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Hollywood: Das tragische Leben von Dorothy Dandridge – der echten Camille

Photo: Courtesy of Netflix.
Achtung: Dieser Artikel enthält Spoiler.
Fantasie vs. Fakten: Obwohl du bei Hollywood nicht alles für bare Münze nehmen kannst, wurde die Netflix-Serie zumindest von der Realität inspiriert. So nahmen sich die Macher*innen beispielsweise Dorothy Dandridge als Vorbild für Camille Washington (gespielt von Laura Harrier), die erste schwarze Frau, die für einen Oscar in der Kategorie “Best Actress“ nominiert wurde. Deswegen schaute sich Harrier zur Vorbereitung auf die Rolle auch viele Interviews und Filme mit der Schauspielerin an. Refinery29 US erzählte sie, sie wolle ihr mit der Rolle huldigen und Dandridge das Happy Ending schenken, das sie verdient hätte. „Leider war Camilles Geschichte positiver als die von Dorothy, deren Karriere sich nicht so entwickelt hat, wie sie es hätte tun sollen.“
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Dandridge starb im Alter von 42 Jahren. Höchstwahrscheinlich war es Selbstmord.
Genau wie Camilles Karriere startete auch die von Dorothy in den 1940ern – jedoch nicht vor der Kamera, sondern als Sängerin in einem Nachtclub, wo sie oft zusammen mit ihren Schwestern auf der Bühne stand. Erst später arbeitete sie dann als Schauspielerin und schaffte es irgendwann tatsächlich, zur ersten erfolgreichen schwarzen Schauspielerin in Hollywood zu werden – und das obwohl sich ihr nicht die gleichen Möglichkeiten boten wie Camille.
„Sie musste sehr hart kämpfen in ihrem Leben“, erzählt Harrier und spielt damit auf das Thema Rassismus an, das in vielen Bereichen selbst heute noch nicht vom Tisch ist. Zwar hat sich viel getan, aber für schwarze Frauen ist es immer noch schwer, eine Hauptrolle in Hollywood zu ergattern. Dandridge musste sich jedoch nicht nur dem rassistischen Verhalten der Gesellschaft stellen, sondern auch den Gesetzen, die sie davon abhielten, eine romantische Hauptrolle zu spielen.
Noch bis ins Jahr 1967 bestand in vielen amerikanischen Staaten das sogenannte „Mischehenverbot“, durch das Beziehungen von Personen mit unterschiedlichem ethnischen Hintergrund illegal waren. In den 40er Jahren hielt man sich in Hollywood an den Hays Code. Das waren Richtlinien, die der Regulierung der Darstellung von Kriminalität, Sexualität und Politik in Spielfilmen dienten und unter anderem auch interkulturelle Paare verboten. Weil alle männlichen Hauptrollen mit weißen Männern besetzt wurden, hatte Dandridge also praktisch keine Chance, ihre Partnerin zu spielen. Und trotzdem schaffte es Dorothy, in den 50ern Karriere zu machen. „Ich liebe Carmen Jones mit ihr und Harry Belafonte“, sagt Harrier über den Musicalfilm mit komplett schwarzem Cast, der mittlerweile als Wendepunkt in Dandridges Karriere gilt. In einem Interview sagt Dandridge, sie hätte nie härter für einen Film gearbeitet und das sie bei Carmen Jones die beste Zeit überhaupt hatte.
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Noch im selben Jahr brachte sie ein Kind zur Welt, das eine Gehirnverletzung hatte. Außerdem scheiterte ihre Ehe mit ihrem ersten Ehemann Harold Nichols. „Das zwang mich dazu, Karriere zu machen“, so Dandridge. Sie stürzte sich in die Arbeit, um sich von ihren Problemen abzulenken. „Es ist eine wundervolle Therapie“, sagte sie laut der The New York Times. „Du hast dann keine Zeit, in Selbstmitleid zu zerfließen“. Das Musical, in dem Dandridge eine eigensinnige Verführerin spielte, war einer der bestverdienenden Filme des Jahres und verschaffte ihr einen Vertrag mit 20th Century Fox – das Studio hoffte, sie würde zur ersten schwarzen Filmikone werden. Doch trotz ihrer Rollen in Heiße Erde (1957) und Porgy und Bess (1959) lies der ganz große Durchbruch auf sich warten. Geschichte geschrieben hatte sie dennoch, denn für Carmen Jones erhielt sie zumindest eine Oscar-Nominierung im Jahr 1955. Die erste schwarze Frau, die nicht nur nominiert für einen Oscar in der Kategorie “Best Actress“ wurde, sondern ihn auch gewann war Halle Berry. Im Jahr 2002.
Vor diesem Hintergrund ist die Geschichte der 1948er Academy Awards, wie sie in der Netflix-Serie Hollywood darstellt wird, noch spannender. Oder frustrierender. Camille gewinnt den Oscar als beste Schauspielerin und schlägt damit Loretta Young, die in Wahrheit in diesem Jahr den Award für ihre Performance in The Farmer's Daughter gewonnen hat. Sechs Jahre vor Dandridges Nominierung und 54 Jahre vor Berrys großem Auftritt.
In Hollywood verändert Camilles Sieg die Geschichte. Ich frage mich, welche Auswirkungen es gehabt hätte, wenn Dorothy gewonnen hätte. Angenommen sie hätte nicht gegen die Studios kämpfen müssen und die Gesellschaft hätte ihr die Chance gegeben. Angenommen, sie hätte eine Hauptrolle bekommen. Hätte sie den gleichen Star-Status erreichen können, wie ihn weiße Schauspielerinnen damals hatten?
Im Gegensatz zu Camille hat Dandridge nie damit aufgehört, für Respekt zu kämpfen. Sie hat eine Nebenrolle in The King and I abgelehnt, in der sie eine Sklavin hätte spielen müssen. Dieser “rebellische“ Akt sorgte dafür, dass sie von nun an als “anstrengend“ galt. Und das strapazierte sie wiederum sowohl emotional als auch finanziell. Wegen laufender Gerichtsverfahren beantragte sie 1963 Privatinsolvenz. Zwei Jahre später starb sie. Auf ihrem Konto hatte sie noch 2,14 Dollar.
Leider kann Hollywood die Vergangenheit nicht ändern, so sehr die Macher*innen das auch wünschten. Dandridge wird uns nicht wegen dem in Erinnerung bleiben, was sie getan hat, sondern traurigerweise auch wegen dem, was sie nicht tun konnte. Wir sollten sie als Inspiration sehen – dafür, was sich in der Zukunft noch alles ändern könnte. Harrier hofft, Hollywood kann einen Teil dazu beitragen, die dringend benötigte Veränderungen in Gang zu bringen, damit Dandridge und andere schwarze Schauspielerinnen nicht umsonst gekämpft haben. Selbst wenn die Netflix-Serie nicht die ganze Geschichte erzählt, regt sie zum Nachdenken und Reflektieren an. Und im besten Fall trägt sie dazu bei, dass wir aus der Vergangenheit lernen und uns auf bessere Zukunft freuen können.

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