen zu beeinflussen. Man trocknet höchstens die Hautbarriere aus und macht sie so kaputt. Die Talgdrüsen produzieren ihr Fett weiterhin oder eben nicht. Auch Schilddrüsenprobleme können zu einer ungesunden Haut führen.
Seife ist alkalisch und zerstört den Hautschutzfilm. Waschsubstanz sollte höchstens an den Händen verwendet werden, die dann auch eingecremt werden sollten. Ekzeme, Ausschläge und Kontaktallergien können die Folge sein. Beim Duschen kann man ein mildes, saures Duschgel mit milden Tensiden verwenden. So kommt die Haut in Balance.
Wie bleibt die Haut gesund?
Unsere Haut baut sich durch Mikro- und Makronährstoffe auf. Es ist immer empfehlenswert sich bei Hautproblemen ein großes Nährstoffprofil vom Arzt erstellen zu lassen. Daran sieht man, ob Stoffe wie Biotin, Silizium, Zink, etc. ausreichend vorhanden sind. Eine hautfreundliche Ernährung sollte pflanzenbasiert sein, Nüsse und Fisch enthalten. Hungerphasen sind gut für Stoffwechsel und Darmflora. Wer regelmäßig Zucker, Weißmehl oder Milch zu sich nimmt, hält den Insulinspiegel andauernd oben. Dadurch sind die Talgdrüsen überstimuliert und fettige Haut wird befördert.
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Die Darmflora ist wichtig, da über sie antientzündliche Bakterien aufgebaut werden. Steinzeitkost essen, nicht dauernd zu essen und auf prozessierte Nahrungsmittel zu verzichten. Sparsam Vollkorn, Essen selbst zubereiten.
Was ist die richtige Pflege bei Mischhaut?
Eine sensible Mischhaut sagt eigentlich: Lass mich in Ruhe. Shea Butter, keine Duftstoffe, Farbe, Konservierung. Lotionen auf Basis der Dermabrasionsstruktur, damit wird die Hautbarriere wieder hergestellt und geschützt. Die fettige T-Zone sollte nicht extra eingecremt werden.
Wie sieht es mit Sonnenschutz aus?
Sonnenschutz ist für alle Geschlechter gleichermaßen wichtig und hängt vom Hauttyp ab: zehn und 20 Minuten bei hellhäutigen, bis zu einer Stunde bei dunkelhäutigen. Danach mit Kleidung oder LSF die Haut schützen.
Hinweis der Redaktion: In diesem Artikel wird von Männern und Frauen im biologisch-binärgeschlechtlichen Sinn ausgegangen. Wir möchten inklusiv sein und arbeiten daran, auch unsere Interviewpartner*innen dementsprechend auszuwählen. Bei Beiträgen, die inhaltlich relevant sind, diese Anforderung jedoch nicht erfüllen, wird fortan dieser Disclaimer erscheinen.