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Der eine Satz, den Eltern niemals über ihre Kinder sagen sollten

Dieser Artikel erschien zuerst bei HuffPost
Du hast die Katastrophe kommen sehen.
Ein kleiner Kopf kam unter dem Restauranttisch nebenan hervor, das Kind versuchte, sich aufzurichten und griff dabei nach der Tischdecke. Ein kurzer, kräftiger Ruck und der Teller, aus dem die Mutter des kleinen Übeltäters gerade aß, landete auf dem Boden.
Du beobachtest mit mitleidigem Interesse die Szene bestehend aus schreiendem Kind, hektischen Eltern und genervtem Kellner und ehe du es dich versiehst, ist da dieser Satz in deinem Kopf. “Mein Kind würde das zum Glück nie machen.”
Vielleicht denkst du ihn dir nur, vielleicht sprichst du ihn laut aus. Aber auf jeden Fall ist er da. “Mein Kind würde das ja nie machen.”
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Am besten schnell wieder raus aus dem Kopf.
Denn der Satz beinhaltet auch: Mein Kind ist artig. Mein Kind macht keine Fehler. Mein Kind hat sich im Griff. Und damit: Mein Kind ist in der Lage, sich wie ein Erwachsener zu verhalten.
Wer erwartet, dass sein Kind perfekt ist, der nimmt ihm etwas ganz Entscheidendes: das Gefühl, dass es in Ordnung ist, spielerisch Dinge auszuprobieren - und zu scheitern.
Doch genau das ist für Kinder so wichtig, da sind sich Psychologen einig.

Der Satz ist für Eltern eine Art Selbstschutz

Warum Eltern das sagen, ist absolut verständlich. Sie wollen gute Eltern sein und die erziehen ihre Kinder nun mal dazu, dass sie keine dummen Sachen machen.
Indem sie diesen Satz sagen, bestärken sie sich selbst darin, gute Eltern zu sein - trotz all der Zweifel und Probleme und Kämpfe, die sie jeden Tag mit den Kleinen ausfechten müssen. Es ist ein sehr egoistischer Satz, der Kindern schadet.
Eltern versuchen, sich mit dem Satz vor dem Moment zu schützen, in dem ihr Kind im Restaurant so fest an der Tischdecke zieht, dass alles auf dem Boden landet. Und sie wünschen sich, dass es einfach dadurch nicht geschieht, dass sie mantraartig wiederholen, dass ihr Kind sowas ja nie machen würde.
Die Sache ist: Eigentlich wissen Eltern, dass sie damit falsch liegen. Sie wissen, dass der Tag kommen wird, an dem jemand anderes sie mitleidig vom Nebentisch beobachten wird. Oder an dem die Lieblingsvase in tausend Scherben zerspringt, weil das Kind rausfinden wollte, was passiert, wenn man sie anstupst.
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Kinder müssen spielerisch Grenzen austesten

Und dass die Eltern dann nicht mehr sagen können “Das würde mein Kind ja nie machen”.
Was dabei viele übersehen ist: Es ist ganz natürlich, wenn Kinder sich ausprobieren. Dass sie Grenzen austesten. Nur dadurch entwickeln sie sich weiter.
“Kinder haben eine angeborene Entdeckerfreude”, sagte der renommierte Hirnforscher Gerald Hüther der HuffPost “- bis irgendwann jemand kommt und ihnen sagt, was sie jetzt machen sollen.”
Das bedeutet gleichzeitig: Wenn ein Kind auf Entdeckungsreise geht, wird es scheitern, manche der Ideen werden nicht funktionieren. Doch nur wenn das Kind eigenständig Fehler macht, kann es auch lernen und den eigenen Erfahrungshorizont erweitern.

Kindern muss es erlaubt sein, zu scheitern

Das Scheitern ist ein essentieller Bestandteil der Entwicklung eines Kindes.
“Das Kind darf nicht das Objekt elterlicher Bemühungen werden, sondern es sollte unter liebevoller Begleitung losgelassen werden”, sagt Hüther. “Damit es sich die Welt selbst erschließen und seine Handlungskompetenzen selbst erwerben kann.”
Nur so begreifen Kinder auch, wie sie mit Frustrationen umgehen und Konflikte lösen können - Fähigkeiten, die im Erwachsenenalter von entscheidender Bedeutung sind.
“Es kann kein Kind lernen, wie man aufsteht, wenn es nie hinfällt”, beschreibt es der Hirnforscher. “Es kann kein Kind laufen lernen, wenn ihm die Steine weggeräumt werden.”

Kinder, die aus der Reihe fallen, gelten als 'nicht normal'

Warum Eltern wollen, dass ihr Kind möglichst keine Fehler macht, hat noch einen anderen Grund: Wenn ein Kind aus der Reihe fällt, gilt es in unserer durchoptimierten, performanceorientierten Gesellschaft oft als 'nicht normal'.
“Auffällige Kinder jeder Art werden schnell in Schubladen gesteckt”, schreibt Wissenschaftsjournalistin Nicola Schmidt in ihrem Buch “Mut - Wie Kinder über sich hinauswachsen”. “Ein wild herumstreunender und tote Katzen sammelnder Tom Sawyer wäre heute ein Fall fürs Jugendamt. Ronja Räubertochter war nie im Kindergarten? Undenkbar.”
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Sie kritisiert wie viele andere Erziehungsexperten, dass der Hang zur Optimierung längst auch die Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern beeinflusst. Mit dieser “Über-Beelterung” erreichen Eltern laut Schmidt - obwohl sie es gut meinen - das Gegenteil von dem, was sie sich für ihre Kinder wünschen.

Das nächste Mal vielleicht "Das hätte meinem Kind genauso passieren können"

Statt ihr Kind also selbst in eine Schublade zu stecken, indem wir annehmen “also das würde es ja nie machen”, sollten sich Eltern diese Worte des bekannten Schweizer Kinderarzts Remo Largo zu Herzen nehmen, der im HuffPost-Interview sagte:
“Es ist wichtig zu akzeptieren, dass sich jedes Kind auf seine Weise und in seinem Tempo entwickeln will. Dazu gehört auch anzuerkennen, dass jedes Kind anders ist.”
Für alle, die nach einer Alternative suchen, hat die Bloggerin Mellssa L. Felton auf dem Portal “Scary Mommy” einen sehr schönen Rat: “Anstatt zu sagen ‘mein Kind würde das ja nie machen’, versucht es doch nächstes Mal mit einem ‘Das hätte meinem Kind genauso passieren können. Was kann ich tun, um zu helfen?’”

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