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Ihr versucht schwanger zu werden? Ich wäre schon froh, wenn ich meine Periode bekäme!

Photographed by Megan Madden.
Nach meinem ersten Tattoo ist vor mir plötzlich überall Body Art aufgepoppt, so wie auf Postern mit optischen Täuschungen aus den 90er-Jahren. Das Gleiche passierte mir, als ich mich verlobt habe, und anschließend wirklich jeden funkelnden Diamanten wahrgenommen habe. Meine Augen fokussieren sich auf zuvor harmlose Nebensachen, die dann auf einmal zum Inventar gehören, auf dem Prüfstand stehen und sich dem Vergleich stellen müssen.
Nach fast anderthalb Jahren ohne Regel erwische ich mich zum Beispiel jetzt immer dabei, wie ich bei jeder Klage über Menstruationskrämpfe, jeden bewegten Beitrag über Diva-Cups in Facebookgruppen für Frauen und jeder neuen Schwangerschaft Erinnerungen daran habe, wie es sich angefühlt hat, ein „normal funktionierendes“ Reproduktionssystem zu haben.
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Ich könnte mich natürlich der Schwesternschaft anschließen und auch wieder meine Menstruation bekommen, aber das würde bedeuten, dass ich die Antibabypille einnehmen müsste, die ich mir schon vor einigen Wochen besorgt habe. Aber dann ließ ich die Packung auf dem Tisch im Flur liegen, wo sie jetzt einstaubt. Weder habe ich die Box geöffnet noch den Wochentage-Sticker benutzt und auch keine der Pillen eingenommen, weil das nämlich bedeuten würde, dass mein Experiment, nach 15 Jahren die Pille abzusetzen, nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen wird: einen regelmäßigen Zyklus zu bekommen. Das ist so, weil ich vom polyzystischen Ovarsyndrom betroffen bin.
Nach dem Absetzen der Pille habe ich auf die Rückkehr der Menstruation wie auf den Liebsten gewartet, der einst in den Krieg gezogen ist. Genau sechs Monate hat es gedauert, bis eine vergessen geglaubte Stimme dann anfing, in mein Ohr zu zischen: Es könnte hart für dich werden, schwanger zu werden.
Das ist es, was mein erster Gynäkologe mir mit 16 sagte. Das ist jetzt ein halbes Leben her. Ich kann mich also nicht mehr richtig an den Arzt erinnern, der das junge Mädchen, das vor ihm stand, vielleicht nicht mit komplizierten Details verunsichern wollte, wie etwa der Tatsache, dass eine PCOS-Diagnose nicht zu 100 Prozent Schwierigkeiten mit der Fruchtbarkeit vorhersagt oder viele Frauen trotz der Krankheit ohne Unterstützung schwanger werden oder der Fakt, dass es verschiedene Medikationen und Verfahren gibt, die Menschen mit PCOS dabei helfen, schwanger zu werden, wenn sie soweit sind. Oder er hat es mir vielleicht doch gesagt, aber die Prognosen wurden in den Tiefen meines Geistes verstaut, weil die Zukunft sich damals so groß, weit und anfühlte.
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Aber hier bin ich, an der Türschwelle zu meiner Zukunft. Ich bin 32 Jahre alt, verlobt und fange gerade damit an, ernsthaft mit meinem Partner über Optionen bezüglich unserer Familienplanung zu diskutieren.
Seit ich als Teenager beim Gynäkologen war, habe ich über 15 Jahre hinweg gedankenlos Pillen aus verschiedenen quadratischen Kartons und pinken Klappschachteln aus Plastik geschluckt, um meine Periode zu regulieren – bis zu dem Punkt in meinen Dreißigern, als Gedanken an eine Mutterschaft aufkamen. Ich habe mich gefragt: Was wäre, wenn ich aufhören würde, die Pille zu nehmen? Ich hatte keine Ahnung, was passieren würde, aber verspürte ein plötzliches, tiefes Verlangen danach, es herauszufinden.
Ich hatte die neblige und rückblickend fehlgeleitete Vorstellung, dass die Pille irgendwie den „natürlichen“ Rhythmen meines Körpers im Wege stand. Ich nahm an, dass sich mein Reproduktionssytem neu einstellen würde, es eine Schwangerschaft sogar ankurbeln würde, wenn ich au naturel weitermache, für den Fall, dass ich mich dazu entscheiden sollte, bereit für eine Schwangerschaft zu sein.
Während des ersten Monats nach dem Absetzen der Pille war ich voller Hoffnung. Indem ich nach allen möglichen Anzeichen von PMS suchte, habe ich mich fast schon freudig auf eine schmerzvolle, heftige Periode gewaltigen Ausmaßes vorbereitet, frei von synthetischen Hormonen. Es passierte nichts, aber ich war nicht allzu besorgt. Mit Sicherheit dauerte es nach länger andauerndem Gebrauch der Antibabypille ein wenig länger als üblich, bis sich meine erste Periode bemerkbar machen würde. Aber dann dauerte es… sehr viel länger.
