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Ich habe 365 Tage am Stück Leggings getragen & das ist passiert

Hautenge Leggings – für manche ein absoluter Graus für die Augen und stilistisch eine Apokalypse, für andere der bequeme Himmel auf Erden. Für mich bislang immer irgendwas dazwischen – und fragt mich nicht wie, aber irgendwie bin ich auf die Idee gekommen, den Selbsttest zu wagen. Also habe ich außer an vier Tagen dieses Jahr jeden Tag Leggings getragen. Dies ist mein Leggings-Manifest.
Es war ein verschneiter Abend Ende Januar, und New York war aufgrund einer Reihe von Schneestürmen quasi lahmgelegt. Ich war wie jedermann zuhause eingesperrt, hatte mich auf der Couch in eine Decke eingewickelt, mit einer TK-Pizza, einer Flasche Wein und jeder Menge Zeit. Diese Zeit trieb mich zwangsläufig in die endlose Welt des Online-Shoppings - denn wenn zwar nicht mehr geliefert wird, dann rate mal, was trotzdem noch funktioniert? Meine Kreditkarte. Und die kaufte Leggings.
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Lasst mich das kurz begründen. Ich war mein ganzes Leben lang eine Schönwetter-Leggings-Trägerin und eine heimliche Hosen-Hasserin. Natürlich gab es während meiner Kindheit in den frühen 90er Jahren unfassbar farbenfrohe Hosen (sogenannte „Stretchhosen“ – sagt man das heute noch?). Dann dämmerte das dunkle Zeitalter der Leggings in den späten 90er Jahren, und dauerte bis in die ersten Nullerjahre. Während dieser Ära und meiner gesamten Zeit auf dem Gymnasium trug ich Schlaghosen und tauschte diese bei sportlichen Aktivitäten pflichtbewusst gegen Trainingshosen mit Druckknöpfen ein, als ob es keine andere Möglichkeit gegeben hätte. Aber ich hatte stets eine kleine Aversion gegen richtige Hosen: Vielleicht wurde ich für immer von der schwarzen Forever-21-Partyhose meiner Jugend traumatisiert. Du weißt schon, die mit den falschen Taschen. So eng, so leicht brennbar. Ein paar Jahre später fingen viele Mädchen an meiner Uni an der Ostküste damit an, Leggings während des Unterrichts zu tragen. Ich jedoch blieb bei Jeans und Röcken.
Vor kurzem fing ich damit an, mit Mode-Leggings im Stil von Rachel Zoe zu flirten. Ich fand 2013 in einem Geschäft in Soho ein hübsches Paar Leggings. Jahrelang trug ich diese ständig, zusammen mit Stiefeletten und Pullis, langen Mänteln, Jeansjacken, und ein- oder zweimal sogar mit einem Kleid. Ich kombinierte auch athletische Standard-Leggings mit längeren, Tunika-ähnlichen Shirts, um diese aufzupeppen. Aber von diesen maximal einmal die Woche getragenen Outfits abgesehen, existierte ich quasi leggings-frei.
Während jener verschneiten Nacht jedoch hat sich was verändert. Vielleicht lag es an der Tatsache, dass ich in meiner Wohnung festsaß. Vielleicht war ich von meinen aktuellen Klamotten gelangweilt. Vielleicht war ich neidisch auf die Yoga-Mädchen auf Instagram, weil sie sich an den Stränden Kaliforniens herumtrieben und nicht inmitten eines Schneesturms saßen und Unterarmstände durchführten - in ihren wild bedruckten Sport-BHs und Leggings. Aber Stunden später war ich in Sachen Spiritual Gangster keine beiläufige Dilettantin mehr. Ich hatte in meinem Posteingang Bestätigungs-E-Mails für einen passenden Sport-BH und Leggings, schwarze Netz-Motopants und eine gefärbte mit Löchern entlang der Beine. Insgesamt habe ich wahrscheinlich fünf Paar gekauft, sowohl lange als auch kürzere Modelle - quasi für eine ganze Woche. Ich hatte Beyond Yoga, Carbon38 und Electric & Rose gebrowst und ein paar witzige Indie-Marken entdeckt.
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Heutzutage ist die Debatte um „Leggings vs. Hosen“ so ziemlich erledigt, und ein klarer Gewinner ist daraus hervorgegangen. Stars tragen Leggings zum schicken Dinner, normale Menschen behalten sie zum Brunch nach dem Workout an, und die Nachfrage nach Athleisure ist so hoch wie noch nie. Aber trotz der weit verbreiteten sozialen Akzeptanz gibt es immer noch ein Stigma, wenn es darum geht, sie bei der Arbeit bzw. zur Schule zu tragen. Weibliche Teenager werden regelmäßig nach Hause geschickt mit der Begründung, dass sie in Leggings „die Jungs ablenken“. Dies passierte 2015 in Oklahoma und dieses Jahr sowohl in Delaware als auch in Florida. Bezüglich Leggings am Arbeitsplatz führt eine schnelle Google-Suche zu vielen Artikeln, die den Trend in Frage stellen: “Leggings und Workout-Klamotten im Büro: OK oder nicht OK?”, fragt ein Artikel. “Leggings am Arbeitsplatz? Hui oder Pfui?“, lautet ein anderer.
Als ich damit anfing, Leggings am Arbeitsplatz zu tragen, erlebte ich (glücklicherweise) nichts von diesem Hin und Her. Und obwohl mein Arbeitgeber damit total einverstanden war, ist mir klar, dass die meisten dies nicht sind. Aber der eigentlich entscheidende Faktor bezüglich meiner Entscheidung, Leggings täglich zu tragen, mag der gewesen sein, dass ich Mitte Dezember anfing, in ein Yoga-Studio zu gehen. Dieses gefiel mir so sehr, dass ich sofort damit anfing, jeden Tag dahin zu gehen. Es entstand also teils aus Notwendigkeit, und teils aus einer gewissen weiblichen Faulheit heraus. Was als Gewohnheit anfing, wurde zur Mode.
Anfangs entschuldigte ich mich quasi dafür, formulierte es als Disclaimer. „Ach ja, ich habe gerade diese verrückte Leggings-Kaufaktion hinter mir, so dass ich eine Ausrede brauchte, sie außerhalb des Fitness-Studios zu tragen.“ „Ich werde gleich danach ins Studio joggen.“ Nach einer Weile jedoch konnte ich mir nicht vorstellen, sie nicht im Büro (oder sonstwo) zu tragen. Und ich meine überall: Geburtstagsdinner, Klassenpräsentationen der Graduiertenschule, Cocktailpartys mit meinen künftigen Schwiegereltern. Für eine Weile fühlte sich das Ganze wie ‚True Life‘ an: Ich bin süchtig nach Leggings, aber es ist mir egal. Zum ersten Mal überhaupt zog ich mich genau so an, wie ich wollte.
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Die Menschen scheinen stets eine Ausrede zu ihrem Tragen von Leggings hinzufügen zu wollen. In einer beliebigen Diskussion zu Leggings wird jemand zwangsläufig fallenlassen, dass diese keine Hosen sind. Modeveröffentlichungen, einschließlich unserer, bemerken oft, dass diese eher bequem und nicht so sehr modisch sind - aber wenn Beyoncé und Gigi Hadid sie tragen können, können wir das nicht auch tun? Wir verehren Leandra Medine, denn sie sorgt dafür, dass Leggings außerhalb des Fitness-Studios echt gut aussehen. Wir erklären, dass diese cool aussehen können, indem wir Models zeigen, die diese auf subtile Weise auf der Céline-Show tragen. Ja, es ist machbar! Du kannst in deiner Bomberjacke und Leggings cool aussehen, und nicht wie jenes verschwitzte Monster, das sich gerade eine Stunde lang beim Hot Yoga abgerackert hat! Ja, ja, ja.

