Gypsy, eine der vielen Netflix-Dramaserien mit Binge-Potential und Naomi Watts in der Hauptrolle. Watts spielt Jean Holloway, eine Therapeutin, die zwar in Manhattan arbeitet, aber in der Vorstadt wohnt und mit ihrem bürgerlichen Familienleben dort unzufrieden ist. Jean wirkt tief beunruhigt und auch irgendwie unglücklich. Um der eintönigen Alltagsroutine zu entfliehen, beschäftigt sie sich (ein bisschen zu viel) mit ihren Patient*innen.
Wie du auf dem Bild oben siehst, hat Jean einen großartigen, sehr smarten Stil. Sie wirkt cool, aber nicht zu edgy, und sie hat ein gutes Gespür für einen neutralen Look. Man kann sagen: Jean verkörpert den weiblichen Power-Look ästhetisch perfekt.
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Andererseits ist Jean aber auch eine klassische Vorstadt-Mutter, was offensichtlich in der TV-Welt heißt, dass sie auch dementsprechende Kleidung tragen muss – denn wer steht bitteschön in einem Blazer von Theory am Herd? Nein, Jean braucht natürlich auch ein cooles Mom-Outfit, eines, dass das typische Klischeebild einer Mutter zumindest ansatzweise erfüllt.
Also trägt Jean nach Feierabend eben eine Skinny Jeans und kombiniert sie mit einem modischen T-Shirt.
Also trägt Jean nach Feierabend eben eine Skinny Jeans und kombiniert sie mit einem modischen T-Shirt.
Ich weiß ja nicht wie das bei dir ist, aber ich für meinen Teil besitze auch so etwas wie eine Uniform, die ich vorzugsweise nur zu Hause trage. Normalerweise besteht diese aber aus irgendeiner bequemen Hose (aka Jogginghose) und einem lockeren Schlabbershirt. Es ist ein gemütliches Outfit, das ich immer dann trage, wenn ich koche, putze oder einfach nur faulenze, bevor ich danach direkt in meinen Schlafanzug schlüpfe. Wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme, würde ich niemals auf die Idee kommen, mich noch einmal in eine Jeans zu quetschen. Zugegeben, vielleicht liegt es daran, dass ich das große Glück habe, im Büro Jeans tragen zu dürfen. Wahrscheinlicher ist aber, dass ich einfach keine dieser typischen TV-Mamis bin.
Das erste Mal bemerkte ich diesen seltsamen Trend, bei dem Frauen nach Feierabend Jeanshosen tragen, als ich The Good Wife gesehen habe. Wie oft habe ich Alicia in der Serie nachts zu Hause in einem Kaschmirpulli und Bootcut Jeans gekleidet am Schreibtisch sitzen sehen? An dem Outfit ist zwar generell nichts auszusetzen - insgeheim begehre ich ihren kompletten Kleiderschrank - aber es impliziert auch, dass sie nach einem langen Arbeitstag zwar ihren Blazer ablegt, aber danach noch lange nicht nach der komfortablen Club-Monaco-Loungewear oder dem Schlafanzug von Burberry greift, sondern sich für ein weiteres Tagesoutfit entscheidet. Die Frage ist: Warum tut sie das?
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Tun Frauen das wirklich? Warum ist es offenbar für berufstätige Frauen noch immer ein Tabu sich zu Hause in bequemen Klamotten zu zeigen? Reese Witherspoon und Nicole Kidman dürfen in Big Little Lies schließlich auch in ihren Workout-Outfits herumlaufen. Ist es ein Privileg, das nur Müttern, die zu Hause bleiben, vorbehalten ist? In The Americans wechselt Elizabeth Jennings ihre Kleidung in jeder Episode ungefähr 85.000 mal, aber ich habe noch nie gesehen, dass sie eines ihrer fabelhaften Wickelkleider zum Abendessen gegen eine Jeans getauscht hat.
Ich weigere mich daran zu glauben, dass eine Frau, die anderen Menschen als Therapeutin durch emotionale und psychische Krisen hilft, ihren Tag damit beenden will, ihre Beine nochmals in eine enge Röhrenjeans zu stecken.
Wenn das Fernsehen den Anspruch hat, die Realität auf diese Weise zu reflektieren, dann entscheide ich mich doch lieber für Westeros. Denn zumindest die hauchdünnen Kleider in Kings Landing sehen meines Erachtens sehr bequem aus!
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