Jeder Besuch des Badezimmers, wo ich auf hoffnungsvoller Suche nach irgendeinem Zeichen war, von dem ich glaubte, es könnte ein Anhaltspunkt sein, war die reinste Zumutung. Dann habe ich mich gefragt, ob meine Menstruation überhaupt noch mal zurückkommen würde. Für einige Monate hatte ich wöchentlich Akupunkturbehandlungen und habe täglich zehn Pillen mit chinesischen Kräutern genommen. Ich habe Himbeertee getrunken, der gut für die Gesundheit des Uterus sein soll und wie ein Haufen geharkter Blätter schmeckt. Ich habe meinen Eisprung mit Streifen getestet, die ich mir im Internet bestellt hatte, aber es erschien nicht ein einziges Mal eine durchgezogene Linie. Im Nachhinein habe ich verstanden, dass der Versuch eine Periode herbeizuzaubern, ohne dafür die Pille zu benutzen, die ich mir hatte verschreiben lassen, ganz nach dem aussieht, was Menschen durchmachen, die versuchen, schwanger zu werden. Zu dieser Zeit war ich hinter einer Sache her, und nur dieser einen: dem fast vergessenen Flow.
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DAS STARKE BEDÜRFNIS NACH DER NORMALISIERUNG DER MENSTRUATION, GIBT MIR DAS GEFÜHL, IN GESELLSCHAFT MEINEN GESCHLECHTSGENOSSINNEN EIN EINDRINGLING ZU SEIN.

Ich habe die schlechte Angewohnheit, mir Dinge zu kaufen, wenn ich meine innere Unruhe unter Kontrolle bringen will. Deswegen habe ich zum Beispiel eine sehr umfangreiche Sammlung von Anstecknadeln aus Emaille. Ich habe sie alle auf meiner Kommode ausgestellt und nach Kategorien sortiert in eine Korktafel gesteckt, damit ich nicht lange nach der jeweiligen Anstecknadel suchen muss, die meine Stimmung am besten zum Ausdruck bringt. In der feministischen Abteilung fallen vor allem zwei ins Auge: eine kleine Pillenpackung in pink, die mich an die Ortho TriCyclen aus meiner High-School-Zeit erinnert, und eine anatomisch korrekte Abbildung der weiblichen Reproduktionsorgane in einem süßen Slip. Ich fühle mich absurderweise von beiden Pins tief gekränkt und habe schon mehrere Male erwogen, sie von der Tafel zu entfernen.
Stattdessen habe ich dann beide als kleines Zeichen der Unterstützung für die gute Sache beim Women’s March getragen. Ich bin Seite an Seite mit Transparenten gegangen, die förmlich „HAST DU ANGST VOR MEINER PERIODE?“ schrieen und mich an die staubige Packung Tampons unter meinem Waschbecken erinnerten. Jedem Set von Eileitern auf Demo-Postern wollte ich entgegen schreien: „HÖR MIT DER PRAHLEREI AUF!“ Das politische und gesellschaftliche Klima in den USA, verstärkt durch eine sehr reale Bedrohung der Reproduktionsrechte von Frauen, fördert eine neue provokative Sorte von Feminismus zutage, die ganz versessen darauf ist, die weibliche Physiologie in den Vordergrund der Konversation zu stellen. Obwohl das etwas ist, dass ich voll und ganz unterstütze und für notwendig erachte, gibt mir das starke Bedürfnis nach der Normalisierung der Menstruation das Gefühl, in Gesellschaft meiner Geschlechtsgenossinnen ein Eindringling zu sein.
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Photographed by Megan Madden.
Die Bedrohung der Reproduktionsgesundheit im Allgemeinen, gepaart mit der Zukunft meiner eigenen Fruchtbarkeit, abgerundet durch den bevorstehenden Hochzeitstermin und scheinbar wöchentlichen Schwangerschaftsmeldungen aus dem eigenen Umfeld, haben es mir schwer gemacht, das zu Grunde liegende Problem meines ausbleibenden Flows zu ignorieren.
Sechs Monate nach dem Women’s March warte ich mit einer Ultraschallsonde in mir und meinem Verlobten an meiner Seite, dass mein Reproduktionsendokrinologe mir eine neue Vorhersage macht. Ich bin voller Hoffnung, dass die surreale Vorstellung, in meinen dunklen und ruhigen Uterus hinein zu gucken, Aufschluss darüber geben wird, wo meine Periode geblieben ist und wann ich wieder mit ihr rechnen kann. Ich habe mir immer vorgestellt, dass mein erster Ultraschall mit meinem Partner ein weitaus erfreulicheres Erlebnis werden würde, aber das Leben ist eben kein TV-Drama. Manchmal ist es mehr wie eine schwarze Komödie.