WENN BEYONCÉ UND GIGI HADID SICH DAS TRAUEN, WARUM NICHT AUCH WIR?

Meine Leggings-Obsession wurde bald bei meinen Kollegen zu einem Insider-Witz. Ich bin ein Leggings-Mädchen. Aber meine Angewohnheit, täglich Leggings zu tragen, wurde zu mehr als einer witzigen Marotte. Ich habe dadurch zwei Dinge realisiert:
1. Ich wurde bezüglich meines Körpers und meiner Athletik selbstbewusster. Bis vor ein paar Jahren war ich ein Schönwetter-Yogi. Inzwischen hat sich meine tägliche Yoga-Gewohnheit auf nette Weise mit meiner täglichen Leggins-Gewohnheit verzahnt. Die Menschen verbinden oft „eng“ mit „sexy“, wenn es um Klamotten geht - und ich fühlte mich stark, da ich enthüllende Klamotten trug und dabei nicht die geringste Absicht hatte, sexy zu sein (insbesondere im Büro). Mir wurde klar, dass es nicht nur einen „Typ“ gibt, der es sich „leisten kann“, Leggings zu tragen. Sie sind für jede Größe und jede Form bestimmt - einschließlich meiner.
2. Ich fühlte mich, als hätte ich eine dritte Möglichkeit entdeckt, mich zu kleiden - nicht ganz als Mode-Mädchen, aber auch nicht als vollkommener Instagram-Yogi. Und obwohl ich im Sommer wahrscheinlich wieder Röcke und Kleider tragen werde, fühlt es sich praktisch an, Leggings mit Futter zu tragen, wenn es kalt ist. Und auch wenn manche, die Leggings tragen, nicht die Absicht haben, je ins Fitness-Studio zu gehen, habe ich diese Absicht sehr wohl: aber das heißt nicht, dass ich die ganze Zeit so aussehen muss. Als ich online nach Activewear geguckt habe, habe ich auch eine Vielzahl cooler Marken entdeckt, wie z.B. VPL, eine Luxus-Athleisure-Marke, die nachhaltige Produktion unterstützt und schicke, minimalistische Activewear-Teile bietet. Ich habe außerdem Labels gefunden, von denen ich nie zuvor dachte, dass ich sie begehren würde, aber genau das tue ich nun wirklich. (Verdammt, Sweaty Betty, warum musst du so teuer sein? Und warum ist dieser Palmendruck so süß?)
Lasst uns also gemeinsam eine Leggings-Revolution starten und das Gespräch hierzu ändern. Lasst uns damit aufhören, uns für das Tragen von Leggings zu entschuldigen, oder in Frage zu stellen, ob sie Hosen sind oder nicht, oder uns darüber Sorgen zu machen, sie außerhalb des Fitness-Studios zu tragen. Und, liebe Leggings-Liebhaberin: wenn du das nächste Mal deinen Kleiderschrank öffnest, frag dich doch einfach: „Welches Paar sollte ich heute tragen?“

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