Bis zu meinem 30. Geburtstag habe ich ungefähr alles Künstliche verabscheut, das aus ästhetischen Gründen in, an oder um meinen Körper befestigt werden sollte. Haar-Extensions? Trotz feinstem Haar unvorstellbar. Falsche Nägel? Bloß nicht. Wimpernverlängerung? Wozu gibt es denn Mascara? Doch je mehr Jahre ins Land gingen, desto dunkler wurden die Ränder um meine Augen und die Suche nach einer Lösung immer dringlicher. Dabei liegen die Verfärbungen nicht an Alkoholexzessen, Kaffesucht oder Schlafmangel. Nein, mit diesen fiesen Schatten kämpfe ich schon seit ich sechs Jahre alt bin. Den Beweis liefert das Bild meiner Schuleinführung. Darauf zu sehen: ein kleines Mädchen im Samtensemble, mit Bubikopf, rosa Zuckertüte und Augenringen, die denen Pete Dohertys Konkurrenz machen.
Über die Jahre habe ich selbstverständlich jedes Produkt ausprobiert, das einen wachen, strahlenden Blick verspricht. Cremes, Seren, Concealer, Pads – von günstig bis unverschämt teuer, aus der Drogerie, dem Luxusonlineshop oder der Apotheke. Wirklich geholfen hat allerdings nichts. Also habe ich abgedeckt, was der Concealer hielt und nebenbei die Haut schön ausgetrocknet. Fältchen gibt’s mittlerweile inklusive. Obendrein habe ich Heuschnupfen und trage Kontaktlinsen. Die Augenpartie ist also quasi im Dauerstress. Aber genug gejammert. Immerhin habe ich mittlerweile die perfekte Lösung für mich gefunden. Und die heißt Wimpernverlängerung.
Ja, richtig gelesen. Denn auch wenn die langen, geschwungenen Härchen nicht direkt etwas mit meiner Haut unter den Augen zutun haben, schont der Verzicht auf Mascara diese ungemein. Lange Zeit habe ich täglich zum schwarz getünchten Bürstchen gegriffen und ordentlich aufgetragen. Mit dem Ergebnis, dass sich meine Augenringe über die Jahre nur noch verschlimmert haben. Neben besagtem Concealer sollten schließlich auch die getuschten Wimpern den Blick öffnen und den Fokus auf die Augen selbst legen. Doch durch das tägliche Abschminken wurde meine Haut zusätzlich gereizt. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass selbst bei den gründlichsten Reinigungsprodukten Rückstände blieben, die meine Haut auf Dauer noch dunkler erschienen ließen.
Nach einem Monat ganz ohne Mascara und mit Wimpernverlängerung bestätigt sich mein erster Eindruck. Natürlich sind die fiesen Ränder nicht komplett verschwunden, aber gerade unter dem Auge ist die Haut jetzt heller, entspannter und ebenmäßiger. Der beste Beweis: Mein Concealer-Bedürfnis hat sich deutlich verringert. Während ich früher mindestens drei Schichten mit verschiedenen Deckstufen aufgetragen habe, genügt mir nun meistens ein ganz leichtes, nur zart pigmentiertes Produkt. Halleluja!
An die Prozedur der Wimpernverlängerung musste ich mich jedoch erst gewöhnen. Mein erstes Mal liegt bereits vier Jahre zurück, als ich mich zu einem kostenlosen Beautyexperiment habe überreden lassen. Bevor es los ging, hatte ich natürlich ausdrücklich betont, dass ich mir einen möglichst dezenten, unauffälligen Look wünsche. Denn grundsätzlich geht es mir ja nicht vorrangig darum, meine Wimpern zu verlängern. Der Mascaralook würde mir genügen. Wäre da nur das Abschminken nicht.
Nach zwei Stunden, in denen ich mich erst krampfhaft darauf konzentrierte die Augen zuzulassen und später doch entspannt eindöste, blickte ich vor dem Spiegel dann plötzlich in zwei verschlafene Augen, die von ungefähr 104387 überlangen, dramatisch geschwungenen Wimpern umzingelt waren. Nach einem ersten Schock und viel gutem Zureden der Kosmetikerin („Das muss so”) verließ ich das Studio selbstbewusst und überzeugt davon, dass ich hier in Deutschland eine absolute Beautypionierin bin.
Doch leider bin ich nicht weit gekommen. Schon an der ersten Ampel, als meine Wimpern tatsächlich im Wind wehten, war ich genervt. Bis zum Event am Abend habe ich dennoch durchgehalten. Die ersten verwunderten Blicke und die Nachfrage einer Freundin, ob ich denn irgendwas mit meinen Augen hätte machen lassen, brachten mich dann aber dazu, verfrüht den Heimweg anzutreten. Zuhause angekommen griff ich mit der mentalen Unterstützung von zwei Proseccoflaschen aus dem Goodie Bag ohne Bedenken zur Nagelschere und schnitt die ungeliebten Fremdkörper schnurstracks ab.
Vier Jahre und jede Menge Recherchen später habe ich mich dann vor Kurzem an ein Studio meines Vertrauens gewandt und dort einen neuen Versuch in Sachen Wimpernverlängerung gestartet. Und siehe da: Es gibt ihn, den natürlichen Fake-Lashes-Look! Jetzt bin ich angefixt. Meine Augenringe werden immer unauffälliger und an die Prozedur des Anklebens habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Die Wimpern spüre ich gar nicht mehr. Natürlich ist so eine regelmäßige Verlängerung nicht ganz günstig. Die Neuanlage kostet ca. 120 Euro, das Auffüllen liegt bei etwa 50 Euro. Aber immerhin spare ich mir so jetzt nicht nur jede Menge Concealer und Mascara, sondern vor allem Nerven. Manchmal muss man in Sachen Beauty eben um die Ecke denken.
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