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Ein muslimischer Pornostar spricht über die Vereinbarkeit von Job & Religion

Es war die „Donald Trump“-Szene, wie Nadia Ali sie nennt, die ihr gezeigt hat, dass die Zeit nun gekommen ist, sich aus der Pornobranche zurückzuziehen. „Nach 20 Filmszenen, in denen man gezielt versucht hat, mich und generell Menschen aus dem Nahen Osten, in ein negatives Licht zu rücken, war für mich Schluss,“ erzählt sie gegenüber Refinery29.
„In der nächsten Szene sollte der Inbegriff eines amerikanischen weißen Mannes, der auch noch wie Donald Trump gekleidet war, ein muslimisches Mädchen ficken. Das fand ich einfach nur noch respektlos. Ich habe entschieden, dass dies nicht meine letzte Pornofilmszene sein würde.“ Also machte sie vorher Schluss.
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Für Ali war der ideologische Konflikt, in dem sie sich aufgrund ihres Jobs oft wiedergefunden hat, nichts Neues. Die 24-jährige ist pakistanisch-amerikanischer Abstammung, praktizierende Muslima, Erotik-Tänzerin sowie ehemalige Escort-Dame und Pornodarstellerin. Berufliche Voraussetzungen, bei denen Konflikte mit ihrer Religion quasi vorprogrammiert sind. Mit den offensichtlichen Widersprüchen, die in ihrer Person kulminieren, kämpft sie jeden Tag. „Natürlich bestehen da Konflikte zwischen meinem Glauben und meinem Alltag“, gibt sie zu. „Aber haben wir die nicht alle?“
Ja, aber nicht jeder hat damit internationale Kontroversen ausgelöst. Ali wurde dadurch bekannt, dass sie einen Hijab in Pornofilmen trug – eine Entscheidung, mit der sie sich nicht nur in der Erotikbranche einen Namen machte, sondern auch in der Kreuzworträtselszene zu Bekanntheit verhalf. Aus Pakistan, dort wo ein großer Teil ihrer Familie lebt, sei sie „verbannt“. „Pakistan hat mich nicht verbannt, weil ich Pornos gemacht habe,“ stellt Ali klar. „Sie lehnen mich ab, weil ich das Kopftuch und traditionell islamische Kleidung in bestimmten Szenen getragen habe.“
Ali weiß, dass Kritiker ihre Kleiderwahl als respektlos empfinden, obwohl das nie ihre Absicht war. „Aus islamischer Sicht bin ich im Grunde ein Anti-Hijab, weil ich die islamische Kopfbedeckung nicht respektiere“, sagt sie. „Aber darum ging es mir nie. Es geht doch um mich und darum, dass ich offen mit meiner Sexualität umgehe. Eine Frau aus dem Nahen oder Mittleren Osten, die nicht weiß, wie sie mit ihrem Mann intim werden soll, die sich nicht selbst befriedigt, oder was auch immer, kann sich meine Pornofilme ansehen und lernen, offen mit ihrer Sexualität umzugehen. Sie weiß dann, dass sie nicht ’die einzige‘ ist.“
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Als Ali noch jünger war, fühlte sie sich oft isoliert. Aufgewachsen in New Jersey, war sie die erste aus ihrer pakistanischen Familie, die in den USA geboren wurde. Von klein auf waren jedoch große Erwartungen wie Bescheidenheit und Keuschheit an sie gestellt. Obwohl sie nie ein Kopftuch trug, „wuchs ich in einer sehr strengen Familie auf“, sagt sie. „Aus dieser Gemeinschaft heraus, war es wirklich sehr hart für mich, weil ich mich immer wie eine Ausgestoßene gefühlt habe. Ich fühlte mich immer unterdrückt, so, als wäre ich nicht ich selbst gewesen.“
Mit Sex Geld zu verdienen, davon hat Ali nie geträumt. Aber 2013 - da war sie gerade einmal 21 Jahre alt, arbeitete in einem Friseursalon in San Francisco und zupfte Augenbrauen - lud eine Freundin sie ein, mit ihr in einem Stripclub zu tanzen. „Ich habe 500 Dollar an dem Abend gemacht und war unglaublich stolz auf mich selbst. Ich dachte nur: ‚Oh mein Gott, ich werde nie wieder damit aufhören!‘“ Sie rief laut: „Ich werde nie wieder in mein altes Leben zurückkehren.“
Seitdem ist Ali im weiten Feld der Sexarbeit tätig, obwohl die Art der Arbeit sich mit den Jahren wandelte. „Ich habe als Tänzerin angefangen, dann habe ich in den Escort-Bereich gewechselt und auch mit den Kunden Sex gehabt“, wie sie sagt. „Bis 2014 habe ich beides immer wieder abwechselnd gemacht.“ 2014 war auch das Jahr, in dem Ali die Pornowelt betritt, wo man sie dazu ermutigt, in ihren Filmen einen Hijab zu tragen. „Viele Pornounternehmen hätten sich gar nicht für mich interessiert, wenn ich kein Kopftuch oder traditionelle Kleidung aus dem Nahen Osten getragen hätte“, sagt sie. „Ich wäre einfach ein normales, brünettes Mädchen mit braunen Augen gewesen, das eine Pornoszene dreht. Was wäre schon so besonders an mir gewesen? Was wäre so anders an mir gewesen? Warum hätte ich berühmt oder bekannt werden sollen?“
