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Slut Shaming in der Politik: Was der Sexismus-Streit in der CDU wirklich aussagt

Sind wir doch ehrlich: Sexismus ist Alltag. Es gibt sicherlich keine einzige Frau in Deutschland, die sich noch nie anzügliche Witze anhören musste, die noch nie unangenehme Auszieh-Blicke auf der Haut spürte. Ja, es passiert – wir nehmen es nur unterschiedlich wahr. Manche Frauen ignorieren es weg, stören sich nicht einmal daran, die anderen schreien laut auf. Und dann gibt es noch die Sorte von Frauen, die mit dem Finger auf andere zeigen, die sich als Opfer von Attacken auf ihr Geschlecht sehen. Nachdem ich die Debatte um den offenen Brief von Jenna Behrends verfolgt habe, frage ich mich: Was ist mit weiblichem Zusammenhalt, Sisterhood, Frauenpower? Ich wünsche mir eine Girl Squad in der Politik Es ist mutig von der jungen CDU-Politikerin über das Sexismus-Problem in der Partei öffentlich zu sprechen. Punkt. Ob sie nun eine Affäre mit CDU-Bundesgeneralsekretär Peter Tauber hatte, interessiert mich dabei nicht – oder ändert das etwas daran, dass sie sich als Frau in der männerdominierten Politik Deutschlands nicht ernst genommen vorkommt? Ändert das etwas daran, dass wir immer wieder über die veralteten Geschlechterrollen sprechen müssen? Nein. Die Debatte im Keim ersticken zu wollen oder besser gesagt, die Reaktion von Sandra Cegla finde ich grob Frauen-fahrlässig:

Ausgerechnet Jenna, die ihre weiblichen Reize spielen ließ und den Männern halb auf dem Schoß saß – ein Hohn

Sandra Cegla
Wie kann die Vorsitzende der Frauen Union Berlin-Mitte sich polemisch auf die Seite von 'Sie will es doch auch'–Menschen stellen. Auch CDU-Mitglied und Frauenrechtlerin Zana Ramadani kritisiert Behrends scharf: „Sie prangert als Sexismus an, dass sie angeblich von Frank Henkel als 'große süße Maus' angesprochen worden sein soll – im Kontext mit den Worten Henkels zu ihrer dreijährigen Tochter, die er zuvor als „kleine süße Maus“ angesprochen haben soll. Auf der anderen Seite tituliert sie sich selber als „Mitte-Mädchen“, ein Attribut, dass ihr angeblich ein „Herr aus der CDU“ verliehen haben soll. Diese Bezeichnung ist doch nicht weniger herabsetzend-verniedlichend, denn als „süße Maus“ von einem reifen Parteikollegen tituliert zu werden", schreibt sie in der Pressemitteilung der Frauen Union. Und weiter: „Ich bin bekanntlich nicht in vielen Dingen einer Meinung mit Frank Henkel. Aber klar ist für mich: Indem sie dieses wichtige Thema Sexismus für sich instrumentalisiert, verhöhnt sie jedes wahre Opfer von Sexismus."

Das ist Slut Shaming in der Politik

Diese öffentliche Stellungnahme empfinde ich als Hohn. Denn sie ist bedeutungsschwanger, trägt die Doppelmoral in sich. Slut Shaming ist also nicht nur ein Phänomen, unter dem Frauen leiden, die 'mit zu kurzem Rock' rumlaufen, die mit 'zu vielen Männern rummachen' – es kann jede treffen. Netzfeministin Anne Wizorek hat das im Interview mit Deutschlandfunk sehr gut auf den Punkt gebracht: „Da sehen wir halt auch, wie stark verinnerlicht der Sexismus noch mal ein Problem ist. Es geht ja nicht nur um Männer, die sexistisches Verhalten an den Tag legen, sondern auch Frauen, die das Verhalten auch noch verinnerlichen und als okay legitimieren." Auch in den sozialen Netzwerken gibt es Ladies, die Behrends die Opferrolle absprechen, weil sie sich mit Tauber getroffen hat. Das erinnert schon an das Absurdum der Gina-Lisa-Lohfink-Geschichte. In diesem Fall ging es um den Vorwurf der Vergewaltigung, doch das Erotikumfeld nahm ihr für viele – einschließlich der Richterin die Glaubwürdigkeit. Das ist für mich der eigentliche Skandal: Schlimm genug, dass Männer verbal und körperlich übergriffig werden – aber noch schlimmer ist es, wenn Frauen mitziehen. Wenn sie auch noch auf das Opfer eindreschen. Ich freue mich auf den Tag, an dem ALLE verstanden haben, dass wir zusammen stärker sind.

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