Eine Geschichte, die mit einem Schild am Flughafen beginnt, auf dem „Hot Tall Chick“ steht, könnte die erste Szene einer neuen Netflix-Serie sein. In diesem Fall ist sie der Anfang der Beziehung von Rita Braz und Hester Haars.
Eine gemeinsame Freundin fragte Rita vor drei Jahren, ob sie Zeit hätte, Hester vom Flughafen abzuholen. Rita kannte Hester nicht, tat ihr aber den Gefallen – und stand kurzentschlossen mit dem selbstgemachten „Hot Tall Chick“-Schild als Erkennungszeichen im Terminal D am Flughafen in Berlin.
Die Sache mit dem gemeinsamen Humor stand also schon bei der ersten Begegnung fest. Die beiden verstanden sich blendend, redeten, feierten und verliebten sich. Drei Monate später zog Hester, die in den Niederlanden geboren ist und damals in Hamburg lebte, zu Rita nach Berlin.
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„Hester ist das Ketchup zu meinen Pommes“, sagt Rita, wenn man sie fragt, was sie an ihrer Frau liebt. Soll heißen: Passt nicht nur zusammen, sondern gehört zusammen und das wird sich auch nicht ändern. „Sie ist alles, was ich nicht bin. Und alles was ich bin, aber besser“, sagt Hester über Rita. Beide arbeiten als Art Director in Berlin, Rita in der Mode, Hester als Freelancer. Viele gemeinsame Freunde, ihre Jobs und das inspirierende Umfeld machen die Hauptstadt zum perfekten Wohnort für die beiden.
Groß übers Heiraten geredet hatten sie nicht wirklich. Trotzdem gab es gleich zwei Anträge: Beim ersten waren die beiden gerade im Urlaub in Ritas Heimatland Portugal und standen ein bisschen angetrunken an ihrem liebsten Platz in Lissabon, Praça do Camões. Dann stellte Hester Rita die Frage. Der zweite fand in Berlin statt, kurz nachdem Hester Portugiesisch gelernt hatte. Schließlich wollte sie Ritas Eltern um Erlaubnis fragen und um die Hand ihrer Tochter anhalten. Rita sagte beide Male Ja.
Auch für die Trauung selbst zog es die beiden nach Portugal. Die Sonne und das Essen, aber auch die Möglichkeit, drei Tage am Stück mit den wichtigsten Menschen zu feiern, waren die Gründe dafür. Deshalb mieteten Rita und Hester auch gleich ein ganzes Dorf: „Aldeia da Pedralva besteht aus ungefähr drei Straßen“, meint Rita – der für sie ideale Ort, um während der Feier so viel Zeit wie möglich mit Freunden und den beiden Familien zu verbringen.
Bauchschmerzen kurz vor dem Hochzeitswochenende gab es keine. „Wir waren nicht besorgt, aber schon gespannt, wie sich die Menschen aus ganz verschiedenen Kulturen verstehen würden“, erklären Rita und Hester. „Das war total unbegründet – schon am Freitag hatten alle Gäste neue Freunde gefunden und aus dem Dorf wurden die United Nations of Love.“
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Die Brautoutfits hielten die beiden bis zur Trauung ganz traditionell voreinander geheim. Nur die Weißtöne wurden im Vorfeld miteinander abgesprochen. Rita hatte Panik vor Brautläden und ließ ihr Spitzentop von einem befreundeten Schneider anfertigen. Hesters Suche nach dem Outfit für den großen Tag war das komplette Gegenteil: Sie stöberte durch alle Läden, die Berlin zu bieten hatte und entschied sich schließlich für ein Kleid von Kaviar Gauche.
Bei der Zeremonie spielten neben den Bräuten acht Brautjungfern, eine kleine Ringträgerin und zwei Papas die Hauptrollen. Rita und Hester wurden auf der Rückseite eines Traktors zur Trauung gefahren und von ihren Vätern zum Altar gebracht. Dazu lief Beyoncés Daddy Lessons. Durch die Zeremonie führte eine Freundin in vier Sprachen: Englisch, Deutsch, Portugiesisch und Niederländisch.
Sich auf den einen Lieblingsmoment bei der Feier festzulegen, ist für Rita und Hester schwer. „Wir hatten so viele“, erzählen sie. „Es gab so viele tolle Reden, selbstgemachte Filme, einen Nudity Act und sogar eine choreografierte Tanznummer. Aber ein großes Highlight, das wir nie vergessen werden, ist der Film mit all unseren Freunden und Familienmitgliedern. Sie haben uns aus ihren Heimstädten aus insgesamt 14 unterschiedlichen Ländern Glückwünsche geschickt“.
Außerdem hat Hester für Rita einen Film gedreht: Er heißt Dear Future Wifey und basiert auf Meghan Trainors Song, in dem dem Lieblingsmenschen ein paar Dinge über das gemeinsame Leben als zukünftiges Ehepaar erklärt werden.
Den Brautstrauß zu werfen haben sie bei der Feier übrigens komplett vergessen. „Wir hoffen aber trotzdem, dass viele zukünftige Bräute aus unserem Hochzeitswochenende hervorgehen“, sagt Rita.
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Als gleichgeschlechtliches Paar dürfen Rita und Hester in Deutschland, ihrem Zuhause, rechtlich keine Ehe schließen, sondern nur eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Das bedeutet für die beiden im Nachhinein, eine Reihe komplizierter Formalitäten abarbeiten zu müssen. „Wir sind überrascht und traurig darüber, dass wir immer noch mit dieser Situation konfrontiert sind“, erklären Rita und Hester dazu. „Es ist unfassbar!“
Unfassbar, traurig – und alles andere als zeitgemäß. Denn die Geschichte von Rita und Hester zeigt auch, wie wenig die Rechtslage hierzulande der Lebensrealität entspricht. In Portugal, dem Land, in dem sich die beiden trauen ließen, existiert das Recht auf Eheschließung für alle seit 2010. Ob gleichgeschlechtliche Paare ihrer Meinung nach öfter heiraten? „Für uns ist ein gleichgeschlechtliches Paar ein Paar“, sagen Rita und Hester. „Und Paare heiraten gerne. Also natürlich, ja.“
Mittlerweile sind die beiden aus ihren Flitterwochen zurückgekehrt. Dieses Wochenende wird ein Monat Ehe gefeiert. „Wir sind wahnsinnig stolz“, antwortet Rita auf die Frage, was sich für sie als verheiratetes Paar verändert hat. „Wir weisen darauf hin, wann immer es geht. Ich sage dann zum Beispiel ,Meine Frau möchte auch Brot‘, wenn wir in der Bäckerei sind!“
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