Das S in PCOS steht für Syndrom, was heißt, dass es eher ein Cluster an Symptomen oder Kriterien darstellt, als ein spezifisches Leiden. Zu den Symptomen und Kriterien, die besonders häufig sind, zählen lange ausbleibende und unregelmäßige Perioden, ein erhöhter Androgenspiegel sowie Zysten an den Eierstöcken. Check, check, check! Wenn du mindestens zwei dieser Symptome hast, kommst du für PCOS in Betracht. Ich habe alle drei.
Ich schwenke, was meine Diagnose betrifft, die weiße Fahne, da ich mir nun eingestehen kann, dass nichts, was ich ausprobiert habe, mir hätte helfen können, weder Akupunktur noch Kräuter oder positive Gedanken. Wirklich, da gibt es kein Ich-besiege-diese-Sache, denn diese Sache bin letzten Endes ich. Am Ende hat meine 15-monatige Reise, meinen Körper wieder zu entdecken und meine Ansprüche anmelden zu wollen, dorthin geführt, wo ich einst gestartet bin. Direkt zu der einen Sache, von der ich dachte, dass ich ihr abgeschworen hatte: zur Geburtenkontrolle.
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Verzeiht mir das Wortspiel, aber es fühlt sich an, als würde ich jetzt die bittere Pille schlucken müssen, nachdem ich mehr als ein Jahr lang gegen meinen eigenen Körper rebelliert habe, und zwar mit erhobenem Mittelfingern auf die einzige wirksame Behandlungsmöglichkeit gerichtet, die mir meine regelmäßige Periode hätte wiederbringen können – und überdies auch wichtig ist, um der Entstehung von Krebszellen vorzubeugen. Obwohl ich ursprünglich geglaubt hatte, dass mir die Einnahme der Pille schaden würde, weiß ich jetzt, dass es ironischerweise ein größeres Risiko für mich war, sie nicht einzunehmen.
Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass meinem Einsteigerpaket für Mädchen ein paar Dinge fehlten. Ich lerne aber mein unperfektes Innenleben zu akzeptieren und zu umarmen, selbst wenn es es keine coolen Dinge tut, sich also weder mit Mondphasen synchronisiert noch mit den Zyklen meiner engsten Freundinnen. „Ich weiß, dass gerade Mondfinsternis ist; ich fühle es in meiner Gebärmutter, du weißt ja, wovon ich spreche“, sagte eine Freundin neulich zu mir. Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Ich wünschte, ich würde, aber das ist schon okay.
Ich versuche meine Energie darauf zu fokussieren, die anderen spektakulären Dinge, die mein Körper auf ganz leichte Art vollbringt, wertzuschätzen, wie etwa natürliche Muskelkraft, meine perfekte Augenbrauen und die Fähigkeit Multitasking zu beherrschen wie ein Boss. Diese Sorte von mentaler Neukalibrierung geschieht jedoch nicht von heute auf morgen; es ist eine anhaltende meditative Übung. Daher befindet sich meine neue Verordnung noch immer in der Tüte aus der Apotheke, die unbeachtet neben der Haustür liegt.
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Ich kenne die kirre machende Wahrheit über den Wunsch schwanger werden zu wollen, egal ob mit oder ohne PCOS: Du weißt nicht, wie schwierig es werden kann, bis du es selbst versuchst. Aber meine Ärztin, die auf Fruchtbarkeit spezialisiert ist, scheint kein bisschen besorgt zu sein, als sie mir das breite Spektrum an verfügbaren Fruchtbarkeitsbehandlungen erklärt, für den Fall, dass ich bereit dafür wäre. „Alles wird wieder gut“, sagt sie mit einem beruhigenden Lächeln, als ich meine Augen nach unserem ersten Besuch trockne.
An diesem Tag gehe ich mit dem Wissen nach Hause, dass drei Dinge wahr sind. Es könnte schwierig für mich werden, schwanger zu werden; mein menstrueller Arzneitrank ist buchstäblich nur eine Pille weit weg; und alles wird wieder gut.
Willkommen bei Mothership: Geschichten über Eltern, die man wirklich lesen will. Ob man gerade daran denkt, Kinder zu bekommen, oder nicht. Von eingefrorenen Eizellen bis hin das zu dem Moment, in dem man das Baby mit nach Hause nimmt; Weil Mutterschaft ein großes „falls” ist – und nicht ein „wenn” – und es Zeit wird, dass wir auch genau so darüber sprechen.
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