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I May Destroy You ist der ehrliche Einblick ins Leben Schwarzer Menschen, den wir dringend brauchen

Die Pandemie hat unseren Alltag völlig verändert. Um diese monotonen Tage möglichst abwechslungsreich zu gestalten, flüchten wir uns momentan gerne in die Welt der leichten Unterhaltungskost. Es sind aber genau diese lockeren Erwartungen, die die amerikanische Drehbuchautorin und Schauspielerin Michaela Coel mit ihrer TV-Serie I May Destroy You (hierzulande auf Sky verfügbar) aber gewaltig auf den Kopf stellt. I May Destroy You zeigt die Realität nämlich eine ungefilterte und unbearbeitete Weise – alles andere als Schonkost also.
Das ist das Schöne an Coel. Die 33-jährige britisch-ghanaische Autorin will bei ihrem Publikum nicht bloß ein Gefühl hervorrufen, sondern jede mögliche Emotion. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
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Ihr Durchbruch gelang ihr mit der Serie Chewing Gum. Darin dreht sich alles um eine 24-jährige Jungfrau namens Tracey. Mit grotesken Szenen – eine absurder als die nächste –, schockierte sie ihre Zuseher:innen und brachte sie gleichzeitig dazu, sich vor Lachen zu krümmen. Was Chewing Gum so besonders machte, war die Originalität dieser Serie. Sie unterschied sich von allen anderen, die im Fernsehen zu sehen waren. I May Destroy You ist vom gleichen Schlag.
In dieser Serie geht es auch gewissermaßen um Sex. Hier enden die Gemeinsamkeiten aber auch schon. Beide Sendungen sind auf unterschiedliche Weise brillant. In Chewing Gum diente das Thema Geschlechtsverkehr als Pointe, die man nicht allzu ernst nehmen sollte. In I May Destroy You hingegen wird sexueller Konsens vorsichtig und mit akribischer Genauigkeit behandelt. Coel spielt Arabella, eine Schriftstellerin, die eines Nachts unter Drogen gesetzt und vergewaltigt wird, während sie mit Freund:innen unterwegs ist. Arabellas Schmerz kommt im Laufe der Zeit allmählich zum Vorschein und bricht in plötzlichen Stößen aus. Ihr dabei zuzusehen, wie sie mit ihrem Trauma kämpft und versucht, Geschehenes zu verarbeiten, fühlt sich unbehaglich an und ist faszinierend zugleich. Irgendwie schafft es Coel (Showrunner, Regisseurin, Autorin und Star der Serie), das Publikum im selben Atemzug zum Lachen und Weinen zu bringen. Egal, ob es sich dabei um eine Periodensex-Szene oder um einen Monolog zu Grenzsetzung und bösen Männern bei einer Selbsthilfegruppe für Vergewaltigungsopfer handelt – Coel zeigt sich unerschütterlich. 
I May Destroy You basiert auf Coels eigener Erfahrung mit sexueller Gewalt, wodurch ihre Furchtlosigkeit sogar noch mehr erstaunt. In diesem Kunstwerk aus zwölf Folgen verarbeitete sie ihr Trauma. Genau zu einer Zeit, als die Welt im Leid und Chaos versinkt, liefert sie uns eine Fernsehserie, die sich mit Trauer auseinandersetzt. I May Destroy You handelt davon, wie chaotisch, unberechenbar und verheerend das Leben sein kann und wirkt dabei so heilend und wohltuend wie eine Therapie. Das hat sicherlich ebenfalls zum Erfolg dieser Serie beigetragen. Immerhin haben wir das alle im Jahr 2020 nötig, oder nicht? Auch wenn wir alle sonst eigentlich eher vor der Realität fliehen wollen.
„Es überraschte mich, dass ich beim Schreiben emotional wurde, aber das passiert in einer Therapie sehr oft, sagte Coel kürzlich gegenüber Paper Mag. „Dieses Erlebnis war sehr kathartisch für mich. Therapeut:innen raten ihren Patient:innen oft dazu, ein Tagebuch zu führen. Dieser Vorgang fühlte sich so an, als würde ich sehr detailliert über ein traumatisches Ereignis berichten und es dann fiktionalisieren.Coels Katharsis begeisterte nicht nur das Publikum, sondern auch Kritiker:innen, die diese durch und durch Schwarze Serie als beste Fernsehserie des Jahres feierten. Auch wenn I May Destroy You sich mit schwierigen Themen beschäftigt, handelt es sich hierbei nicht um eine dieser stereotypischen Schwarzen Trauma-Geschichten. Jede Figur ist multidimensional und durch so viel mehr charakterisiert als nur ihren Schmerz – so werden Schwarze Menschen im Fernsehen immer noch zu selten gezeigt. 
Seit Chewing Gum bin ich Michaela-Coel-Fan. Deshalb bin ich auch unglaublich stolz darauf, dass die Welt ihr Talent anzuerkennen scheint. Ich bin ihr dafür dankbar, dass sie uns über unsere Bildschirme quasi einen kleinen Einblick in ihr Tagebuch gewährte – dafür, dass sie die Chance genutzt hat, die Realität Schwarzer Menschen unverfälscht darzustellen. Ich hoffe, dass sie nächstes Jahr alle Preise und Auszeichnungen bekommt, die sie verdient. Sie hat uns bereits mehr von sich gegeben, als wir verdienen.

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