Die holländisch-kanadische Fotografin Maxime Cardol wuchs selbst ohne Schwestern auf. Sie hat aber einen Bruder, mit dem sie ihre frühe Kindheit in Kanada verbrachte, bevor sie in ihrem sechsten Lebensjahr mit ihren Eltern in die Niederlande zurückzogen. Was inspirierte sie also zu ihrem neuesten Projekt, in dem sie Schwesternpaare in sonnendurchfluteten Gärten, Wohnungen und Parks ablichtet? „Ich denke, das ist eine Erweiterung meines Interesses an Frauen“, sagt sie. „Manche Schwestern haben diese wundervolle Verbindung zueinander – das ist wie eine lebenslange Freundschaft. Obwohl ich selbst keine Schwester habe, kann ich mich doch gut in die Gefühle zwischen ihnen hineinversetzen.“
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Die Porträts ihrer Fotoreihe Sister zollen der familiären Schwesternliebe, deren diversen Gesichtern und Geschichten Tribut. Das Projekt begann ganz spontan; die ersten Schwestern vor Cardols Kamera waren Bekannte von ihr. Die nächsten Schwesternpaare entdeckte sie via Social Media. „Alice und Lucy waren die Ersten, die ich fragte. Ich kenne Alice schon seit einiger Zeit, habe aber erst vor Kurzem erfahren, dass sie eine Schwester hat.“ Sie fühlte sich sofort zu den beiden hingezogen. Irgendetwas an ihrer Schwesternbeziehung stach aus Fotos heraus, und sie wollte Alice und Lucy vor ihre eigene Linse holen. „Unser Shooting war so schön und intim. Wir tranken Tee und unterhielten uns, und ich wollte meine Suche nach Schwesternpaaren daraufhin unbedingt fortsetzen.“ Und so entstand schließlich Cardols anhaltende Faszination von Schwestern und den Ritualen und Räumen, die die Beziehung zwischen ihnen ausmachen.
Die Fotos, die sie von Alice und Lucy knipste, gaben farblich den Ton für die daraus entstehende Serie an: Die beiden sitzen in Lucys Schlafzimmer, gehüllt in natürliches Licht, und Alice legt ihre Arme beschützerisch um ihre Schwester. Auf einem anderen Porträt, aus der Nähe fotografiert, legt Alice ihren Kopf auf Lucys Schulter, und beide schauen mit den gleichen blauen Augen direkt in die Kamera. Später traf Cardol Grace und Hope, Zwillinge mit langem rotem Haar und Sonnensprossen. Eines der Fotos von ihnen – eine Aufnahme im Park, auf der die grün-grauen Augen der Schwestern in der Sonne erstrahlen und die Bäume Schatten über ihre Gesichter werfen – ist besonders eindrucksvoll. „Ich habe noch nicht viele Zwillinge kennengelernt“, sagt Cardol, „aber als ich mich mit den beiden unterhielt, beendeten sie die Sätze der jeweils anderen und sagten gleichzeitig dasselbe. Das war erstaunlich!“ Als sie dann ihre Freundin Lou neben ihren drei jüngeren Schwestern fotografierte, bestätigten die ihr Bild davon, wie Schwestern zueinander stehen: „Sie wirkten liebevoll und so, als hätten sie viel Spaß zusammen. Da war aber auch ein Hauch von gesunder Konkurrenz – das erinnerte mich an meinen Bruder und mich.“ Auf den Fotos liegen die vier zusammen im Gras und fühlen sich ganz offensichtlich miteinander und vor der Kamera wohl.
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Cardol zieht jede Menge Inspiration aus den Frauen und Mädchen in ihrem Umfeld. Einer ihrer stärksten Einflüsse ist ihre eigene Mutter. „Ich kann mich nicht so klar an meine ersten Lebensjahre erinnern, aber ich bin ihr so dankbar dafür, dass sie seit meiner Geburt alles in Fotos und Videos dokumentierte.“ Diese alten Familienaufnahmen, erzählt sie, helfen ihr dabei, sich an die Schönheit des kanadischen Staates British Columbia zu erinnern – so viel Freiraum und Freiheit –, wie auch an die „tollen, glücklichen Menschen“, und daran, schon von Anfang an zwei Sprachen erlernen zu können. „Es war eine schöne Zeit“, sagt sie lächelnd. Dieses Festhalten von Momenten zeigte ihr die Macht der Fotografie und deren einzigartige Fähigkeit, Erinnerungen und unsere Liebsten in unserem Gedächtnis zu bewahren. Sie selbst beschreibt ihre Herangehensweise als „intim und real“; sie findet, „genau das brauchen wir in der heutigen Welt“.
Wenn sie Geschwister fotografiert, sucht Cardol dabei nach einer bestimmten Bindung, die sich nicht in Worte fassen lässt. „Das ist etwas in ihren Augen, in ihrer Aura. Das ist schwer zu beschreiben und in einem Foto festzuhalten, aber ich gebe mein Bestes“, erzählt sie nachdenklich. Sobald der Termin für ein Shooting steht, bittet sie die Frauen, sie bei ihnen zu Hause besuchen zu dürfen. „Wir quatschen ein bisschen, und dann bekomme ich eine Tour durch ihr Zuhause. Wo wir die Fotos machen, ist immer spontan.“ Bei einem so persönlichen Projekt kann sie nur auf die Situationen reagieren, die sich aus dem Moment heraus ergeben, um die Authentizität zu erzielen, die sie erreichen möchte.
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Schwestern verbindet eine unzertrennbare Beziehung; sie können deine besten Freundinnen sein und dich besser kennen als alle anderen. Manchmal, wie Cardol schmunzelnd anmerkt, können sie aber auch deine größten Rivalinnen sein (auf gesunde Art, versteht sich). Und all diejenigen von uns, die selbst keine Schwestern haben, können sich diese Fotos ansehen und sich dadurch auf die intimen Frauenfreundschaften besinnen, die wir heute so schätzen – und auf die, die uns in unserer Jugend zu den Menschen machten, die wir heute sind. Genau darauf zielt Cardol mit ihrem Werk ab. „Hier geht es um so viel mehr als nur Blut. Für mich sind wir alle Schwestern. Wir müssen nicht blutsverwandt sein, um so eine Beziehung zu entwickeln. Ich habe genau so eine Beziehung zu meinen beiden besten Freundinnen.“ Cardols Fotos sind authentische, einfühlsame Darstellungen der Menschen, die sich vor ihre Kamera setzen, sowie eine liebevolle Würdigung weiblicher Nähe und Schwesternschaft – sowohl zwischen den Schwestern, die miteinander verwandt sind, und denen, die sich einander selbst ausgesucht haben.
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