Mara Martin lief am vergangenen Sonntag bei der „Paraiso x SI Swimsuit Fashion Show“ von Sport's Illustrated im goldenen Bikini über den Laufsteg – mit ihrer fünf Monate alten Tochter im Arm, die sie dabei stillte. Seitdem wird sie im Netz international für ihren Auftritt gefeiert, der zeigen soll, dass Frauen alles bewältigen können. Sie selbst kann das riesige Medieninteresse nicht ganz nachvollziehen. „Ich bin bloß eine Mutter, die ihr Kind gestillt hat. Wieso bin ich überhaupt eine Schlagzeile wert?“, schreibt sie auf ihrem Instagram-Kanal. Gegenüber der Today Show sagte das Hobby-Model zu der aufsehenerregenden Aktion, dass sie das Füttern nicht geplant hatte, sondern ihre Tochter einfach hungrig war, weil die Show mit Verspätung begann. MJ Day, eine Redakteurin von Sport's Illustrated fragte sie, ob sie ihren Sprössling einfach auf dem Laufsteg weiter die Brust geben wolle und Martin willigte mit einem Lächeln ein.
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Die Amerikanerin ist stolz darauf, mit ihrer Aktion eine kritische Auseinandersetzung und weltweite Konversation angestoßen zu haben, wie sie auf Instagram schreibt: „Ich bin so dankbar dafür, dass ich diese Botschaft in die Welt hinaustragen darf und damit hoffentlich dazu beitragen kann, das Stillen zu normalisieren und anderen Frauen zu zeigen, dass wir alles schaffen können.“
Stillen auf dem Laufsteg hingegen, das gab es noch nie! In den Kommentaren auf Instagram wird Martin mit Glückwünschen und Lobpreisungen von Müttern und Frauen aus aller Welt überhäuft, die ihr für ihren Mut danken und dafür applaudieren, das Stillen in der Öffentlichkeit zu thematisieren, da es in vielen Ländern immer noch als Tabu gilt. Auch bei uns in Deutschland liest man (leider) viele Eltern-Ratgeber, die Tipps zum „richtigen“ Stillen geben. O-Ton: Tu es da, wo dich niemand sieht. Diskret soll es sein, hinter Tüchern verdeckt oder weit weg von den Augen anderer, am Besten auf der Toilette. Fast jede Publikation veröffentlichte ein Meinungsstück zu dem stillenden Model. Der Großteil feiert Martin als Heldin und Vorbild für ein Stigma, das schon lange nach Auflösung schreit.
Model startet weltweite Still-Debatte
Doch auch kritische Stimmen melden sich zu Wort. Ein*e Nutzer*in schreibt beispielsweise, sie sehe einen intimen Moment zwischen Mutter und Kind gestört: „Mir tut das Kind leid, es wäre sicher besser für sie gewesen, in Ruhe gefüttert werden zu können und nicht während die Mutter nebenbei arbeitet.“ Andere kritisieren Martin dafür, Müttern, die ihrem Nachwuchs nicht die Brust geben können, ein schlechtes Gewissen zu machen und nicht auf sie Rücksicht zu nehmen. Eine Frage stellt sich auch mir, die ich nicht beantworten, aber durchaus stellen möchte: Natürlich sollte es Frauen überall erlaubt sein, wann immer sie wollen und müssen, ihr Kind zu füttern – egal, ob per Flasche oder Brust. Doch muss man wirklich alles gleichzeitig tun? Muss man gleichzeitig arbeiten und Mutter sein? Muss man zwei E-Mails gleichzeitig beantworten und nebenbei noch die Einkaufsliste für die Woche schreiben, bloß weil das heutzutage möglich ist?
Außer Martin liefen noch weitere Frauen mit inspirierenden Geschichten über den Laufsteg im Rahmen des Fashion Festivals in Miami Beach, die sich allesamt über einen Contest qualifiziert hatten. Eines der ausgewählten Models hat bereits eine Mastektomie hinter sich, während Brenna Huckaby selbst Mutter und professionelle Paralympics-Snowboarderin mit mehreren Goldmedaillen ist und auf dem Catwalk mit Beinprothese auftrat. Über sie und andere starke Frauen, die ihre Schicksale zu ihren Stärken machten, hörte man seit Sonntag leider wenig.
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