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Einen Hijab in Pornos zu tragen, das ist heute noch eines der ganz wenigen Tabus – und Tabus verkaufen sich eben gut. So wie schon bei dem libanesisch-amerikanischen Pornostar Mia Khalifa (die übrigens keine Muslimin ist), zieht Ali die Aufmerksamkeit des Internets und der Welt auf sich. Sie hat sich eine feste Fangemeinde aufgebaut und wurde natürlich auch zum Blitzableiter für Hass. „Ich bekomme jeden Tag irgendwelche Tweets oder Kommentare: ‚Ich will dich töten‘, ‚Ich will dich enthaupten‘ oder ‚Ich will deine Mutter vergewaltigen‘“. Eine ganze Reihe unangenehmer Dinge. „Ich versuche trotzdem freundlich zum bleiben, lösche die Nachrichten und blockiere die Absender. Das ist wohl das Beste, was ich tun kann.“
Zwischen ihrer Arbeit als Escort und als Darstellerin in Pornofilmen, hat Ali trotzdem versucht, zwei bis drei Mal täglich zu beten. Und das tut sie bis heute. „Ich bin praktizierende Muslima, natürlich habe ich manchmal innere Konflikte“, gibt sie zu. „Eine der größten Sünden, die nicht vergeben wird, ist Sex ohne Ehe. Dies als Escort-Dame auch noch mehrmals zu tun, wird dir niemals vergeben werden. Dessen bin ich mir voll bewusst, aber ich bete trotzdem.“ Ali sieht ihre Pornokarriere als Mittel zum Zweck an: „Menschen tun bestimmte Dinge, um zu überleben oder um danach ein neues Level in ihrem Leben zu erreichen.“ Ihre Arbeit als Pornodarstellerin war für sie auch ein gewisser Selbstzweck. „Ich habe das Gefühl, dass mir die Pornoindustrie in vielerlei Hinsicht geholfen hat“, sagt sie. „Sie hat mir die Aufmerksamkeit geschenkt, die ich brauchte, sie hat mich in meiner Sexualität und als Person befreit.“
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Irgendwann waren Nadia Ali die Rollen, die ihr angeboten wurden, zu begrenzt. Sie verließ das Studio, um sich auf Foto- und Videoshootings oder aufs Tanzen zu konzentrieren – das, was sie besonders liebt. „Ich bin keine Pole-Trickserin“, erklärt sie. „Ich bin ein Twerkerin, eine Bauchtänzerin, eine sinnliche Verführungstänzerin.“ Heute trägt Ali in ihren Performances keine religiöse Kleidung mehr, obwohl ihr charakteristischer Gesichtsschleier noch immer exotische Fantasien bei den Klienten auszulösen vermag. Wenn die ein Problem damit haben, so sagt sie, könnten sie ja wegschauen. „Ich bin der Meinung, dass Leute, die sich von meinem Anblick gestört fühlen, ihre Energie nicht darauf verwenden sollten, sich etwas anzuschauen, was ihnen nicht gefällt“, sagt Ali und zuckt die Achseln. „Wenn es Leute stört, dass ich im Club tanze, dann sollen sie eben nicht in den Club kommen. Wenn sie meine Tweets oder das, was über mich geschrieben wird, nicht mögen, sollen sie es nicht lesen. So funktioniert das Universum. Wenn du etwas im Leben erreichen willst, kommst du nicht drum herum, es zu tun. Es wird jedenfalls nicht einfach zu dir kommen.“
Während ihres Tanzdebüts im New Yorker HeadQuarters Gentlemen's Club drückt der Clubbesitzer Big John, der auch ein Muslim ist, seine Bewunderung für Ali aus. „Sie lässt sich von niemandem diktieren, was sie mit ihrem Körper und ihrem Leben anstellt“, sagt er. „Sie setzt sich keine Grenzen. Sie tut, was sie tun will.“
Als Tänzerin in Stripclubs zu arbeiten, kann für viele Sexarbeiterinnen ein lukrativer Job sein: „Strippen bestimmt heute viele Karrieren von Pornostars, weil sie heute nicht mehr wie noch vor sechs, sieben Jahren bezahlt werden. Es gibt einfach zu viele Mädchen“, sagt Alis Publicist Lainie Speiser. Ihre Karriere als Stripptänzerin hat allerdings einen Haken. Einige Clubs in Florida haben zum Beispiel ihre Buchungen zurückgezogen, aus Angst, dass nach dem terroristischen Angriff auf einen Nachtclub, der von einem muslimischen Schützen ausgeführt wurde und bei dem 49 Menschen gestorben sind, weitere Anschläge folgen könnten.
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„Man hat mir gesagt, dass die Clubs dort besorgt seien und Morddrohungen erhalten haben,“ sagt Speiser. „Sie haben sogar überlegt, ihr Foto von der Website zu nehmen, auch, weil sie Angst vor Kritik haben.“
Auch wenn Ali daran glaubt, dass sie in der Sexbranche noch viel mehr erreichen könnte, hat sie ein Leben jenseits der Branche fest im Visier. „Die Pornoindustrie war für mich ein Sprungbrett. Ich habe den Dreck gemacht, um reinzukommen und bekannt zu werden. Jetzt kann ich etwas Größeres und Besseres daraus machen“, sagt sie. „Ich möchte meine eigene Beauty-Bar eröffnen und eine Beauty-App entwickeln. Ich habe gelernt, dass es mir besser geht, wenn ich für mich selbst arbeite. Ich bin eine Unternehmerin.“
Und sie ist stolz auf die Arbeit, die sie geleistet hat. „Es ist okay, konservativ zu sein und trotzdem eine sexuelle Seite zu haben. Das wollte ich vor der Kamera zeigen“, sagt sie. „Auch wenn du dich verschleierst, wenn du Hausfrau oder Mutter bist, ist es in Ordnung, einen Orgasmus zu haben, zu masturbieren, geil zu sein – oder jemanden zu verführen.“
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