Hast du dich auch schon mal beim Wocheneinkauf dazu verleiten lassen, einen dieser supergünstigen Blumensträuße mitzunehmen? Und hast du dann auch zu Hause festgestellt, dass er irgendwie nicht mehr so frisch und fröhlich aussieht wie gerade noch im Supermarkt?
Solltest du diese Fragen mit Ja! beantwortet haben, mach dir keine Sorgen: Es ist nicht deine Schuld, dass das Grünzeug eine kürzere Lebenserwartung zu haben scheint als Eintagsfliegen. Schließlich werden die meisten der in Deutschland verkauften Schnittblumen nicht hier angepflanzt – sprich sie wurden schon Tage bevor sie im Regal landen abgeschnitten und quer durch die Weltgeschichte transportiert. Kein Wunder also, dass sie traurig aussehen.
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Etwa 80 Prozent unserer Blumen werden importiert – entweder aus den Niederlanden oder aus sogenannten Entwicklungsländern. Die dort vorherrschenden Arbeitsbedingungen sind oft alles andere als lustig: Niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen und hochgiftige Pflanzenschutzmittel gehören zum Alltag. Abgesehen davon sorgen Schnittblumen für einen hohen Verbrauch von Wasser und anderen Ressourcen, sowohl beim Anbau als auch beim Transport um die ganze Welt. Und dennoch kaufen wir (nichtsahnend) weiter Blumen zum Muttertag, zu Geburtstagen und zum Valentinstag.
Weil wir uns schon seit Jahrzehnten Blumen schenken, klingt es vielleicht erst mal Paradox von einem Trend zu sprechen. Doch dank Bloomy Days, Fleurs de Paris, Bloom & Wild, Bloomon und Co. sowie das teils durch Instagram und TV-Shows noch verstärkte Verlangen, die eigene Wohnung so einladend und stylish wie möglich zu gestalten, sind Schnittblumen super angesagt. Doch bevor du deine nächste Onlinebestellung abschickst oder im Discounter zugreifst, solltest du dir ein paar Minuten Zeit nehmen, um zu recherchieren wo die Blumen überhaupt herkommen – und unter welchen Bedingungen sie gewachsen sind. Womit wir beim Thema Slow Flowers wären, ein Begriff, dessen Hashtag auf Instagram übrigens schon über 250.000 Ergebnisse bringt.
Wenn du Slow Food und Slow Fashion kennst, hast du bestimmt eine Idee, was hinter dem neuen Hype stecken könnte. „Vereinfach gesagt bedeutet das, Blumen zu kaufen, die mithilfe nachhaltiger Anbaumethoden herangezogen werden. Blumen, die in ihrer natürlichen Blütezeit geerntet werden, so kurze Lieferwege wie möglich hinter sich haben und von Blumenzüchter*innen stammen, die auf Chemie weitestgehend verzichten“, so die Autorin und Pflanzenkennerin Debra Prinzing, die den Begriff 2013 in ihrem gleichnamigen Buch erklärt. „Slow Flowers ist ein Wort, das etwas beschreibt, das früher als Nischenprodukt der Blumenbranche galt“. Heute umfasst die Slow-Flower-Bewegung, die Prinzing mit der Veröffentlichung ihres Buches ins Leben ruf, Podcasts, jährliche Gipfeltreffen, und über 600 Mitglieder – Blumenzüchter*innen, Erzeuger*innen und Designer*innen.
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Natürlich macht das immer noch einen sehr kleinen Teil einer riesigen Industrie aus, aber die Konsument*innen werden immer und immer umweltbewusster. Laut einer aktuellen Studie von CGS würden ein Drittel der Konsument*innen bis zu 25 Prozent mehr für ein nachhaltiges Produkt bezahlen. Die Slow-Flower-Bewegung könnte also bald schon wachsen. Besonders wenn man bedenkt, dass Slow Flowers oft sogar günstiger sind als Alternativen!
Einen Nachteil gibt es allerdings bei den Slow Flowers: Die Auswahl an Arten begrenzt. Schließlich richtet sich das Angebot nach der Jahreszeit – nur das, was in dem Moment auch hier vor Ort bei den vorherrschenden klimatischen Bedingungen angepflanzt werden kann, kann auch verkauft werden. Im Prinzip ist es wie bei einem Farm-to-Table-Restaurant (von Erzeuger*in zu Verbraucher*in). Oder beim Wochenmarkt. Dort erwartest du ja auch nicht, im tiefsten Winter Mangos und Erdbeeren zu bekommen. Was du erwartest, sind frische, regionale Produkte.
Auch wenn man denken könnte, weniger Auswahl würde die Kreativität der Florist*innen einschränken, berichtet die Blumentruckbesitzerin Jaclyn Rutigliano vom Gegenteil: Aus künstlerischer Sicht ist es eine spannende Herausforderung, sich von dem inspirieren zu lassen, was in der Saison gerade erhältlich ist. Ich überlasse sozusagen Mutter Natur die Kontrolle über die Auswahl der Blumen, die ich für einen Strauß oder ein Gesteck verwende“, erklärt sie. Für die Käufer*innen bedeutet das: Wenn du unbedingt rote Rosen für deine*n Liebeste*n kaufen willst (oder irgendeine andere spezielle Blume), wirst du mit einem herkömmlichen Blumenladen wahrscheinlich besser fahren. Aber wenn du Lust auf individuelle Blümchen hast, die dir kein schlechtes Gewissen bereiten, sind Slow Flowers die richtige Wahl für dich.
Paare, die ihre Hochzeit warnt Rutigliano beispielsweise immer, dass sie keine Garantie geben kann, welche Blumen sie verwenden wird. An ein Farbkonzept kann sie sich jedoch trotzdem meist halten. Wenn sich die frisch Verlobten darauf einlassen, können sie jedoch Geld sparen. Warum? Weil es billiger ist, Blumen zu kaufen, die gerade Saison haben. Außerdem finden es einige ihrer Klient*innen gar nicht so schlecht, zumindest in Bezug auf die Blumen mal keine Entscheidung treffen zu müssen.
Fazit: Schnittblumen, die du im Supermarkt oder bei den meisten Floristikketten kaufen kannst, sind für die Umwelt meist leider nicht so gut – genauso wie für die Gesundheit der Menschen, die sie anbauen. Wenn du auf frische Blumen aber nicht verzichten willst, könnten Topfpflanzen eine gute Alternative für dich sein. Die halten sich schließlich deutlich länger. Ansonsten informier dich doch mal, ob es bei dir in der Nähe einen Blumenladen gibt, in dem auf Fairtrade geachtet wird oder der ausschließlich regionale, saisonale Ware verkauft. Je nach Saison kannst du natürlich auch selbst in einem Blumenfeld Blümchen schneiden gehen oder aber dein Zuhause mit Trockenblumen dekorieren. Letztere sind gerade auch noch voll angesagt. Wenn das mal keine Win-win-Situation ist!
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