Linh Nguyen ist CEO von Kisura, einer Curated Shopping Plattform von und für Frauen. Zusammen mit Co-Gründerin Tanja Bogumil, wurde ihr Startup als einziges aus dem deutschen Raum von Google for Entrepreneurs zum Female Founders Pitch ins Silicon Valley eingeladen. Ein Ritterschlag! Für uns hat sie ihr Erlebnis und ihre Erkenntnisse niedergeschrieben.
Jede Gründerin und Unternehmerin in Berlin hat einen großen Traum: Einmal ihre Idee im Silicon Valley vorzustellen. Das Valley ist the place to be - wer hier besteht, hat es geschafft. So weit meine Erwartungen. Entsprechend überwältigend war meine Freude, als meine Mitgründerin Tanja und ich, als erstes und einziges deutsches Unternehmen von Google eingeladen wurden, unser Business beim Google Demo Day vorzustellen. Für uns war es wichtig, unsere Story sowie Vision auf einer großen, internationalen Bühne zu erzählen und hieraus fruchtbares Feedback zu generieren. Die darauffolgenden Gespräche und Anregungen mit Gründern, Investoren und Journalisten haben uns in vielen Dingen bestätigt, aber auch zum um- und neudenken angeregt:
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Wow, du kommst aus Berlin? Das ist die tollste Stadt der Welt!
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Meine Idealvorstellung vom Silicon Valley: Ein Paradies an Infrastruktur, potentiellen Investoren und internationalen Skills und Flair! Dagegen kann Berlin einpacken. Doch kaum dort angekommen, hörte ich von allen Seiten: „Wow, du kommst aus Berlin? Das ist die tollste Stadt der Welt!“ Mein erstes Learning in den USA: Berlin ist hip, trendy und begehrenswert! Wer noch nicht hier war, hat es unbedingt vor, wer schon mal da war, kommt wieder. Worin besteht bei uns der Reiz für internationale Startups? Berlin hat die typisch deutsche No Bullshit Aura: Hier müssen Startups unter realen Bedingungen bestehen, sie sind mitten im Geschehen. Ihre Büros findet man über die ganze Stadt verstreut, vom Checkpoint Charlie in Mitte bis in den Wedding und nach Weißensee, sie gehören zum Ökosystem der Stadt. Gründer treffen auf Multikulti, Hipster und Großstadtmuttis, die sprichwörtliche Startup-Blase gibt es nicht. Ihre Ideen, Services und Produkte werden so eher an den echten Bedürfnissen der realen urbanen Zielgruppe gemessen – und nicht aus einem künstlich geschaffenen Raum wie dem Valley entwickelt. „Berlin ist arm, aber sexy“, in den USA scheint dieser Kultsprich noch zu gelten. Zumal der Qualitätssiegel „Made in Germany“ auch heutzutage branchenübergreifend international großen Eindruck schindet. Insbesondere der konservative Gründungsansatz sowie die zuversichtliche Arbeitsweise werden geschätzt. Fest steht: Als Berliner bzw. Deutsche Unternehmen dürfen wir also im internationalen Vergleich viel selbstbewusster auftreten, wir sind nämlich längst der geheime „rising Star“ der Szene.
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Nur 14,8 % aller Startups in Deutschland werden von Frauen gegründet
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Der Google Demo Day wurde tatsächlich überhaupt erst zum zweiten Mal exklusiv für internationale weibliche Entrepreneure veranstaltet. Aus 800 Bewerbungen aus mehr als 60 Ländern wurden 12 Teams ins Silicon Valley geladen – darunter wir. Nie zuvor hat ein deutsches (Frauen-) Team pitchen dürfen, eine riesige Ehre! Und die Reise hat unsere Erwartungen an die internationale Gründerinnenszene nicht enttäuscht: Die Workshops, Coachings-Sessions und der Austausch haben uns enorm inspiriert. Wir Frauen haben weltweit ein unglaubliches Potential! Doch gleichzeitig sollten wir Alarm schlagen: Dieses Potential wird in Deutschland nur minimal genutzt: Lediglich 14,8 % aller Neugründungen werden von Frauen initiiert. In Großbritannien sind es immerhin 33,3 %, Österreich (7,1%) und die Schweiz (10.7%) liegen auf den hinteren Plätzen. Im Männerdominierten Silicon Valley gibt es sogar einen akkuten Frauenmangel! Was können wir also tun, um mehr Frauen zum Gründen zu motivieren? Das kann im Austausch miteinander und vor allem im Dialog mit der nächsten Generation von weiblichen Entrepreneuren passieren: Mädchen bereits in der Schule zu fördern, ihre Ideen und Ziele zu verfolgen und zu ermutigen, alles werden zu können, klingt so simpel, ist aber längst nicht die Regel. Jede Gründerin kann ihren Beitrag in ihrem Netzwerk leisten, zu zeigen, dass Gründen eben auch Frauensache ist. Unser Ziel sollte es sein, dass keine Veranstaltung und kein Wettbewerb mehr eine explizite „Frauenvariante“ braucht, sondern dass Gründerinnen und Gründer selbstverständlich gleichberechtigt vertreten sind. Dieser Schritt ist nicht nur gesellschaftlich wünschenswert, sodnern auch wirtschaftlich notwending. Frauen bringen eine andere Diskussionskultur als Männer in die Führungsebene ein und etablieren neue Fragestellungen und Herangehensweisen. Dies führt sogar dazu, dass Firmen mit weiblichen Vorstandsmitgliedern deutlich mehr Umsatz und Gewinn erzielen.
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Nur wer über seine Idee redet, hat Erfolg
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Was im Gespräch mit amerikanischen Kollegen und Kolleginnen schnell klar wurde: Deutsche neigen dazu, einander um Erfolg zu beneiden, anstatt selbst ihr eigenes Glück zu versuchen. Oftmals hindert unser Perfektionismus uns dabei, in der Aufbauphase wertvolles und teilweise existentielles Markt- und Kundenfeedback einzuholen. Die Folge: Wer eine gute Idee hat und gute Chancen, damit durchzustarten, behält es lieber für sich. Doch das ist ein großer Fehler! Und ein weiterer Fauxpax: Wir verkaufen uns unter Wert. Die Amis hingegen wissen – Der Start ist da, um auch mal Fehler zu machen, den Kurs muss man flexibel ändern und an den Markt anpassen können. Die Leute beäugen euer Business kritisch? So what! - Manchmal fällt das Urteil gut aus, manchmal nicht. Wichtig ist konstruktive Kritik mitzunehmen und ansonsten gilt: Niemals aufgeben, und keinesfalls persönlich nehmen! Austausch und Feedback mit Gründern, Branchenexperten und Investoren sind das A&O.
Mein Fazit aus dem Valley: Be brave. Work hard. Be bold! Berlin und seine Startups müssen sich im internationalen Vergleich nicht verstecken. Also – legt heute los, raus aus eurer Komfortzone, ran ans Geschäft. Nie waren die Voraussetzungen so optimal wie jetzt zum Gründen. Deutschland hat eine lange, innovative Unternehmergeschichte und WIR können heute die neue BMW-, Siemens- oder SAP-Generation sein, die in Deutschland ihren Ursprung finden.
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