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Freundschaften auf Sand – oder das Berliner Beziehungsmodell

Dieser Artikel erschien zuerst bei im gegenteil!
Foto: Serena Brown
Ich denke viel über meine Freundschaften nach. Habe ich so nicht immer gemacht. Ich habe früher einfach gelebt. Nen Freund gehabt – eine feste Beziehung.
Nun denke ich aber darüber nach und bin gerade in so einer „Phase“, wie Olli Schulz gerade so schön sagen kann: Sie ist gerade in so einer Phase wo sich alles um sie dreht, sie ist gerade in so einer Phase wo sie kaum einer versteht. Ja, es dreht sich alles um mich. Immer wieder mal, aber wo dreht es sich bitte in Berlin nicht?

Ja, es dreht sich alles um mich. Immer wieder mal, aber wo dreht es sich bitte in Berlin nicht?

Derzeit lebe ich einer nicht-festen Beziehung. So ein Mingleding.
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Oder auch Berliner Modell wie man so schön sagt. Es macht Spaß, so zu leben, da man keine Verpflichtungen hat. Für eine gewisse Zeit. Okay, manchmal kotzen mich echt die Fragen an, die ich immer wieder höre: „Seid Ihr nun zusammen?“, „Wie lange geht das schon mit Euch? Bist Du noch Single?“, „Darf ich mal an Dir knuspern, oder hast Du einen Freund?“
Ich versuche es einfach zu leben, denn ich liebe. Ich habe keine Ahnung, ob es mich kaputt macht oder ob ich daran wachse. Ich liebe einfach.
Da kommt man schon mal ins grübeln und das ist auch ganz gut so, denn nur so kommt man im Leben weiter, bin ich der Meinung. Durch das Nachdenken und Reflektieren.

Wirkt sich das Beziehungsmodell auch auf die Freundschaften aus?

Habe ich ein Bindungsproblem? Ich weiß es nicht, aber laut Michael Nast haben wir ja alle irgendwie und irgendwo eine Macke – mehr oder weniger – und ich stehe zu meiner Macke. Mittlerweile laufen aber auch meine Freundschaften so.

Habe ich ein Bindungsproblem? Ich weiß es nicht, aber laut Michael Nast haben wir ja alle irgendwie und irgendwo eine Macke.

Ich habe nichts Festes, keine beste Freundin mehr, die da ist, oder einen Kumpel, der mal schnell rumkommt oder bei dem ich weiß, ich kann da auch noch Nachts um vier nach einem Suff oder nach dem großen Liebeskummer vorbeikommen. Denn ich halte es mir gerne offen, auf was ich Lust habe und auf was nicht.
Es wird alles immer schwammiger in meinem Leben, auch meine Freundschaften.
„Du musst Dir Zeit nehmen für die Freundschaften“, aber sobald man sich Zeit nimmt, wartet der nächste wieder und möchte auch davon etwas abhaben. So vergisst man am Ende sich selbst. Und man schafft es überhaupt nicht mehr, alleine zu sein, sich alleine im Kino einen Film anzusehen, weil man weiß, die beste Freundin ist dann sauer, weil man das alleine gemacht hat.
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Liebesbeziehung und deren Systematik färben auf die Freundschaften ab. Stimmt das? 

Ich war schon mal verheiratet. Habe mittlerweile Kinder, bin wieder geschieden. Was möchte ich da noch mehr, als Leben und genießen?
Klar kommen mir ab und an Zweifel, weil ich dann doch gerne mal zu ihm ins Bett kriechen möchte. Uns ein gemeinsames Hausboot kaufen oder eine Wohnung einrichten. Vielleicht weitere Kinder planen. Eine gemeinsame Zukunft schaffen und wissen, wohin die Reise geht. Sicherheit haben im ganzen System.

Dann sehe ich mich um und weiß, was ich selbst alleine alles geschaffen habe.

Aber dann sehe ich mich um und weiß, was ich selbst alleine alles geschaffen und geschafft habe. Ich sitze dann in meiner schönen kleinen Wohnung und weiß wieder, dass ich das nicht aufgeben möchte und auch nicht teilen, denn es ist meins.
Wären denn meine Freundschaften wirklich anders, wenn ich eine feste Beziehung hätte? Wenn ich wüsste, dass er jeden Tag da ist? Oder bin ich einfach nur in so einer Phase, die einfach schnell wieder vorbeigeht? Diese Phase kann auch länger gehen. Nun sind es schon eineinhalb Jahre.
Berlin sei auf Sand gebaut, darum ist eine feste Beziehung zu Menschen nur schwer möglich, habe ich irgendwo mal aufgeschnappt. In irgendeinem Podcast für Singles.

Der feste Untergrund steht in Berlin nicht zu Verfügung, darum die ganzen „schnellen Freundschaften“

Nun hat mich also das Berlinfieber gepackt und ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ich versuche es einfach zu beobachten und hoffe, dass auch dieses Fieber wieder vorbeigeht. Denn manchmal ist es einfach gut, Fieber zu haben.

Nun hat mich also das Berlinfieber gepackt und ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.

Solange genieße ich den Sommer. Und baue Sandburgen mit Bekanntschaften, lasse verdammt gerne die Zeit fließen. Liebe intensiv Menschen mit Beziehungsstörungen und Bindungsängsten, vielleicht mit der Hoffnung und dem Vertrauen, irgendwann mal geheilt zu werden.
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